Der Römische Messritus in Entstehung und Ausbreitung bis zum Status von 1570 – Teil II
Als entscheidende Resultate der ersten vier Kapitel und der Gegenüberstellung des von Ambrosius kurz vor der Wende zum 4. Jahrhundert überlieferten Mailänder Eucharistiegebetes sowie der Rekonstruktion eines gregorianischen Urtextes des später behutsam redigierten Canon Romanus hat der erste Teil dieser Rezension von The Roman Mass[1] herausgearbeitet, was es bedeutet, den mündlichen Charakter der Glaubensweitergabe in den ersten drei Jahrhunderten konsequent und frei von Illusionen und Rückprojektionen aus späteren Stadien, aus denen wir schriftliche Zeugnisse haben (oder gar aus dem mit Trient dogmatisch Erreichten), wirklich erstzunehmen. Das gilt in eminenter Weise für den Bereich der Eucharistie der frühen Christen und für deren Liturgie, zumal gleichzeitig ein normatives Christentum in den Konzilien von Nicäa, Konstantinopel, Ephesus und Chalcedon erst errungen werden musste. Doch zeigen schon die Beispiele der beiden Kirchenväter Ignatius von Antiochien und Justin dem Martyrer und ihrer einschlägigen Schriften im Verlaufe des 1. Jahrhunderts ein deutliches Bewusstsein für den Opfercharakter der Eucharistie und für die wahre Gegenwart von Christi Leib und Blut in ihr.
Die spätere Prägung des Konzils von Trient vom verum et proprium sacrificium (DH 1751) ist angelegt, ebenso wie in der Rede von der figura corporis et sanguinis Domini in dem Ambrosius bekannten Hochgebetstext dem Eucharistiegeschehen bereits diejenige tiefgreifende Veränderung zugeschreiben wird, in der an die Stelle der figura der wahre Leib und das Blut Christi treten. Ferner ist in diesem Kontext als Resultat zu wiederholen, dass die Abendmahlstradition mit einem liturgischen Einsetzungsbericht für die Gestaltfindung der eucharistischen Liturgie – soweit wir sie anhand schriftlicher Quellen nachvollziehen können – von Anfang an ursprünglich-konstitutiv ist und dass er, speziell deutlich in der Tradition der Kirche von Rom, in dem Sinne als effektiv verstanden wurde, dass gerade durch das liturgische Aussprechen der Herrenworte selbst das erlösende Opfer Christi am Kreuz als Heilswerk wirksam in die Gegenwart gerufen und dessen Erlösungsfrucht zugewandt wird, insbesondere im Genuss der eucharistischen Speise der heiligen Kommunion.
Über eine bloße Rezension hinausgehend ist am Beispiel der Messopfertheorie Valentin Thalhofers verdeutlicht worden, dass die Definition des tridentinischen Konzils von der Messe als eines wahren und eigentlichen Opfers seitdem nicht nur Klärung erbracht, sondern daneben weiteren und neuen Klärungsbedarf geschaffen hat. Dieses Konzil hat nämlich lediglich festgestellt, dass die Messe ein verum et proprium sacrificium ist, aber nicht erklärt oder definitiv festgeschrieben, auf welche Weise genau dies der Fall ist. Der Lösungsvorschlag Thalhofers wurde dabei deswegen ausgewählt, um Langs Auswertung des Hebräerbriefs zu ergänzen, auf dem nämlich Thalhofer seine Theorie wesentlich biblisch begründet und mit ihr, verglichen mit anderen nachtridentinischen Messopfertheorien im 19. Jahrhundert und davor, einer Lösung überzeugend nahekommt, und zwar obwohl die vermittelnde Ebene des himmlischen Opfers, die er zwischen historischem Kreuzesopfer und irdischen Messopfern einzieht, von Anfang an auch viel Gegenrede hervorgerufen hat. Im Resümee des ersten Teils dieser Rezension von The Roman Mass findet Thalhofer mit seinem Werk[2] deswegen nochmals Erwähnung, weil im vorliegenden zweiten Teil, der die Besprechung auch zu Ende bringt, im Hinblick auf eine Stellungnahme zu einer erst noch einzuführenden Detailfrage abermals darauf zurückzukommen sein wird und außerdem ein Hinweis und Rückgriff auf eine hochinteressante philosophische Promotionsschrift aus 2018 erfolgen wird, in der Matthew S. C. Olver den Einfluss des Hebräerbriefes auf Ursprung, Struktur und Theologie des Römischen Canon Missae akribisch und mit einem beeindruckenden Facettenreichtum noch einmal ganz aktuell herausgearbeitet hat.
II.) Beginnend mit dem fünften Kapitel nimmt Uwe Michael Lang einen noch stärker historisch orientierten Blickwinkel ein, um die entscheidende Formungsphase der Messliturgie in Rom vom 5. bis zum 8. Jahrhundert zu beschreiben.[3] Darauf übt die römische Stationsliturgie der Päpste oder ihrer Gesandten, die sich ausgefeilt im 6. und 7. Jahrhundert entwickelt, eine beachtliche Einflussnahme aus und wird zu einem derart integrierenden Bestandteil der römischen Liturgie während des Kirchenjahres und speziell während der Fastenzeit, dass die Stationskirchen bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil im Missale Romanum den einzelnen Messformularen im Zyklus des liturgischen Jahres vorangestellt blieben.[4] Die Praxis strahlte auf die fünfundzwanzig römischen Titularkirchen aus, die sich mit Pfarrkirchen vergleichen lassen.[5] „Die von einem Priester (Presbyter) dargebrachte Eucharistie wurde als eine reduzierte Form der bischöflichen Liturgie verstanden. Diese Vorstellung war in Kontinuität mit der frühchristlichen Auffassung, dass, theologisch gesprochen, der Bischof in seiner Diözese der Liturge schlechthin ist, der eigentliche Zelebrant jeder Eucharistie, selbst dann, wenn er nicht physisch anwesend ist, um eine konkrete gottesdienstliche Zusammenkunft zu leiten, was sich in der namentlichen Nennung des Bischofs im eucharistischen Hochgebet widerspiegelt und insonderheit im spezifisch römischen Brauch des fermentum, der darin bestand, einen Teil des in der Papstmesse konsekrierten, eucharistischen Brotes in die, von den Priestern des römischen Klerus in den Titularkirchen der Stadt Rom gefeierten, Liturgien zu entsenden.“[6] Die Entwicklung dieses Ritus wird hier näher dargestellt werden, da sie exemplarisch gut zeigt, wie ein ritueller Gestus, dessen ursprüngliche Bedeutung womöglich nur unter den bestimmten Bedingungen und Umständen eines ganz konkreten Ortes verständlich ist, sich im Laufe der Zeit wandelt und dabei legitim einen neuen, jedenfalls aber theologisch verlagerten Sinn annehmen kann.
Verschiedene Typen liturgischer Bücher entstehen
Bevor Lang darauf zu sprechen kommt, führt er seine Leser in die Entstehung verschiedener Typen liturgischer Bücher ein. Er nennt Sakramentarien[7], verschieden konzipierte Arten von Lektionaren, die entweder bereits im 6. Jahrhundert die gesamten Schriftlesungen enthalten konnten oder nur die Schriftstellen, deren Beginn und Ende angaben, die als Perikopen zu verwenden waren[8], erste Bücher, die mit liturgischem Gesang assoziiert sind[9] und schließlich die Ordines[10], zu denen der Autor schreibt: „Eine unschätzbare Verständnisquelle der Liturgie der Westkirche im Frühmittelalter ist für uns eine als Ordines Romani bekannte Sammlung. Der Titel ist eine frühneuzeitliche Prägung, die seit der Herausgabe von fünfzehn ordines in Jean Mabillons Musaeum Italicum von 1689 verbreitet übernommen worden ist.“[11] Zu Recht trifft Lang bereits jetzt die wichtige Feststellung: „Die frühesten Manuskripte der Ordines Romani sind nicht in Rom selbst entstanden, sondern während der Karolingerzeit im Frankenreich und dokumentieren so einen Prozess der Übernahme und Aneignung der römischen Liturgie [außerhalb Roms, Anm. C. V. O.]. Ordo Romanus Primus bietet detaillierte Anweisungen für die feierliche Stationsliturgie des Papstes in der Osterwoche und ist in der Tat die älteste Beschreibung der rituellen Gestalt der Römischen Messe, über die wir verfügen.“[12] Dadurch, dass das Agnus Dei zur Brechung des eucharistischen Brotes bereits gesungen wird, was Papst Sergius I., dessen Pontifikat 701 endet, eingeführt hat, muss der Ordo Romanus I zeitlich danach angesiedelt werden, aber vor 750 entstanden sein, da mit diesem Jahr sein Gebrauch im Frankenreich schon belegt ist.[13] Dieser Ordo Romanus I wird in seinem rituellen Ablauf von Lang sodann skizziert[14], wobei in dieser Rezension gezielt das rituelle Detail der ursprünglich zweimaligen[15] Hinzufügung einer Partikel des eucharistischen Brotes zum (konsekrierten) Wein im Kelch herausgegriffen und näher vorgestellt werden soll.
Die Ursprünge eucharistischer Vermischungsriten, ihre spätere Fusion und dann gewonnene Gestalt
Ein Fragment der vom Papst in der vorausgegangenen Messe konsekrierten Hostie, Sancta genannt, wird dem Pontifex bereits während der Einzugsprozession gezeigt und von ihm verehrt und später im Zusammenhang mit dem Friedensgruß nach dem Embolismus, welcher das Vaterunser fortführt, wiederum ein Teil davon in den neukonsekrierten Wein gesenkt, worin er verbleibt.[16] Der zweite Vermischungsritus der eucharistischen Gestalten miteinander erfolgt zur Kommunion am Thron des Papstes, wohin ein Diakon die in der aktuellen Messe konsekrierte Hostie bringt[17]: „[Der Papst][…] hält, bevor er kommuniziert, einen Bruchteil davon zurück, den er dann in den Kelch, den der Erzdiakon hält, fallen lässt, indem er die Worte spricht: ‚Fiat commixtio et consecratio corporis et sanguinis domini nostri Iesu Christi accipientibus nobis in vitam aeternam. Amen.‘ (Möge die Vermischung und Konsekration des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus uns ewiges Leben bringen, die wir sie empfangen. Amen.‘[18]; OR I, 107). Nachdem er dem Erzdiakon den Gruß ,Pax tecum‘ (‚Friede sei mit dir‘) entboten hat, worauf dieser mit ‚Amen‘ antwortet, trinkt der Papst aus dem Kelch.
