Getaufte Männer wie Frauen als Laien stärken – Teil II
Kultur von Laiendiensten, die auch Frauen offenstehen können, nicht jedoch funktionalistische, strukturelle Sicht
Der Stand des Laien ist nicht als ein Mangelstand der Nichtgeweihten zu deuten, ebensowenig dient er dazu, bloß eine Grenze, gar einen Rangunterschied gegenüber den männlichen und weiblichen Ordensleuten einzuziehen. Alle Kleriker, Diakone, Priester, Bischöfe, die Ordensleute beiderlei Geschlechts sind und bleiben zunächst und grundlegend das, was die Laienchristen, Frauen wie Männer, ausmacht: Sie sind Getaufte und Gefirmte.
Deswegen sind die Frauen, die in den christlichen Familien und Gemeinden eine tragende Rolle in der Bewahrung und Weitergabe des Glaubens spielen, nicht auf das Weihesakrament angewiesen, um beteiligt und in dieser ihrer Bedeutung gewürdigt zu werden. Wenn neue, dauerhafte Dienste und Ämter, die der Bischof autorisiert, geschaffen werden, was QA Nr. 103 eigens hervorhebt, sind sie nicht Ausflüsse des Ordo, weder für den Mann noch für die Frau, die damit beauftragt werden.
Weder Funktionärskatholizismus noch Berufslaien!
Zu vermeiden ist also ein Funktionärskatholizismus, quasi von Berufslaien. Man kann nicht ein klerikalistisches Amtsverständnis, das es tatsächlich geben mag, kritisieren, es aber dann durch Klerikalisierung von Laien überwinden wollen, wodurch es gewissermaßen Laien I. und II. Klasse geben würde. Man kann sogar kritisch fragen, ob es diese Tendenz nicht zum Beispiel in Pfarrgemeinderäten, unter Lektoren und Kommunionhelfern, viel stärker aber noch in den höheren Rängen des deutschen Gremienkatholizismus nicht sogar bereits gibt, jenes untereinander eingeschworene Personal, aus dem jetzt auch wieder die Delegierten des Synodalen Weges rekrutiert werden.
Diese Gefahr betrifft Laiinnen und Laien gleichermaßen, sie verzerrt aber, wenn der bräutliche Charakter der Kirche missachtet wird, besonders verheerend die Würde, Stellung und Sendung gläubiger und engagierter Christinnen in der Gemeinde und Kirche.
Die Differenzierung, die durch Benedikt XVI. in den Codex des kanonischen Rechts eingetragen wurde und den Diakon sowie das Weihesakrament betrifft, geht bereits auf Lumen gentium Nr. 29 zurück und fand sich auch schon im KKK 875. Also war die Übernahme in die Canones 1008 und 1009 CIC/1983, wo zu diesem Zweck ein neuer, dritter Paragraph formuliert wurde, nur eine Angleichung an eine zuvor vom Zweiten Vatikanischen Konzil getroffene Aussage.
Beabsichtigt ist mit der Differenzierung eine Präzisierung innerhalb des Ordo-Sakramentes und seiner drei Stufen. Die dazu gewählte Formulierung ist allerdings bereits in Lumen gentium Nr. 29 unbeholfen und missverständlich. Klärung lässt sich vielleicht erreichen, wenn man sakramental agere (!) in persona Christi Capitis und eine repraesentatio Christi Capitis vel Sponsi voneinander begrifflich abgrenzt, jedoch dabei sachlich nicht zerreißt.
Das Haupteshandeln ist dann auf die Akte der Konsekration und Absolution (sowie der Krankensalbung) zu beziehen und darauf einzugrenzen, welche nur die Priester und Bischöfe setzen können, nicht aber die Diakone. Dies wurde schon in QA Nr. 88 gesagt.
Der Schlüsseltext dazu ist QA Nr. 101:  „Jesus Christus zeigt sich als der Bräutigam der Eucharistie feiernden Gemeinschaft in der Gestalt eines Mannes, der ihr vorsteht als Zeichen des einen Priesters. Dieser Dialog zwischen Bräutigam und Braut, der sich in der Anbetung vollzieht und die Gemeinschaft heiligt, sollte nicht auf einseitige Fragestellungen hinsichtlich der Macht in der Kirche verengt werden.“
Die sakramentale Repräsentanz (!) des Hauptes beginnt allerdings sehr wohl mit dem Diakonat, bleibt beim Presbyterat grundlegend und bis zum Episkopat durchgehend erhalten, umgreift also alle drei Weihestufen und ist deren Gemeinsamkeit, folglich garantiert die Repräsentanz des Hauptes oder Bräutigams zugleich die Dreistufigkeit und die Einheit des Weihesakramentes. Dort, wo die Tonsur, die Niederen Weihen und der Subdiakonat bewahrt werden, kann man zumindest sagen, dass sie als Sakramentalien diese Hauptesrepräsentanz ankündigen, anlegen und vorbereiten. An dieser Stelle ist die Kritik anzubringen, dass die Niederen Weihen und die Weihe zum Subdiakon in den Ostkirchen, seien sie in Einheit mit Rom oder nicht und auch in der Lateinischen Kirche dort, wo die früheren liturgischen Bücher des Römischen Ritus in Gebrauch geblieben sind, weiterhin als Weihen aufgefasst, gespendet und empfangen werden. Franziskus lässt beides in SD völlig unbeachtet, nur bei sehr wohlwollender Interpretation kann man es auch als gegenwärtige Wirklichkeit der Kirche berücksichtigt finden.
Beauftragungen auf dem Weg zu Diakonats- u. Priesterweihe heute
Und selbst die Beauftragungen zum Lektor und Akolythen sollten da, wo sie im Rahmen der Priesterausbildung auf dem Weg zum Diakonat und zur Priesterweihe durchlaufen werden, doch nicht rein laikal interpretiert werden, da sie doch schon schrittweise auf den klerikalen Stand vorbereiten. In diesem Kontext bleiben sie logischerweise ja auch weiterhin dem getauften und gefirmten Mann vorbehalten. Franziskus sagt im Begleitbrief Nr. [15] lediglich: „Auf diese Weise [nämlich seit der Neufassung als Laiendienste und jetzt mit deren Öffnung auch für Frauen, Anm. C. V. O.] werden diejenigen, die auf dem Weg zur Diakonen- und Priesterweihe zum Lektor und Akolythen beauftragt werden, besser verstehen, dass sie an einem Dienst teilnehmen, den sie mit anderen getauften Männern und Frauen teilen.“ Dies trifft zwar zu, ist aber für Seminaristen nur eine Dimension, zumal ja auch Diakonat und das Amtspriesterum im Taufpriestertum verwurzelt bleiben.
Das sollte man als ein Stichwort wahrnehmen, mit dem sich das inkarnatorische Prinzip, das uns auch sonst in QA auf Schritt und Tritt begegnet, im Weihesakrament zeigt. Denn der Philipperhymnus charakterisiert die Menschwerdung Phil 2, 7 als Entäußerung und als Annahme der forma Servi. Diese forma Servi begründet und ist die Einheit des Ordo-Sakramentes durch alle seine drei Stufen hindurch.
Nun könnte man einwenden: Die forma Servi kann auch die Frau, nämlich als ancilla abbilden, also kann sie zumindest zum Diakonat zugelassen werden. Dieses Argument kann freilich nicht überzeugen, weil in Christus die forma Servi nicht vom Sponsus getrennt werden kann, die Frau also höchstens die Braut (= die Kirche, die Eucharistiegemeinde) repräsentieren könnte, nicht jedoch den Bräutigam im Gegenüber zu ihr. In Zeiten der Ehe für alle im staatlichen Bereich ist das vielleicht nicht mehr so ganz selbstverständlich oder auf Anhieb einsichtig, kann aber hoffentlich innerhalb der Kirche, wo der Blick einer religiösen, sakramentalen Sicht der Ehe noch nicht ganz verstellt ist, bei etwas ruhigem Nachdenken vielleicht doch noch eingesehen werden.
Ungeachtet der Geschlechterfrage ergibt sich ganz allgemein, dass das Weihesakrament und die mit ihm verbundenen Ämter für niemanden ein Recht darstellen oder in einem Anspruch begründet sind. Sie sind nicht Karrierestufen oder Instrument des Prestiges oder der Macht. Auch wenn sie mit Vollmacht und Autorität ausgestattet sind, stehen sie in der forma Servi: „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, der soll der Sklave aller sein. Denn der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10, 43-45).
Forma Servi auch bei der Schaffung etwaiger neuer Dienste und Ämter maßgeblich
Diese Grundstruktur des Dienens prägt alle Aufgaben in der Kirche, und wer sie aus anderer Motivation anstrebt oder übernimmt, verfehlt sie. Deswegen gilt die forma Servi auch außerhalb sakramentaler Ämter und folglich auch für neue Dienste und Ämter, die im Amazonasgebiet (oder prinzipiell auch anderswo) in Zukunft erst noch geschaffen werden könnten.