Diese zweite Vermischung ist auf das fermentum zurückgeführt worden, wobei diese lateinische Bezeichnung wörtlich übersetzt soviel wie Sauerteig bedeutet.“[19] „Die sancta dem neukonsekrierten Kelch [also dem neukonsekrierten Inhalt des Kelches, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, da ja auch Messkelche selbst traditionell konsekriert werden, Anm. C. V. O.] war ein Symbol der Einheit und Kontinuität zwischen der Darbringung der einen Messe und der nächsten“[20], „das fermentum war [in seiner ursprünglichen Motivation, Anm. C. V. O.] ein Teil des in der Papstmesse konsekrierten Brotes, das in die Titularkirchen innerhalb der Stadtmauern geschickt wurde. […] Dieses konsekrierte Brot aus der Messe des Papstes dem [eigenen, Anm. C. V. O.] Kelch hinzuzufügen, war ein sichtbares Zeichen der Einheit der Eucharistie, die in den verschiedenen Kirchen der Stadt Rom gefeiert wurde [oder auch der Kommuniongemeinschaft mit dem Papst, die auf derselben hierarchischen Ordnung und dem, mit dem des Papstes übereinstimmenden, gemeinsamen Glauben beruht, Anm. C. V. O].“[21]
Mitte des 8. Jahrhunderts: Sancta und Fermentum verschmelzen, die Commixtio verlagert ihren Sinn
Dieser originär römische und strikt auf die römischen Titularkirchen beschränkte Brauch soll zuerst von Papst Miltiades, der von 310 oder 311 bis 314 in Rom regiert hat, begründet worden sein.[22] Bei der fränkischen Assimilation des Ordo Romanus I in der Mitte des 8. Jahrhunderts wurde dieser Sinn außerhalb Roms eigentlich verständlicherweise nicht mehr korrekt erfasst, und die beiden Vermischungsriten fusionierten zu einem einzigen, wobei dieser seinen Platz an der Stelle fand, an der früher der Papst die Sancta in den Kelch hatte gleiten lassen, die ursprünglich erste Vermischung, mit der man aber jetzt das Begleitgebet der zweiten Commixtio verband.[23] Im Textus receptus erfährt die Formulierung dieses Gebetes die Erweiterung um das nun vorangestellte Demonstrativpronomen haec[24] und infolgedessen eine leichte Satzumstellung, so dass fiat nicht mehr an der Spitze des Satzes steht, sondern vor accipientibus gezogen wird und eine exakte deutsche Übersetzung jetzt lauten müsste: „Diese Ineinsmischung/Zusammenmischung/Vermischung und Konsekration des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus werde uns Empfangenden zum ewigen Leben. Amen.“[25] Man sieht an diesem Beispiel anschaulich, wie ein einzelner Detailritus innerhalb eines Ritus receptus durchaus organisch adaptiert werden kann und wie er dabei seine ursprüngliche Veranlassung und Bedeutung legitim aufgibt oder sogar gleichsam vergisst. Daher ist es dann einerseits gar nicht so wichtig, welches genau sein ursprüngliches Verständnis war[26], andererseits bedeutsam, abzusichern, wie er im tridentinischen Ritus so verstanden werden kann, dass er dennoch möglichst ursprungskonform bleibt. Die verbreitete pastoral-populäre Deutung bringt Lang mit der Empfehlung Josef Andreas Jungmanns in Verbindung, in der Formel Fiat commixtio das Wort consecratio gerade nicht im spezifischen Sinne von Konsekration aufzufassen und es insbesondere auch nicht mit Konsekration zu übersetzen, sondern viel weiter gefasst zum Beispiel mit Heiligung, wobei man die Vereinigung der beiden eucharistischen Gestalten als rein symbolischen Ritus lesen solle, der die Auferstehung Christi oder den Auferstandenen selbst lediglich liturgisch darstellt.[27]
Der Canon Missae als konsekratorische Gesamthandlung und die Commixtio als deren Abschluss
Hier möchte ich, wie eingangs schon angekündigt, noch einmal auf Valentin Thalhofer rekurrieren, der bei der Behandlung der Messopfertheorie des spanischen Jesuitenkardinals Juan Alvaro Cienfuegos kritisch darauf zu sprechen kommt. Die ganz erhebliche Wertschätzung Thalhofers für diesen Theologen, der am 27. Februar 1657 geboren worden und am 19. August 1739 verstorben ist, stellt er seinem eigenen Buch gleich auf einer der ersten Seiten quasi voran, wenn er über Cienfuegos anmerkt: „Wohl keiner der scholastischen und nachscholastischen Theologen hat es so klar erkannt und zugleich so durchgängig festgehalten, daß eine Destructio und resp. Mactatio für den Opferbegriff essentiell sei“[28]. Dass die Opfertheorie des Cienfuegos mit dem Vermischungsritus zu tun hat, rührt daher, dass er seltsamerweise die Opferdestruktion darin erblickt, dass der durch die Konsekrationsworte unter den Gestalten von Brot und Wein eucharistisch gegenwärtig gewordene Christus in einem freien Willensakt, den er erst einige Augenblicke nach erfolgter Doppelkonsekration setze, darauf verzichte, seine Körperfunktionen und insbesondere seine physischen Sinneswahrnehmungen weiterhin aktiv auszuüben, und erst nach vollzogener Commixtio diese Körperfunktionen und den Gebrauch der fünf Sinne wieder aufnehme.[29]
Da ein solcher vorübergehender Verzicht kaum mit der Destruktion beim historischen Kreuzesopfers als identisch angesehen werden kann, eher vielleicht mit einem freiwillig gewählten Koma zu vergleichen wäre, überrascht es nicht, wenn Thalhofer dazu sagt: „So rühmend man es anerkennen muß, daß Cienfuegos mit dem Begriff der Opferdestruction möglichst Ernst macht, mit einem bloßen Nachbild der Kreuzesopfer-Immolation sich nicht begnügt und daß er die eucharistische Opferdestruction nicht als einen Vorgang lediglich am Leibe Christi, sondern auch und allererst als ein Werk des menschlichen Willens Christi, somit als eine gottmenschliche Opferthat auffaßt, wird man doch seiner […] Theorie im Großen und Ganzen nicht beipflichten können. […] Die Suspensio vitae actualis von der Consecration bis zur Commixtio“ und was Cienfuegos dafür „als Hauptbeweis für seine Opfertheorie“ aus den Liturgien „anführt, wird wohl fast Jedermann als völlig unstichhaltig erklären, der ohne Vorurtheil die betreffenden liturgischen Stellen und Actionen in Betracht zieht.“[30]
Man kann nun sicherlich konstatieren, dass seit der Zusammenlegung der beiden Vermischungsriten zu einem darin eine rituell-symbolische Darstellung der Auferstehung Christi gesehen wird, wobei dieser durch Fusion entstandene Ritus bei Cienfuegos richtiggehend als Pendant zur eucharistischen Wandlung unter zwei getrennten Gestalten fungiert – nicht weniger sakramental real wie diese, denn den sakramentalen Opferakt setzt er ja gerade in der Zeit kurz nach dem Aussprechen der Wandlungsworte bis zur Commixtio an, während ursprünglich gar keine österliche Note oder Deutung den Vermischungsriten zugrunde lag.
Der in das Eucharistiegebet eingebettete Sermo Christi
In seiner Dissertation Hoc est sacrificium laudis. The Influence of Hebrews on Origin, Structure and Theology of the Roman Canon Missae zitiert Matthew S. C. Olver Edward J. Kilmartin mit seiner Feststellung, dass im Verständnis des Ambrosius von Mailand die Kraft zur Konsekration dem sermo Christi zugeschrieben wird, aber gerade insofern, als diese wörtliche Rede Christi eingebettet ist in das Eucharistiegebet als geschlossenes Ganzes, auf das der sermo Christi seine konsekratorische Wirksamkeit überträgt oder sie dem Vollzug des Eucharistiegebets in seiner Gesamtheit mitteilt.[31]
Für ein heutiges Verständnis des Begleitgebetes beim Vermischungsritus ist vor diesem Horizont ein Hinweis Johannes Brinktrines wertvoll: „Wahrscheinlich ist unser Ritus gar kein spezifisch eucharistischer. Er scheint in der Tendenz zu wurzeln, feierliche Weihungen und Konsekrationen, soweit es sich um ein flüssiges Element handelt, überhaupt mit einer Mixtio abzuschließen.“[32] Liegt aber der Kontext der Eucharistie vor, ermöglicht das zweifelsohne, Konsekration hier nicht bloß als einen Moment oder den Effekt der Transsubstantiation zu verstehen, sondern zusätzlich und umfassender wieder als Bezeichnung (und im Begleitgebet als präzise Übersetzung!) für die sakrifikale Gesamthandlung des Canon Missae zu gebrauchen. Dann spricht auch nichts dagegen, wenn der Ritus und das dazu gesprochene Gebet mit einer österlichen Konnotation wahrgenommen werden: „Die Vermischung der eucharistischen Spezies steht nun für die Auferstehung Christi. Die Vereinigung seines Leibes und Blutes, die voneinander getrennt wurden, als er am Kreuze starb, bezeichnet nunmehr sein Wiederauferstehen zum Leben. Im Lichte dieser Lesart erwirbt der Friedensgruß, der folgt, eine entschieden österliche Sinnrichtung: Die Pax evoziert den Frieden, den Christus seinen Jüngern zuspricht, wenn er ihnen nach seiner Auferstehung erscheint (Joh 20, 21-22, ebenso Lk 24, 35-36)“.[33]
Die einzigartige Stellung des Friedensgrußes im römischen Messritus
„Die im Verlaufe des 4. Jahrhunderts abnehmende Zahl von Kommunikanten mag zu einem der charakteristischen Unterscheidungsmerkmale der römischen Messe geführt haben, nämlich der Zeitpunkt und die Stelle während des Ritus, die dem Friedenskuss zugewiesen werden. In allen anderen historischen Riten, sowohl im Osten als auch im Westen, wird der Friedensgruß vor dem Offertorium ausgetauscht, im Römischen Ritus jedoch vor der heiligen Kommunion.“[34] Eine Stellung des Friedensgrußes, die gegenüber allen anderen Riten, die in der Kirche bei der Feier der Messe sich ausgebildet haben, eine derart spezifische Besonderheit darstellt, so möchte ich als Rezensent kommentieren, sollte unbedingt beibehalten werden, und so war es erfreulich, dass die Anregung Benedikts XVI. im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Sacramentum Caritatis[35] aus 2007, den Friedensgruß im reformierten Ritus Pauls VI. vor die Gabenbereitung zu verlegen, nicht weiterverfolgt oder umgesetzt worden ist. Denn damit hätte der Ritus, der jetzt gar als einziger Ausdruck des Römischen Ritus gelten soll, auch noch ein weiteres der ohnehin wenigen verbleibenden Merkmale, die tatsächlich noch substantiell römisch an ihm sind, eingebüßt.
Die liturgische Würde und Stilisierung, mit der der Friedensgruß im historisch gewachsenen römischen Messritus ausgetauscht werden kann, hat übrigens sogar zur Ausbildung eines eigenen liturgischen Gerätes geführt, der sogenannten Paxtafel[36], einer Möglichkeit, von der allerdings wirklich schon seit langem kaum noch Gebrauch gemacht wird und die eine Wiederbelebung wahrlich wert wäre.
Die Entwicklungslinie: Sancta – Fermentum – Pax nachzuzeichnen, war auch deswegen der Schwerpunkt bei der Besprechung des vierten Kapitels, weil auf diese Weise eine nochmalige Rückbindung an das Zeugnis des Ambrosius in De sacramentis[37] und an den Akzent, den Lang durchgehend auf den Einsetzungsbericht mit dem liturgischen Zitat der Worte Christi im Munde des Zelebranten legt,[38] geleistet werden konnte.
Der interdisziplinäre Ansatz Langs und der kulturell vielfältige Impuls des römischen Messritus
Schon in der Einleitung zu seinem Buch hatte Lang angegeben, mit The Roman Mass ganz allgemein auch Studenten der Geschichtswissenschaft, Studenten der Architektur- und Kunstgeschichte, aber auch der Musik- und Literaturwissenschaft ansprechen zu wollen, die eine kompakte Hinführung zu derjenigen Römischen Messe suchen, welche eine ungemein kraftvolle gesellschaftliche und kulturelle Gestaltungsgröße für die westliche Zivilisation gewesen ist.[39] Ganz ähnlich hatte Adalbert Ebner 1896 in seinem Buch Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kunstgeschichte des Missale Romanum im Mittelalter in der Vorrede geschrieben: „Wenn in diesen ,Forschungen‘ gleichfalls ein Kapitel der Kunstgeschichte des römischen Missale gewidmet ist, so dürfte dies ebensowohl in der innigen Verbindung der Kunst mit den liturgischen Büchern des Mittelalters wie in dem Umstande seine Rechtfertigung finden, dass hier noch weite Gebiete der Aufhellung harren.“[40] Da Ebner bereits zwei Jahre nach Erscheinen seiner Monographie im Alter von nur 36 Jahren aus dem Leben gerissen wurde, konnte er selbst keine weiteren wissenschaftliche Arbeiten und Beiträge mehr zur Erforschung der Liturgie leisten, und so kann man berechtigterweise sagen, dass Lang mit seinem Buch gewissermaßen in die Fußstapfen dieses gelehrsamen Vorläufers tritt, mit The Roman Mass viel insbesondere mit dem Forschungsteil von dessen Werk gemeinsam hat und die von Ebner begonnene Arbeit fortführt. Von selbst leuchtet ein, dass Langs Buch in erster Linie für Theologen und Liturgiewissenschaftler relevant ist, und zwar in einem akademischen Umfeld genauso, wie seine Lektüre für Seelsorger erhellend und von praktischem Nutzen ist.[41]
Ein konkreter Praxisbezug kommt Langs Darstellung umso mehr in einer Situation zu, in der versucht wird, den römischen Charakter der Liturgie, gravierender als selbst unter Paul VI., einem Ritus bloß noch nominalistisch zuzusprechen, beziehungsweise positivistisch abzuerkennen und das, obwohl die Römische Messe oder die Römische Liturgie insgesamt in ihrer authentisch gewachsenen Gestalt zu keinem Zeitpunkt seit der paulinischen Liturgiereform auf natürlichem Wege eingeschlafen oder freiwillig vollständig aufgegeben worden ist. Das nämlich wären die einzigen Möglichkeiten, nach denen ein überlieferter Ritus in der Kirche legitim erlöschen oder abhanden kommen kann, und es gibt auch historische Beispiele, wo dies geschehen ist. Auf den gregorianisch-tridentinischen Ritus der römischen Kirche trifft dies offensichtlich aber nicht zu, was durch die befremdlichen Anstrengungen und Einlassungen von Papst Franziskus, um diese Ritusgestalt auf alle Fälle in den offiziellen Strukturen der Kirche als Institution ein für allemal einzuschläfern, nur noch unterstrichen wird. Lediglich Kardinal Arthur Roche vom jetzigen Liturgiedikasterium wiederum versucht anscheinend, dieses, für das Papstamt ohnehin beschämende und es mehr als genug diskreditierende Engagement des Heiligen Vaters an Radikalität, aber auch an Skurrilität noch zu übertreffen.
Ideologische Feindschaft gegenüber der überlieferten Liturgie und die Glaubwürdigkeit von Synodalität
Dieser unduldsamen Mentalität von Papst Franziskus und Kardinal Roche gegenüber der liturgischen Überlieferung, die sie unbedingt ausrotten wollen, muss man entschieden entgegenhalten, was der Luxemburger Erzbischof und Kardinal  Jean-Claude Hollerich jüngst in Prag mit Blick auf die bevorstehende Bischofssynode in Rom über das Synodalitätsprinzip völlig zutreffend gesagt hat: „Wir müssen […] lernen, mit vielfältigen Ausdrucksformen des Glaubens zurechtzukommen. Man kann heute nicht mehr eine einzige Praxis vorschreiben. Das können wir auch als Bischöfe nicht. Wenn wir das wollen, werden wir immer mehr Leute an den Rand drängen oder über den Rand hinaus. Der Bischof muss das Prinzip der Einheit der Kirche sein und die Leute zusammenbinden.“[42] Was Hollerich von den Diözesanbischöfen sagt, gilt dabei umso eindeutiger vom Papst und, was das gottesdienstliche Leben der Kirche betrifft, für dessen zentrale Liturgiebehörde im Vatikan. Papst Benedikt scheint sich darüber besser im klaren gewesen zu sein. Nicht im von mir besprochenen Buch, sondern in der Würdigung, die er aus Anlass des Todes von Papst Benedikt veröffentlicht hat und die schon im ersten Teil dieser Besprechung einmal zitiert worden ist, zeigt und erklärt Lang dies deutlich, weshalb sein diesbezüglicher Zugang zu Denken und Überzeugung Ratzingers hier erneut eingefügt werden soll: „Als Papst fand sich Benedikt XVI. in einer Position, die Zukunft der katholischen Liturgie zu gestalten, eine Position, der er sich nur mit einigen Bedenken annähern konnte, denn er war der starken Überzeugung, dass echte liturgische Erneuerung nicht einfach über Dekrete und Instruktionen geschieht.“[43]
Lang weist in diesem Nachruf zu Recht auf die grundsätzliche Zerbrechlichkeit rein rechtlicher Verfügungen in der Kirche hin, wozu er gerade das Beispiel von Summorum Pontificum wählt, dessen Regelungen durch Traditionis Custodes schon wieder außer Kraft gesetzt sind.[44] Doch nur um den Hinweis Kardinal Hollerichs ergänzt, schließt sich der Kreis: Je deutlicher die Brachialgewalt, mit der die Kräfte, die momentan in Rom am Ruder sind, versuchen, Traditionis Custodes durchzusetzen und je mehr die Bischöfe vor Ort gezwungen werden, diese engen Bestimmungen  streng nach Buchstaben und ohne Spielräume umzusetzen, desto offensichtlicher wird die Fragilität und Schwäche bloßer Befehlsabläufe in der Kirche werden. Deswegen war sich Benedikt XVI. ja auch bewusst, dass es umgekehrt nicht möglich sein würde, einfach wieder eine stärker traditionelle Liturgie von oben herab zu verordnen: „Die manifeste Diskontinuität in der rituellen Praxis der Kirche hat eine Situation geschaffen, in der die bloße Wiederauferlegung traditioneller liturgischer Formen in weiten Kreisen lediglich als noch ein Bruch mehr wahrgenommen“[45] worden wäre. In einer Phase, in der die Kirche weiterhin dabei ist, schmerzlich für verschiedene Formen des Missbrauchs in ihren Reihen sensibilisiert zu werden, würde das unnachgiebige Vorgehen nach dem Geschmack eines Kardinal Roche außerdem eine zusätzliche Quelle und Atmosphäre geistlichen Missbrauchs sowie systematisch zahllose neue Fälle dieser, nicht zu unterschätzenden Art von Missbrauch schaffen.[46]
Im fünften Kapitel folgt nun ein Abschnitt, der ein gutes Beispiel für die interdisziplinäre Ausrichtung, die Lang seinem Buch gegeben hat, ist. Er widmet sich der Raumgestaltung der römischen Basiliken und spricht damit ein Thema der Kunst- und Architekturgeschichte gleichermaßen an, wie er Liturgiegeschichte betrifft und für gegenwärtige gottesdienstliche Praxis normativ sein beziehungsweise für zukünftige liturgische Feiern wieder normativ werden sollte: Dieser Abschnitt behandelt die Ausrichtung des liturgischen Gebets, die Stellung der Liturgen am Altar und, gemeinsam mit diesen, die Orientierung der Gemeindeversammlung zum Altar hin.[47] Darauf wollen wir in dieser Rezension nicht näher eingehen, weil es, wie schon im ersten Teil unserer Buchvorstellung von The Roman Mass erwähnt, ein anderes, eigenes Buch Langs, das ganz diesem Thema gewidmet ist, schon länger gibt.[48]
Den Unterschied von Theorie und Praxis in der Liturgie nicht übersehen; Klerikalismus als Missverständnis
Zwei Gesichtspunkte, die im fünften Kapitel zur Sprache kommen, sollen aber noch eigens benannt werden; das Problem eines Unterschieds zwischen theoretischen, rituellen Beschreibungen oder Anweisungen wie im Ordo Romanus I (oder auch zwischen heutigen Rubriken)und ihrer tatsächlichen Umsetzung: „Die Geschichtswissenschaft hat uns zunehmend beachten lassen, dass man nicht einfach voraussetzen kann, dass solche Beschreibungen unbedingt mit der Art und Weise überstimmen, auf die die Liturgie tatsächlich ausgeführt worden ist“[49], vielmehr schildern sie einen Idealzustand der liturgischen Praxis, wie sie sein und umgesetzt werden sollte[50] – was sich bis heute nicht geändert hat. Den zweiten Aspekt, auf den hinzuweisen Lang ein Anliegen ist, drückt er folgendermaßen aus: „Für sich genommen kann der Ordo Romanus I den Eindruck einer ‚klerikalisierten‘ Liturgie erwecken, aber solch eine Sichtweise würde irreführend sein, da sie das literarische Genre und den Zweck des Dokuments außer acht lässt. Liturgische Bücher im strengen Sinne befassen sich nicht damit, wie die Menschen allgemein [als Gläubige in der gottesdienstlichen Versammlung, Anm. C. V. O.]. an der Liturgie teilnehmen, geschweige denn damit, wie sie diese Teilnahme an der Liturgie in ihrer Erfahrung [zum Beispiel psychologisch-emotional oder religiös-spirituell, Anm. C. V. O.] erleben.“[51]
Der römische Ritus verliert seinen ortskirchlichen Charakter
Wenn man davon spricht, der in der ganzen Westkirche am weitesten verbreitete Ritus sei römisch, dann geht dabei gewohnheitsmäßig längst unter, dass darin die Stadt Rom angesprochen ist und damit eine ursprünglich lokale oder ganz konkret urbane Bindung an die Kirche eines bestimmten Ortes, unter dessen Bedingungen und in dessen Mentalität der Ritus entstanden ist. Für diesen war er gedacht. Er war der Ritus einer Ortskirche und für diese bestimmt. Wenn der Ritus tridentinisch genannt wird, ist der Bezug auf einen Ort ein anderer; in diesem Falle überträgt sich der namensgebende Tagungsort des Konzils von Trient, also die Stadt Trient, auf einen Ritus, der ganz klar nicht mehr auf einen Ort beschränkt bleiben soll. Er soll gerade dort zum Einsatz kommen, wo oder wenn es keinen, von protestantisierenden Anschauungen und Einflüssen nachweislich unberührt gelassenen, eigenen, intakten Ritus mehr gibt – oder überhaupt noch keinen, wenn man an die Entdeckung ganzer Erdteile im 15. Jahrhundert denkt. Eine solche Verschiebung des aus Rom stammenden (oder Rom zugeschriebenen) Ritus in seiner Funktion und die Ausweitung seiner Anwendung waren keine plötzlichen Ereignisse und auch nicht natürlich oder zwangsläufig im Ritus Roms angelegt.