Wo sie nicht zugleich mit der Repräsentanz des Bräutigams verbunden sein müssen, können sie auch von Frauen übernommen werden und dann an Mariens Ecce, ancilla Domini (Lk 1, 38) anschließen: „Denn der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria. Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben. Auf diese Weise bleiben wir nicht bei einem funktionalen Ansatz stehen, sondern treten ein in die innere Struktur der Kirche“, wie Papst Franziskus im zweiten Teil von QA 101 erklärt. Weiter heißt es dort noch: „So verstehen wir in der Tiefe, warum sie [die innere Struktur der Kirche, Anm. C. V. O.] ohne die Frauen zusammenbricht, so wie viele Gemeinschaften in Amazonien auseinandergefallen wären, wenn es dort keine Frauen gegeben hätte, die sie aufrechterhalten, bewahrt und sich ihrer angenommen hätten. Hier wird sichtbar, was ihre spezifische Macht ist.“
QA Nr. 101 ist verschiedentlich scharf kritisiert worden; Papst Franziskus zeige sich hier als Macho mit einem überholten Frauenbild. Tatsächlich fügt sich die Argumentation nicht in die Kategorien von Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit oder gar Gender. Sie setzt die Kirche und die Ehe als eine theologische Wirklichkeit voraus und zeigt bei genauer Betrachtung auch den Zusammenhang von Ehe-, Weihe-, und Eucharistiesakrament auf.
Im Begleitbrief zu SD sagt nun Franziskus mit aller gebotenen Deutlichkeit in Nr. [11]: „Eine klarere Unterscheidung zwischen den Zuschreibungen dessen, was heute „nicht geweihte (oder Laien-) Ämter“ und „Weiheämter“ genannt wird, ermöglicht es, den Vorbehalt der ersteren allein für Männer aufzulösen. Wenn die Kirche in Bezug auf die geweihten Ämter „in keiner Weise die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu erteilen“ (vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Ordinatio sacerdotalis, 22. Mai 1994), so ist es für die nicht-geweihten Ämter möglich und scheint es heute angebracht, diesen Vorbehalt zu überwinden. Dieser Vorbehalt war in einem bestimmten Zusammenhang sinnvoll, aber er kann in neuen Kontexten neu überdacht werden, immer mit dem Kriterium der Treue zum Auftrag Christi und dem Wunsch, das von den Aposteln übermittelte und der Kirche anvertraute Evangelium zu leben und zu verkünden, damit es in religiöser Weise gehört, in heiliger Weise bewahrt und treu verkündet wird.“ Indem Papst Franziskus von den geweihten Ämtern im Plural spricht, ist er sogar ausdrücklicher als seinerzeit Johannes Paul II. Nicht nur die Priesterweihe der Frau, auch schon ihre Diakonatsweihe ist ausgeschlossen, die Bischofsweihe als Fülle des Weihesakramentes kann überhaupt sogar nur gültig von einem Kandidaten empfangen werden, der bereits Priester ist.
Die neugeschaffenen Laiendienste des Lektorats und Akolythats, zu denen fortan Frauen formell und permanent beauftragt werden können, dies sei nochmals unterstrichen, sind nicht identisch mit den gleichnamigen beiden Niederen Weihen. Sie wurden bereits von Paul VI. neugeformt und sind nicht mehr in erster Linie Vorbereitungsstufen zu den sakramentalen Weiheämtern (vgl. Begleitschreiben Nr. [5], wo es heißt, dass das Motu Proprio Ministeria quaedam „zwei neue Ämter schuf“). Dabei wurde ebenso die Möglichkeit vorgesehen, dass „ ‚andere Ämter‘ (uffici) vom Heiligen Stuhl auf Ersuchen der Bischofskonferenzen eingerichtet werden können“ (vgl. ebd., a. a. O.). Diese Möglichkeit fasst Franziskus im Begleitschreiben gegen Ende nochmals ins Auge: „Es wird Aufgabe der Bischofskonferenzen sein, mit vorheriger Zustimmung des Heiligen Stuhls und entsprechend den Erfordernissen der Evangelisierung in ihrem Gebiet angemessene Kriterien für die Unterscheidung und Vorbereitung der Kandidaten für die Ämter des Lektorats oder des Akolythen oder für andere Ämter, die sie gemäß dem, was bereits im Motu Proprio Ministeria quaedam vorgesehen ist, für einsetzbar halten, aufzustellen“ (Begleitschreiben, Nr. [16]).
Foto: Tonsur bei der Piusbruderschaft – Bildquelle: pius.info