Eine geschichtliche Betrachtungsweise lässt erkennen, dass das karolingische Zeitalter für die Ausbreitung und Übernahme des mit der Bischofsstadt Rom und den Päpsten verbundenen Ritus eine erste entscheidende Phase und einen gezielten Impuls darstellt, der nicht einmal in Rom seinen Ursprung hatte. Diese Phase wird im sechsten Kapitel seines Buches von Lang abgedeckt, der ihren Beginn mit dem Jahr 751 ansetzt, als Pippin der Kurze König der Franken wird, und er lässt sie bis zum Sturz und Tod Karls des Dicken 888 reichen.[52] Schon aus dem vorangegangenen Kapitel haben wir erfahren: „Bis zum frühen 8. Jahrhundert hatte sich der römische Ritus zu einem erkennbaren Gefüge liturgischer Formen und Ordnungen, die eingehalten wurden, herangebildet, die jetzt in liturgischen Büchern festgehalten und kodifiziert wurden […]. Diese Bücher wurden ursprünglich nicht mit der Absicht zusammengestellt, außerhalb der Stadt Rom und über ihr Umland hinaus kopiert und eingeführt zu werden. Sie enthalten in der Tat viel Material, in dem sozusagen das Ambiente der Stadt Rom vorausgesetzt ist, und Rom war in der Spätantike keineswegs das einzige Zentrum für eine westkirchlich geprägte Liturgie.“[53] Solche Zentren gab es weitere schon in Italien selbst mit Mailand, Ravenna und Benevent, aber auch in Nordafrika, Spanien und Gallien.[54] Eine Tendenz zur Vereinheitlichung lässt sich dabei schon viel früher ausmachen, so hatte bereits der von 402 bis 417 amtierende Innozenz I. damit argumentiert, dass alle Kirchen des Lateinischen Westens der Kirche Roms als dem Sitze Petri nicht nur in ihrer Lehre, sondern auch in ihrem Gottesdienst folgen sollten: „Die Päpste sahen liturgische Gleichförmigkeit als vorteilhaft dafür an, die Ortskirchen enger an das Papsttum zu binden.“[55]
Karl der Große und der römische Ritus als Instrument der Reichsidee
Es ist eine tragische und auch paradoxe Entwicklung, dass diese Argumentation sich bis zur Liturgiereform Pauls VI. fortgesetzt und sie gewissermaßen erst ermöglicht hat und sich jetzt darin zeigt, dass endlich alle, die immer noch an den Formen hängen, die die Päpste selbst seit über fünfzig Jahren abgelegt haben, dazu gebracht werden sollen, die Messe und alle anderen liturgischen Feiern so zu zelebrieren, wie es alle Päpste seit und nach Paul VI. ausnahmslos getan haben und tun. Dieser aktuelle Gedanke soll uns aber nicht davon ablenken, die historischen Faktoren weiterzuverfolgen, zu denen es auch gehörte, dass insbesondere die fränkischen Herrscher den vereinheitlichenden Gebrauch der römischen Liturgie in ihren Territorien aus Gründen des politischen und sozialen Zusammenhalts propagierten[56], ohne das eigene liturgische Erbe aufzugeben, das in einem gewissen Grade mit dem römischen Ritus verschmolz.[57] Diese Prozesse zeichnet Lang in einer lebendigen Anschaulichkeit nach, die den geschichtlich interessierten Leser begeistern wird.[58] Ein Schlüsselmoment wird erreicht, als Karl der Große in den 80ger Jahren des 8. Jahrhunderts, um seine Reichsidee voranzutreiben und der Kaiserwürde näherzukommen, Papst Hadrian über die Vermittlung des Diakons Paul bittet, ihm das Sakramentar der römischen Kirche zu senden, von dem angenommen wurde, es gehe auf Gregor den Großen zurück. Mit einiger Verspätung beantwortete Papst Hadrian bis spätestens 791 dieses Ansuchen und ließ Karl dem Großen das als Hadrianum bekannte Sakramentar zukommen, das vermutlich während des Pontifikats des 638 verstorbenen Honorius I. zusammengestellt worden war und später Überarbeitungen und Erweiterungen erfahren hatte.[59]
Trotzdem war das Hadrianum von einer Lückenhaftigkeit gekennzeichnet, die klar gesehen wurde, „und es war entweder Karl der Große selbst oder Ludwig der Fromme, sein Nachfolger, der die Initiative ergriff, um das hadrianische Sakramentar zu vervollständigen“[60], und diese Arbeit wird heute fast einmütig dem 821 verstorbenen Benedikt von Aniane zugeschrieben, der damit zwischen 810 und 815 beschäftigt gewesen sein dürfte.[61] „Die einflussreiche Rhetorik der Karolinger“[62] von der Einmütigkeit und Übereinstimmung mit Rom war allerdings ein politisches Stilmittel zur Festigung der eigenen Legitimation und Autorität, die auf eine liturgische Illusion gegründet war und darauf weiter aufbaute, wie Amalar von Metz bezeugt, nachdem er 831 Rom besucht und die Unterschiede zwischen der römischen und der fränkischen Liturgie festgestellt hatte.[63] Die Angleichung an Rom in der Liturgie des Frankenreiches ist also ein langwieriger Vorgang, der mit den Merowingern einsetzt und unter den Karolingern beschleunigt wird, jedoch gerade nicht in Abstoßung eigenen, aus verschiedenen Quellen gespeisten, liturgischen Erbes, sondern in einem wechselseitigen Austausch mit Rom, dessen Praxis ebenfalls nicht nur auf eine Quelle zurückging. Eine Wechselbeziehung, die sich so natürlich und ungezwungen vollzog, dass sie unbewusst und weithin unterbewusst geschah.[64] So enthält das Altgelasianische Sakramentar klar nicht-römische Elemente aus gallikanischer Überlieferung, jedoch „ohne einen Bruch mit der Kontinuität des Ritus einzugehen, der substantiell römisch bleibt.“[65]
Die Liturgie verwuchert nicht, sie entfaltet sich und reift
Erinnern wir uns zurück an die Grundabsicht Langs, die Vorstellung richtigzustellen, es habe sich besonders im Mittelalter in der Liturgie eine Entwicklung eingeschlichen, die zu einer Überwucherung und Entstellung des ursprünglich reinen Gedankens und Ausdrucks der Eucharistie in ihrer Liturgie und in deren originär nüchterner, römischen Schlichtheit geführt habe, sind die sogenannten Apologien ein treffliches Beispiel, auf das Lang zurückreift, um einen Perspektivenwechsel einzuleiten. In ihrer Entstehung sind sie zum einen nicht römischer, sondern gallikanischer Herkunft. Sie entspringen einem sich individuell-subjektiv meldenden Bewusstsein des einzelnen Zelebranten von der objektiven Heiligkeit und Größe Gottes und des ihm darzubringenden Opfers, dem die eigene Sündhaftigkeit, Mangelhaftigkeit und Schwäche gegenübersteht, die ganz auf Gottes Milde und Barmherzigkeit angewiesen ist, wenn der priesterliche Dienst und sein Opfer am Altar Gott wohlgefällig und für Gott annehmbar sein sollen. „Die gallikanische Tradition zeigt einen starken Sinn für eine spirituelle Innensicht und einen persönlichen Einbezug [des zelebrierenden Priesters, Anm. C. V. O.] in den Altardienst.“[66] Wenn man an die gehäuften Annahmebitten denkt, die für den Messkanon charakteristisch sind und ihn spezifisch römisch sein lassen, dann trifft in dieser Haltung zum anderen die Sorge um die eigene Würdigkeit mit dem Bemühen um äußerlich korrekten Kultvollzug zusammen, wovon letzteres derart römisch ist, dass es sich schon in der Religiosität paganer Kultvorstellungen bei den Römern finden lässt, worauf ich in der Diskussion um eine Geistepiklese schon hingewiesen habe.
Aus diesem Blickwinkel möchte ich an dieser Stelle zu bedenken geben, dass die beschriebene gallikanische Tendenz zwar nicht ursprünglich römisch sein mag, jedoch dem Römischen auch nicht wirklich fremd ist. Obgleich sie psychologisch eine Verinnerlichung bedeutet, strebt sie doch danach, sich Ausdruck zu verleihen. Es kommt dazu, spezielle, in der ersten Person Singular formulierte Gebete in den Ablauf der Messe aufzunehmen, die vom eigenen Sündenbewusstsein des Priesters sprechen und von der Hoffnung getragen sind, Gottes Barmherzigkeit finden und so die Messe würdig feiern zu können.[67] Da es dabei auch zu exzessiver Ausführlichkeit solcher Gebete kommen konnte, hat man darin einseitig eine psychopathologische Fehlentwicklung erblicken wollen, die wegen ihrer Aufnahme in die Liturgie deren Geist und Struktur beeinträchtigt und verzerrt habe. Lang möchte auf die Möglichkeit einer positiven Sicht hinweisen und dazu einladen, die Entwicklung und ihr Ergebnis nicht zuletzt als ein Heilmittel gegen klerikalistische Überheblichkeit zu verstehen und wertzuschätzen: „Es kann argumentiert werden, dass die Hinzufügung persönlicher Gebete [des Priesters, Anm. C. V. O.] ein non-verbales Element, das schon in der früheren römischen Tradition vorhanden ist, ins Wort bringt. Die Papstmesse, wie sie der Ordo Romanus I schildert, enthält einen Moment des Gebetes und der Sammlung des Papstes und seiner Assistenz vor dem Altar, und es sind diese Augenblicke, in die die fränkischen Apologien eingefügt werden. Diese Gebete neigen einer Richtung mit stärkerem Bußcharakter zu, der einer zunehmenden Beschäftigung mit dem Priester als desjenigen entspricht, der bei der Repräsentation des Kreuzesopfers in persona Christi handelt. Obgleich diese klerikalen Gebete gallikanischer Provenienz ein persönliches und emotionales Repertoire in das liturgische Gebet einführen, das unterschieden ist von dem objektiven und hieratischen Charakter der aus der Spätantike ererbten Messe Roms, können diese Texte als die Artikulation einer inneren Vorbereitung des Priesters gelesen werden, um ein von Gott wohlgefällig angenommenes Opfer darzubringen.“[68]
Zum Abschluss dieses Aspektes sei ein Gebet angeführt, das Lang lateinisch und englisch als Beispiel für die beschriebene priesterliche Spiritualität zitiert und das er im bekannten Echternacher Sakramentar gefunden hat, welches gegen Ende des 9. Jahrhunderts gleichermaßen aus gregorianischen wie aus gelasianischen Quellen zusammengestellt worden ist: „Gott, der Du gebietest, von Sündern angerufen zu werden und dass Dir das Opfer eines reuevollen Herzens dargebracht werde, würdige Dich, das Opfer anzunehmen, das ich, als Unwürdiger auf Deine Barmherzigkeit vertrauend, mir vorgenommen habe, Deiner Milde darzubringen, und gewähre gnädiglich, dass ich selbst Dir sowohl Priester und Altar als auch Tempel und Opfer sein möge, so dass ich durch die Ausübung dieses Dienstes den Nachlass meiner Sünden erlangen möge und sowohl für mich als auch für diejenigen, für welche das Opfer dargebracht wird, die barmherzigste Versöhnung [mit Dir, Anm. C. V. O.].“[69]
In The Roman Mass beschäftigt sich Lang anschließend mit der Entstehung der Kanonstille, die zuerst in gewissem Widerspruch zum gerade beschriebenen Wortreichtum der Apologien zu stehen scheint, andererseits aber einen Raum für das persönliche, innere Gebet (der Gläubigen) sehr erweitert, der schon im fünften Jahrhundert der ostsyrischen Tradition vertraut war.[70] Ferner werden verschiedene, weitere Themenkreise angesprochen, wie das Aufkommen eines von patristischer Bibelauslegung inspirierten und auf die Liturgie übertragenen, allegorischen Verständnisses von Texten und Riten der Messe, „das in seinem Liber officialis (oder De ecclesiasticis officiis[71]) von Amalar vorangetrieben wird und der 823 verfasst und später überarbeitet wurde“[72], oder die karolingischen Bemühungen, das liturgische Latein an den Idealen klassischer Latinität auszurichten.[73]
Die Beliebtheit des Ritus der Kirche Roms und seine Anziehungskraft
In der liturgischen Reform der Karolingerzeit „waren die Ordines Romani in ihrer fränkischen Aneignung und Interpretation das Hauptmittel zu einer Ausrichtung an Rom. Darüberhinaus war die langfristige Strahlkraft des Hadrianum mit seinem karolingischen Supplement beachtlich, weil es den Prototyp dessen bildete, was später zum Missale Romanum werden sollte. Die Erfolgsgeschichte der römisch-gregorianischen Liturgie in ganz Westeuropa war nicht einfach das Resultat einer Auferlegung durch die Autorität, sondern verdankt sich ihrer religiösen und kulturellen Anziehungskraft ebenso wie ihrer Fähigkeit, gallikanische Elemente in sich aufzunehmen. Wie wir im siebten Kapitel sehen werden, wurde der fränkisch-römische Mischritus zu Beginn des 2. Jahrtausends in Rom, in der Stadt des Papstes selbst, übernommen und zur Grundlage der weiteren liturgischen Entwicklung in der Lateinischen Kirche.“[74]
Der Aufschwung im 10. Jahrhundert, Franziskaner und Privatmesse im 13. Jahrhundert
Der Zeitraum, auf den das siebte Kapitel abstellt, setzt mit dem Aufschwung ein, den das ottonische Zeitalter im 10. Jahrhundert einläutet, und es behandelt die Entwicklung bis zum Hochmittelalter im 13. Jahrhundert, die insbesondere für den Ordo Missae als einer ineinandergreifenden Zusammenstellung von gesprochenen Gebetstexten und rituell-rubrizistischen Anweisungen, denen dabei auf nonverbaler Ebene etwa in Körperhaltung und Gestus Folge zu leisten ist, bestimmend wird.
Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet die zunehmende Verbreitung der Privatmesse, die nicht mehr an der liturgischen Vollform der Papstmesse oder zumindest des Pontifikalamtes orientiert ist, sondern als Grundform der schlichtesten Gestaltung der Zelebration der Messe sich als mustergültig durchsetzt, zu der dann bei gesteigerter Feierlichkeit nach Bedarf zusätzliche Anweisungen zur rituellen Ausführung hinzukommen. Die Privatmesse als praktische Norm wird namentlich im 13. Jahrhundert durch die Entscheidung des neugegründeten und sich rasant ausbreitenden Franziskanerordens gefördert, den liturgischen Usus der Römischen Kurie zu übernehmen.[75]
Der Messordo rheinischen Typs, subjektive Verinnerlichung als Gewinn und Fortschritt
Nach dem Zerfall des von Kaiser Karl dem Großen geschaffenen Reiches in drei Teile werden bedeutende Bischofssitze und Benediktinerklöster zu beiden Seiten des Rheines zu prägenden kulturellen und liturgischen Zentren[76], was zur Ausbildung eines eigen Typs des Messordo führt, der deswegen Rheinischer Messordo heißt und dadurch gekennzeichnet ist, die mit den Apologien in die liturgische Gestalt der Messe aufgenommenen Elemente, um zusätzliche Texte und Rubriken anzureichern.[77] Unter Verweis auf die durchaus schon elaborierten Abläufe und Riten des Ordo Romanus I stellt Lang sich weiter dem verbreiteten Vorurteil entgegen, das in diesen Zusätzen und Erweiterungen bloß negative Wucherungen sehen kann, die die ursprünglich römische, reine und nüchterne Struktur wie ein Krebsgeschwür überbordet hätten.[78] Lang weist demgegenüber ein weiteres Mal hin auf die damit verbundene Verinnerlichung von liturgischer Handlung und priesterlicher Spiritualität in der persönlichen Andacht des Zelebranten und versäumt es nicht, aktuelle Bezüge herzustellen mit der Bemerkung, dass ein Mangel an solcher Verinnerlichung, in der der Priester die Liturgie und seinen liturgischen Dienst asketisch existentiell auf sich persönlich bezieht, schmerzliche Konsequenzen hat, wie die jüngsten Missbrauchsskandale zeigen.[79]
Zur besseren geschichtlichen Einordnung sei eine Art Zeitstrahl der ottonischen Herrschaftsperiode angegeben. „Die Ottonen entstammen einer ursprünglich herzoglichen Familie in Sachsen, die sich zur Königswürde in Deutschland erhob. Im Jahre 936 wurde Otto I., mit dem Beinamen der Große, in Aachen zum König gekrönt; 962 verlieh ihm der Papst den Kaisertitel, den er bis zu seinem Tod 973 führte. Unter seiner Führung und derjenigen seines Sohnes und Enkelsohnes, die auf ihn als Otto II.(Regierungszeit von 973 bis 983) und Otto III.(Regierungszeit von 983 bis 1002) folgten, nahm das Heilige Römische Reich Gestalt an. […] Die Ottonen nahmen unmittelbaren und lebhaften Anteil an kirchlichen Angelegenheiten und traten als Schutzherren über die Liturgie in ihrem Reich auf, was zu einer blühenden Sakralarchitektur und –kunst führte.“[80] „Die Zusammenstellung des Pontificale Romano-Germanicum zwischen 950 und 963 ist als Meilenstein der liturgischen Entwicklung im Zeitalter der Ottonen erachtet worden.“[81] Es entstand im Kloster St. Alban in Mainz und somit unter der Autorität des Erzbischofs Wilhelm, eines leiblichen Sohnes Kaiser Ottos I. Im Messordo folgt es den Ordines Romani V und X.[82]
Ortskirchliche Varianten und von Rom abweichende liturgische Praktiken sind legitim
Langs Schilderung ist im folgenden wieder sehr eingehend und kann in den Einzelheiten in einer Rezension nicht nachvollzogen werden[83], ein wichtiger Grundsatz sei aber am Beispiel der unterschiedlichen Anwendung des Gloria in der Messe illustriert, das nach römischem Brauch (außer an Weihnachten) bischöflichen Liturgien vorbehalten war, nach verbreiteten Gebräuchen im Reich aber auch vom einfachen Priester angestimmt werden konnte. Der Abt und Autor Berno von Reichenau verteidigt den abweichenden Brauch der Reichskirche unter Verweis auf die Anweisung Gregors des Großen an Anselm von Canterbury, gesunde liturgische Praktiken dort, wo er sie antrifft, auch wenn sie von Rom abweichen, zu akzeptieren, da die Einheit des Glaubens nicht die Nachahmung jedes römischen Brauchs erfordere.[84] Ein weiterer Schritt der Entwicklung war es im 11. Jahrhundert, als die päpstliche Reformbewegung im Pontifikat Gregors VII. (1073 bis 1085) an Schwung gewann: „Eine gute Quelle für Gregors liturgische Anschauungen ist Bernold von Konstanz, der sich von 1079 bis 1084 und zwischen 1086 und 1090 in Rom aufgehalten und der den Micrologus de ecclesiasticis observantibus erstellt hatte, ein Werk, das sich im Mittelalter beachtlicher und einflussreicher Verbreitung erfreute. Bernold berichtet von des Papstes Interesse daran, die apostolischen Traditionen zu studieren und von seinem Ziel, die Liturgie wieder so zu rekonstruieren, wie sie zur Zeit Gregors des Großen in Rom gehalten worden war.“[85]
Diesen Gedankengang abschließend, hält Lang fest, dass es vor dem Hintergrund dieses Reformprojektes einer gewissen Ironie nicht entbehre, wenn die Messe iuxta Romanam consuitudinem zur Zeit Gregors VII. dem Rheinischen Ordo Missae folgte.[86] Nicht unwesentlich ist es dabei auch, dass Bertold, obwohl „ein engagierter Verteidiger des Reformprogrammes Gregors VII., nicht sonderlich daran interessiert gewesen zu sein scheint, eine reine römische Tradition zu verankern, sondern eher daran, mit der liturgischen Praxis des Papsttums zu seiner Zeit übereinzustimmen“[87], woran man sieht, wie weit Tendenzen zurückreichen, die sich mit der Argumentation und Zielsetzung sowie mit dem radikalen, liturgischen Zentralismus decken, die jetzt wieder von Papst Franziskus mit Traditionis Custodes verfolgt werden und sich womöglich bald noch weiter zuspitzen. Historisch ausgleichend kann hier allerdings vermerkt werden, dass beispielsweise die „Lateranbasilika, die Kathedrale des Papstes als Bischof von Rom […], niemals den Anspruch erhob, ihren eigenen liturgischen Usus für die zahlreichen Kirchen und Klöster in Rom verpflichtend zu machen und sicherlich am wenigsten für die Peterskirche im Vatikan, ihrer Rivalin an Ehre und Ansehen.“[88]
Vielschichtigkeit der Liturgie der Minderen Brüder und der franziskanische Beitrag zur Verbreitung und Vereinheitlichung der Liturgie der päpstlichen Kurie
Wenn man übersieht, dass das Grundlagenwerk The Origins of the Modern Roman Liturgy im Jahr 1960 und damit doch noch fast zehn Jahre vor der Liturgiereform Pauls VI. erschienen ist, mag der Titel dieses Buches heute beinahe irreführend sein, aber aus dem Untertitel wird klar, dass die moderne römische Liturgie, die darin angesprochen wird, gerade die Liturgie ist, mit der auch Uwe Michael Lang sich in The Roman Mass auseinandersetzt: The Liturgy of the Papal Court and the Franciscan Order in the Thirteenth Century.[89] Dieses Buch suggeriert eine starke Einheitlichkeit der Liturgie der um Franziskus von Assisi gesammelten Brüder in der Entstehungs- und Frühzeit seines Ordens, die so heute nicht mehr aufrechterhalten werden kann, aber unbestritten ist es ein wesentlicher Faktor zur Verbreitung, Vereinfachung und Vereinheitlichung des Römischen Ritus gewesen, „dass die Franziskaner die liturgischen Bücher des Römischen Ritus in der Form annahmen, in der er von der päpstlichen Kurie verwendet wurde“[90], auch wenn das frühe liturgische Leben der Minderen Brüder recht vielfältig und nicht einheitlich organisiert blieb. Es muss außerdem bedacht werden, dass der Entschluss, den römischen Ritus so annehmen zu wollen, wie er vom Papst praktiziert wurde, bei Franziskus ursprünglich nicht sosehr auf Beweggründen beruht haben wird, wie man sie später mit der Haltung ultramontaner Papsttreue assoziiert, sondern stärker darauf, dass die Heimatdiözese des Franziskus, zu deren Bischof Guido II.[91] der Poverello eine enge Bindung besaß, ihrerseits bereits die liturgischen Bücher der römischen Kurie benutzte[92] – und so gesehen eigentlich wohl aus vorrangig praktischen Gründen.
Die Anfänge der franziskanischen Bewegung ordnen sich freilich ein in eine größere Büßer- und Reformbewegung, die, vor allem wegen ihrer Unübersichtlichkeit, häufig der Häresie verdächtigt wurde oder suspekt war, weil sie als eine in kritischer Distanz zur institutionellen Kirche stehende Größe erschien. In diesem Sinne war Franziskus die nicht zu bezweifelnde Rechtgläubigkeit seiner Ideale immer wichtig und legte er Wert darauf, mit der Kirche verbunden und in ihre Strukturen eingebunden zu sein, auch wenn es ihm zunächst schien, sein Anliegen könne nicht in seiner spirituellen Originalität und Frische gewahrt werden, wenn man ihn und seine Brüder nach dem Muster der bisherigen Orden gleichsam domestizieren wolle. In dieser gewissen Spannung stehend, war sicherlich in der Übernahme der Liturgie, die der Papst gebrauchte, nicht zuletzt die Bekundung der kirchlichen Bindung und der Übereinstimmung mit dem am Sitze Petri bezeugten Glauben angestrebt.[93]
Die Reisetätigkeit des päpstlichen Hofes begünstigt die Vereinfachung und Verbreitung seines Ritus
Die starke Ausbreitung des Franziskanerordens war aber nicht der einzige Umstand, dass sich verbunden mit ihr auch der Ritus Roms immer mehr verbreiten konnte. Das wurde vielmehr zusätzlich dadurch begünstigt, dass mit Innozenz III. beginnend, der von 1198 bis 1216 regierte, der päpstliche Hof eine immer größere Reisetätigkeit entfaltet hatte und die Liturgie, derer er sich bediente, deswegen so gestaltet worden war, dass sie auch ortsungebunden und unter Bedingungen mit eingeschränkten Möglichkeiten an Personal und Feierlichkeit dennoch problemlos ordnungsgemäß durchgeführt werden konnte.[94]
Indutus planeta und die Rückstrahlung der Messe der Franziskaner auf die Päpste
Mit dem Namen Haymo von Faversham, der von 1240 an bis zu seinem Tod 1244 Generalminister der Franziskaner war, engstens verknüpft ist eine rubrizistische Anleitung, wie die Priester unter den Brüdern die Messe zelebrieren sollen. Dieser Ordo agendorum et dicendorum, also eine Ordnung dessen, was bei der Messe vom Zelebranten zu tun und zu sprechen ist, hat seinen Titel von seinen Anfangsworten Indutus planeta, Mit dem Messgewand angetan, bekommen und stammt vom Jahre 1243. Dies war ein wichtiger Beitrag zur Vereinheitlichung der Liturgie der Minderbrüder bei ihren Konvent- und Privatmessen.[95] Lang bietet einen Überblick über den Aufbau und Ablauf, den Indutus planeta beschreibt[96], ohne eine Detailanalyse leisten zu können, was aber auch über die Zielsetzung und den Umfang seines Buches hinausgehen[97] und erst recht diese Buchbesprechung sprengen würde. Aus Langs geraffter Schilderung der Messfeier gemäß den Vorgaben von Indutus planeta erwähnenswert erscheint die Formulierung des Segens am Ende der Messe, die von der uns heute vertrauten Fassung doch markant abweicht: „In unitate Sancti Spiritus benedicat nos Pater et Filius. Amen. – Inder Einheit des Heiligen Geistes segne uns der Vater und der Sohn. Amen.“[98]
Der Einfluss von Indutus planeta wirkte auf die römische Kurie zurück: „Die umfangreichen Anweisungen […], die sowohl die Gebete betrafen, die gesprochen wurden, als auch die Stellung und Körperhaltung und die Gesten des Zelebranten regelten, wurden in die liturgische Praxis der römischen Kurie übernommen. Mehr noch, wie Radulphus von Rivo (verstorben 1403) mit Missbilligung berichtet, hatte Nikolaus III., dessen Pontifikat von 1277 bis 1280 reichte, alle Kirchen Roms, die zuvor eigene liturgische Bräuche und Vorschriften beobachtet hatten, zur Übernahme der neuen liturgischen Bücher der Franziskaner verpflichtet.“[99] „So wurde“, fährt Lang fort, „durch die Vorgehensweise der Franziskaner eine Vereinheitlichung im rituellen Aufbau und Erscheinungsbild der Messe in der Lateinischen Kirche erreicht, die vorangegangene Päpste gefordert haben mochten, aber niemals zuvor in der Lage gewesen waren, wirkungsvoll durchzusetzen.“[100] Obwohl man sich also als Leser und Rezensent in der liturgischen und kirchenpolitischen Entwicklungsstufe des 13. Jahrhunderts bewegt, drängen sich bei der Lektüre nicht zum ersten Mal frappierend aktuelle Assoziationen auf, die sicherlich von Uwe Michael Lang nicht unbeabsichtigt sind.
Ein noch zu ergänzender Aspekt für die Effektivität des franziskanischen Impulses auf die Liturgie der römischen Kurie ist das zunehmend verstärkte Auftreten von Vollmissalien[101], in denen also alle Texte und Riten, die für die Messe gebraucht werden, in einem einzigen Buche zusammengestellt sind und die außerdem mit der vermehrten Dominanz von Privatmessen, die schon angedeutet wurde, in Zusammenhang und Wechselwirkung stehen.[102] Nicht uninteressant ist angesichts dieser Wechselbeziehung eine gewisse Distanz des Franziskus von Assisi gegenüber Privatmessen, die auch in The Roman Mass nicht verschwiegen wird. Im Jahr 1224 hatte nämlich der Heilige in einem Brief an alle Brüder „angeordnet, dass in den Häusern seines Ordens täglich nur eine Messe gefeiert werden solle. Wenn mehr als ein Priester in einem Haus war, sollte er an der Konventmesse teilnehmen und nicht einzeln zelebrieren.“[103] Lang folgt in der Begründung dieser Bestimmung der Vermutung Augustine Thompsons, Franziskus habe befürchtet, die Feier der Liturgie unter den Brüdern werde zur Routine verkommen und schlampig werden, stattdessen sollten sich die Brüder, die Priester waren, in der Feier der Konventmesse abwechseln und diese als feierliche Liturgie ihrer Gemeinschaft mit Diakon und Subdiakon unter Einhaltung aller erforderlichen Dienste und Riten begehen.[104]
Diese Vermutung mag etwas ansprechen, was richtig ist, denn die Nachlässigkeit in der Feier der Liturgie war einer der deutlichsten Kritikpunkte des Ordensgründers aus Assisi am Klerus seiner Zeit. Man muss aber auch bedenken, dass die Gemeinschaft um Franziskus anfänglich gar nicht als Orden und erst recht nicht hauptsächlich als Orden von Priestern und Klerikern gedacht (und gewollt) gewesen war. Das schließt nicht die Hochachtung aus, die Franziskus vor Priestern hatte, aber man muss doch mit der Möglichkeit rechnen, dass es in einer Gruppe von Brüdern, die gemeinsam unterwegs oder vor Ort waren, ohnehin nur einen einzigen gegeben hat, der zum Priester geweiht war.
In der schon in diese Rezension eingebundenen Doppelbiographie zu Franziskus und Klara, die beide „Lebensgeschichten in eine historisch verlässliche und spirituell ermutigende Zusammenschau bringen“ will, werden diese wie in einem Gespräch zwischen den historischen Gestalten des Bruder Rufinus, der ein Vetter Klaras war, und der Schwester Pacifica geschildert, einer früheren Nachbarin von ihr. Das folgende Zitat aus dieser Biographie spricht aus der Erzählperspektive des Bruder Rufinus zu uns: „Francesco […] war in den Eremitagen des Rietitals und in Sant‘ Urbano jedoch dankbar für ein anderes Privileg aus Rom: Honorius III. hatte uns am 3. Dezember 1224 zugestanden, ähnlich wie die Dominikaner Tragaltäre zu verwenden […], die es uns erlaubten, unterwegs und auch in entlegenen Eremitagen Eucharistie zu feiern[105]. Im Brief an den Orden ermahnte Francesco uns alle jedoch, täglich nur eine einzige Messe zu feiern und das gemeinsam zu tun: Die Bruderschaft sollte sich nicht aus egoistischen oder seelsorglichen Motiven gerade in jenen Feiern trennen, die die Gemeinschaft miteinander und mit Christus am tiefsten zum Ausdruck bringt und nährt.“[106]
Unsere historische Vorstellung von der Liturgie muss realistisch sein
Obwohl das siebte Kapitel noch einige andere Aspekte berührt, die zweifellos das Interesse des Lesers finden werden[107], soll am Abschluss unserer Vorstellung dieses Kapitels und Schrittes in der historischen Entwicklung doch die Feststellung stehen, die Lang bereits in seiner Einleitung dazu gemacht hat: „Mittelalterliche Quellen zur Liturgie sind generell beschreibend und vermitteln eine Vorstellung davon, wie ein Ritus [idealerweise, Anm. C. V. O.] gefeiert werden sollte. Sie berichten uns nicht, wie der Ritus tatsächlich bei konkreten Gelegenheiten ausgeführt worden ist. Während sie beanspruchen, verpflichtende Verbindlichkeit zu besitzen, bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass ihre Anweisungen auch wirklich immer buchstabengetreu befolgt worden sind. Darüberhinaus gilt für liturgische Bücher in den meisten geschichtlichen Zeitabschnitten, dass sie diejenigen im Blick haben, die mit der Ausführung des liturgischen Vollzugs betraut sind, und das sind vor allem Kleriker und Mönche. Es besteht ein Unterschied zwischen dem, von den liturgisch Handelnden durchgeführten Ritus und dem Ritus, wie die Gläubigen, die dabei anwesend sind, ihn erleben.“[108]
Dafür, dass das achte Kapitel gewissermaßen einem Kernanliegen Langs gilt, dass sich nämlich im Mittelalter (und auch danach) nicht bloß Zerfallsprozesse zeigen, die die liturgische Gestalt und theologische Aussage angreifen und in ihrer ursprungsgemäßen Reinheit korrumpieren, sondern auch Reifungen stattfinden, die beides: Gestalt und Gehalt, bereichernd zur Geltung bringen, wirkt es relativ knapp gehalten.[109]
Legitime Entwicklungen: organisch bedeutet nicht zwangsläufig originär oder monolithisch
Am Beispiel der Entwicklung der Commixtio wurde in dieser Rezension ausführlich aufgezeigt, worauf Lang mit dieser Schwerpunktsetzung vor allem aufmerksam machen möchte: Dass in der Liturgie oder in einem einzelnen Ritus sich eine Entwicklung als organisch legitimiert, bedeutet nicht, dass der Ritus durchgehend in allem so bleiben muss, wie er ursprünglich gewesen ist und auch nicht, dass er immer seinen ursprünglichen Sinn beibehält, sondern, dass die rituelle Ausformung, die er annimmt und die Bedeutung, die er gewinnt, ursprungskonform sind und bleiben.
Selbst falls es so etwas gibt, wie einen rein-römischen Ritus, haben wir schon gesehen, dass auch dieser sich nicht aus lediglich einer Quelle speist. Er besitzt außerdem die Fähigkeit zu echter Integration von Elementen, die nicht aus ihm selbst stammen, wie wir an der Rückwirkung seiner fränkischen Aneignung auf die Praxis der Päpste erkennen konnten. Mit einem gewissen Wortwitz ist auch die Tatsache verbunden, dass in Rom selbst statt eines also beinahe hypothetischen, rein römischen, vielmehr ein rheinisch-römischer Messritus angewandt wurde. Zuletzt haben wir mit Lang nachvollzogen, wie die franziskanische Übernahme des Ritus der päpstlichen Kurie bewirkt, dass diese die Rubriken und Bücher der Franziskaner annimmt und Honorius III. sie für ganz Rom verpflichtend vorschreibt. Mit dem Begriff des Organischen ist folglich bisweilen offensichtlich eine allzu eingleisige und glatte Vorstellung verbunden. Vielleicht wäre es ratsam, lieber von einer genuinen Entwicklung zu sprechen oder, mutatis mutandis teilweise medizinische Fachsprache bemühend, die Entwicklung sogar als kongenital-integrativ zu kennzeichnen.
Das Bild der spätmittelalterlichen Kirche ist ambivalent, aber nicht exklusiv krisenbestimmt
Die mittelalterliche Kirche und Christenheit befand sich nicht einseitig in einem Krisenmodus, der zwangsläufig zur protestantischen Reformation führen musste. Es gab in ihr Krisenerscheinungen und Symptome des Abstiegs oder Rückgangs, daneben und sogar damit verbunden zeigte sich indes genauso eine starke Vitalität: „In den zurückliegenden Jahrzehnten haben […] Historiker neue Perspektiven auf die Christenheit im Spätmittelalter eröffnet und hervorgehoben, dass Elemente, die einen Schwund anzeigen, Seit an Seit mit Faktoren existierten, die die Lebenskraft der Christenheit anzeigten und antrieben. In der liturgischen Forschung ist die herkömmliche Konzentration auf Texte zugunsten mannigfaltige Fachrichtungen einbeziehender Untersuchungen des spätmittelalterlichen Gottesdienstes erweitert worden, die aus musikalischem, künstlerischem, literarischem, soziologischem und in einem weiteren Sinne aus religiösem Interesse angestellt worden sind.“[110] Mit der Nennung dieser interdisziplinären Forschungsmotive belegt Lang abermals, dass sich sein Buch keineswegs nur an Theologen oder Liturgiewissenschaftler richtet. Die geistesgeschichtliche Dimension bezieht der Autor ein, indem er sich der Renaissance zuwendet, die unter Bezugnahme auf das griechisch-römische Altertum den Menschen ins Zentrum des Selbst- und Weltbildes rückt.[111]
Religion als symbolisches Kommunikationssystem
In diesem Kontext macht Lang Religion als System von Symbolen verständlich und fasst dieses mit Stanley J. Tambiah als „kulturell konstruiertes System symbolischer Kommunikation [auf], das Muster und geordnete Abfolgen von Worten und Handlungen konstituiert, die sich oftmals mehrerer Ausdrucksmittel bedienen und deren Inhalt und Anordnung in unterschiedlichem Grade durch Formalität (Konvention), Stereotypen (Beharrungskraft) , durch Verdichtung (Kondensat in Gehalt und Form; Fusion zum Konzentrat) sowie durch Redundanz (wiederkehrende Wiederholungen) gekennzeichnet sind.“[112] Gleichzeitig ist das Ritual nicht auf den Bereich der Religion beschränkt, sondern „ritualisiertes Verhalten ist Teil unseres täglichen Lebens, obwohl es die Sphäre der Religion ist, in der das Ritual am weitesten verbreitet ist und in der die Ritualisierung am deutlichsten wahrgenommen und am häufigsten geübt wird.“[113]
Nochmals ein Blick auf die lateinische Kirchensprache – historische Beispiele für die Volkssprache im Gottesdienst
Latein als Kirchensprache wurde bekanntlich in der Umsetzung der nachkonziliaren Liturgiereform der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und wird weiterhin von deren oft ideologisierten Befürwortern, die aktuell wieder Auftrieb haben und ihre Agenda jetzt mit allen Mitteln durchsetzen wollen, als Verständnisschranke und als Hemmschuh echter liturgischer Teilnahme wahrgenommen.
Vorher schon hat Lang selbst herausgestellt, dass das liturgisch stilisierte Latein zu keinem Zeitpunkt der Ebene der gesprochenen Umgangssprache angehört hat[114], jetzt aber kommt er auf das Thema der Kirchensprache zurück und erklärt: „Der vorherrschende Gebrauch des Lateins als Sakralsprache entfernte gewiss die Liturgie von der großen Mehrheit der Laien unter den Gläubigen, aber er richtete nicht eine so undurchdringliche Barriere für die Beteiligung des Volkes auf, wie häufig angenommen wird. In den Ländern, in denen die romanischen Sprachen gesprochen wurden, hatte sich die Volkssprache aus dem Lateinischen entwickelt und blieb ein Grundverständnis wenigstens dem Sinne nach gewahrt, den die liturgischen Texte vermittelten […], jedenfalls dann, wenn sich die Gläubigen dafür entschieden, sie aufmerksam anzuhören.“[115] Als beredten Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung führt Lang die Synode von Grado an, die 1296 die Diakone anwies, der liturgischen Verkündigung des Evangeliums keine melismatischen Melodien zu unterlegen, da dies sowohl das Verständnis der Botschaft seitens der Zuhörer behindere als auch deren Andacht störe.[116] Außer für die Stammbäume Christi, die zu Weihnachten und an Epiphanie zu singen waren, blieben musikalisch anspruchsvollere Evangelientöne nur gestattet, wenn ein neugeweihter Diakon zum ersten Mal nach seiner Weihe das Evangelium vortrug.[117]
Die Volkssprache, sogar verstanden als der von den Menschen gesprochene, muttersprachliche Dialekt, hatte damals durchaus Platz im Gottesdienst, und zwar in Form von Fürbitten: „Das volkssprachliche Gebet der Gläubigen in der sonntäglichen Hauptmesse, die in der Pfarrkirche gefeiert wurde, bot Gelegenheit zu einer Teilnahme des Volkes, die den Bedürfnissen der Gemeinschaft entsprach. […] Dieser volkssprachliche Ritus wurde während des Offertoriums (nach dem Oremus und vor der Secreta) eingeschoben, für gewöhnlich meistens nach der Beweihräucherung der Gaben und vor der Händewaschung des Priesters […]. Quellen aus Italien stechen hervor, indem sie davon abweichen und das Gebet der Gläubigen nach dem Sanctus oder, seltener, nach dem Agnus Dei platzieren.“[118]
Damit der Umfang unserer ohnehin schon ausführlichen und deswegen in zwei Teilen erscheinenden Rezension nicht völlig ausufert, werden manche Aspekte, die Lang im achten Kapitel außerdem anspricht, ausgelassen (wer sich entschließt, das Buch selbst zu lesen, soll ja auch noch Dinge erfahren, die er noch nicht aus dieser Besprechung weiß), auf andere wird bei der Vorstellung des neunten und letzten Kapitels im Zusammenhang mit der Interpretation der Bulle Quo primum zurückgekommen werden.
Der Innenraum spätmittelalterlicher Kirchen
Vom spätmittelalterlichen Kirchenraum muss man sich eine zutreffende Vorstellung machen, um später richtig zu erfassen und einzuordnen, welche sichtbaren architektonischen Änderungen die nachtridentinische Liturgiereform für den Ort nach sich zog, an dem normalerweise das Messopfer zelebriert wird. Dabei werden Gemeinsamkeiten in der Auswirkung und in den Motiven zu den vorgenommenen Umgestaltungen unbestreitbare Ähnlichkeiten mit der Liturgiereform, die auf das Zweite Vaticanum folgte, deutlich machen: „Das typische Innere einer spätmittelalterlichen Kirche war nicht als ein einheitlicher Raum konzipiert, sondern von einem komplexen System von Begrenzungen und Barrieren strukturiert. Während die Westkirche nie so weit gegangen ist wie die byzantinische Tradition, die eine Ikonostase [in den Kirchenraum, Anm. C. V. O.] einzog, welche den Altarraum vollständig vom Kirchenschiff trennt“[119], „entstanden ab dem ausgehenden 12. Jahrhundert gleichwohl […] Lettner, um den Hochaltar vom Schiff zu trennen. Dom-, Stifts- und Klosterkirchen hatten in der Regel vor dem Lettner einen [zweiten zentralen, Anm. C. V. O.] Altar, wo Messen für die Gläubigen gefeiert wurden, den man deswegen auch Laienaltar oder Kreuzaltar nannte.“[120]. Selbstverständlich wurde am Laienaltar, wie am Hauptaltar hinter dem Lettner, gen Osten gebetet und zelebriert, aber Funktion und Bezeichnung vor der tridentinischen Liturgiereform ähneln stark denen des Volksaltars, wie er landauf, landab im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil fast überall aufgestellt wurde.
Nach dem Tridentinum wurden die Lettner entfernt. Jedenfalls wurde dies angeordnet, und keine neuen Lettner mehr wurden errichtet. Das erklärte Ziel war die bessere (eigentlich die überhaupt erst wieder entstehende) Sichtbarkeit des Hochaltars, bessere Verständlichkeit und Partizipation der versammelten Gemeinde an der Liturgie.[121] Deswegen wurde der Kreuzaltar überflüssig und verschwand, genaugenommen aber verschmolz er mit dem Hochaltar zu einer Einheit. Als schwacher Rest des Lettners blieb die Kommunionbank.
Letztlich dieselbe Motivlage, die nach Trient zum Abbruch der Lettner führte und aus zwei Altären einen werden ließ, bewirkte bei deren landläufiger Umsetzung die Errichtung eines zusätzlichen Altars nach der Liturgiereform Pauls VI. An diesem erneut hinzugekommenen Altar freilich steht und agiert der Liturge in der Regel durchgehend versus populum – wieder mit der Begründung besserer Sichtbarkeit, Verständlichkeit und Teilnahme. Wenn auch noch die Kommunionbank verschwindet, entfällt, sieht man einmal von Altarstufen oder einer Altarinsel ab, die es noch geben mag, prinzipiell jede Raumgliederung, die Sphären sich steigernder Sakralität einander zuordnet und voneinander scheidet. Wir erreichen das neunte und letzte Kapitel von The Roman Mass und atmen auf.
Unmittelbare Vorgeschichte und Vorarbeiten zum Missale Romanum von 1570
In diesem „Schlusskapitel untersucht“ Lang „die Liturgiereform, die das Konzil von Trient (1545-1563) initiiert hat, und [er] legt dabei ein spezielles Augenmerk auf die Ausgabe des Missale Romanum des Jahres 1570, die im Nachgang dazu promulgiert wurde.“[122] Eines der Reformdesiderate während des Konzils war das Ersuchen um ein vereinheitlichtes Messbuch.[123] Neben anderen wichtigen Protagonisten in dieser Diskussion und in der praktischen Arbeit zur Erreichung des Zieles[124] tritt insbesondere die Gestalt des Kardinals Guglielmo Sirleto (1514-1585) insofern in Erscheinung, als Amato Pietro Frutaz das Exemplar eines Missale secundum morem Sante Romane Ecclesie entdeckt hat, das 1497 in Venedig gedruckt worden ist und zahlreiche handschriftliche Anmerkungen und Korrekturen Sirletos dokumentiert. Sirleto spielte eine Schlüsselrolle bei der nachtridentinischen Revision des Textes der Vulgata, bei der Zusammenstellung des Katechismus und eben auch bei der Reform der liturgischen Bücher.[125] In dem erwähnten Exemplar des Messbuchs „finden sich Sirletos Notizen hauptsächlich im Kalendarium, wo er zahlreiche Heilige gestrichen hat, und in den Eigentexten der Messen, wo er verschiedene Änderungen vorgenommen hat. Wenige Vorschläge regen Modifizierungen am Ordo Missae an. Seine Aufzeichnungen belegen die Momentaufnahme einer unabgeschlossenen Arbeit, die noch im Gange ist, und bei weitem nicht alle seine Anregungen sind [berücksichtigt und dann, Anm. C. V. O.] in die Editio typica des Missale Romanum von 1570 aufgenommen worden.“[126]
Die Streichung von Heiligenfesten aus dem liturgischen Kalender ist interessanterweise ein häufig vorgebrachter Kritikpunkt an der nachkonziliaren Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, und es gibt sicherlich Traditionalisten, die selbst auf kleinste Eingriffe in die Zusammenstellung der wechselnden Messtexte mit einer Abwehrhaltung reagieren würden. Unser Beispiel zeigt, dass das nicht dem Geist des Konzils von Trient entspricht, aber dennoch gab es die beschriebene Haltung schon in der Gotik, was auch Lang im siebten Kapitel bereits illustriert hat, wo er den Diakon und späteren Zisterziensermönch Nicola Magnacozza anführt, der sich im Pontifikat Innozenz II., also noch vor der Mitte des 12. Jahrhunderts, heftig der Änderung einiger Lesungen in der Fastenzeit und am Fest Peter und Paul (29. Juni) widersetzt mit der Begründung, die römische Liturgie sei unter der Führung des Heiligen Geistes zusammengestellt worden und solle daher unverändert bleiben.[127]
Der Ordo Missae des Johannes Burckard in der Fassung von 1502
Neben Indutus planeta spielte der Ordo Missae des gebürtigen Elsässers Johannes Burckard, in der Bearbeitung von 1502 eine weitreichende Rolle für die Missalereform des Trienter Konzils. Er war um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert „vor dem Hintergrund eines wachsenden Interesses, die liturgischen Zeremonien präzise auszuführen“[128], entstanden. Burckard war von 1483 bis 1503 Zeremoniar der päpstlichen Kurie in Rom und beanspruchte mit seinem Ordo Missae von 1502 Verbindlichkeit für die Privatmessen auch der Prälaten und selbst des Papstes. Ein Belobigungsschreiben des Papstes, Alexander VI., unterstützte diesen Autoritätsanspruch erheblich.[129] In liturgicis ist, so sei cum grano salis angemerkt, Alexander VI. weit günstiger als Paul VI. zu beurteilen, und so sind auch die Rubriken Burckards zur Grundlage derjenigen im MR1570 geworden.[130]
Die Bulle Quo primum  vom 14. Juli 1570 und weiterhin legitime liturgische Vielfalt
Kein Buch über die tridentinische Liturgiereform und das anschließend herausgegebene Messbuch von 1570 kann ohne eine Analyse der Einführungsbulle Quo primum[131] auskommen. Sehr bekannt ist die Regelung, auf die sich Fiedrowicz bezieht: „Pius V. erkannte gewiss die Grenzen der päpstlichen Vollmacht und respektierte die Rechte der Tradition, als er die Beibehaltung von Eigenliturgien zugestand, die wenigstens 200 Jahre alt waren, zum Beispiel die Riten von Mailand, Toledo, Braga, Lyon, Liège, Köln und Trier, ebenso die Ordensriten der Dominikaner und Kartäuser.“[132] Ähnlich erklärt Andreas Heinz: „Allzu häufig wird verschwiegen, dass die päpstlichen Einführungsbullen für Brevier und Messbuch Bistümern und Ordensgemeinschaften, die auf eine zweihundertjährige Eigentradition zurückschauen konnten, die Freiheit zugestanden, auch in der Folgezeit bei ihrer Eigenliturgie zu bleiben.“[133]
Strenggenommen handelte es sich dabei ursprünglich übrigens offenbar nicht um ein Zugeständnis, sondern um die Anordnung, dass Kirchen und Orden, die nachweislich einen wenigstens zweihundertjährigen Ritus besaßen, der kontinuierlich benutzt und dabei intakt geblieben, das heißt nicht durch Veränderungen, die unter reformatorischem Einfluss gestanden hatten, korrumpiert worden war, daran festzuhalten hatten.
Eigenriten, die beeinträchtigt worden waren, konnten nicht weitergeführt werden, selbst wenn der Ursprung der Eigentradition länger als 200 Jahre zurückgelegen hätte. Ein intakter Ritus konnte, für den Fall, dass das tridentinische Messbuch einer Ortskirche mit Eigentradition magis placeret, also: besser gefällt, zum tridentinischen Missale übergehen, allerdings grundlegend nicht nur die Zustimmung des Bischofs oder Prälaten, sondern zusätzlich auch die einstimmige des jeweiligen Kapitels vorausgesetzt. Eine hohe Hürde, die zeigt, dass Pius V. intakt gebliebene Eigenriten lieber fortgeführt, als zugunsten unbedingter Uniformität mit Rom aufgegeben sehen wollte.
Ich stelle dies hier so deutlich heraus, weil es besser verständlich macht, was in der Bulle Quo primum gemeint ist, wenn es anschließend heißt, dem tridentinischen Messritus dürften keine anderen Zeremonien oder Gebete hinzugefügt beziehungsweise zusätzlich verrichtet werden, oder aber solche, die das MR1570 enthält, dürften nicht weggelassen werden oder unterbleiben.
Ein Exkurs: Die Trierer Eigenliturgie von 1345 und das Missale Trevirense von 1608/1610
Die Kirche von Trier hatte einen Eigenritus, der sich auf das Jahr 1345 zurückführen ließ.[134] Als das MR1570 herauskam, war in Trier das eigene Messbuch in seiner Ausgabe von 1547 in Gebrauch.[135]Zuletzt wurde das Trierische Missale 1608 gedruckt und 1610[136] wegen der hohen Nachfrage unverändert nachgedruckt.[137] Noch im 19. Jahrhundert bedienten sich viele Trierer Diözesanpriester des Trierischen Breviers, das zuletzt 1748 erschienen war[138], und auch der Trierische Messritus lebte fort. Problematisch war, dass in Ermangelung eines MTrev1608/10  vielfach langst das römisch-tridentinische Messbuch am Altar benutzt wurde, dabei aber die Rubriken des Trierischen Ritus auf dieses angewandt wurden[139], was in Widerspruch zu Quo primum stand. Selbstverständlich wurde in der Bulle umso mehr untersagt, Texte und Zeremonien, die aus Missalien stammten, die der 200-Jahre-Klausel nicht genügen konnten oder zwar so alt, aber nicht intakt geblieben waren, bei Verwendung des MR1570 in die Zelebration zu integrieren.
Der offizielle Übergang des Bistums Trier zur vollständig tridentinischen Liturgie und die Schieflage seines Zustandekommens
Erst am 1. Januar 1888 wurde in Trier offiziell und vollständig das römisch-tridentinische Brevier und Messbuch eingeführt.[140] Dabei behielten Priester, die 50 Jahre und älter waren, grundsätzlich das Recht, am Trierischen Brevier festzuhalten, aber der Bischof hatte auch das Recht, Priestern, die ein Exemplar des letzten Trierischen Altarmessmessbuchs besaßen, zu gestatten, dieses bis an ihr Lebensende weiterhin zu benutzen.[141] Jüngere Priester mussten um die Erlaubnis auch hinsichtlich des Breviers beim Bischof ansuchen. Allerdings war vorausgesetzt, dass die Priester, die am Trierischen Brevier (und Missale) festhalten wollten, diese liturgischen Bücher auch schon vorher benutzt haben mussten, also war offenbar nicht vorgesehen, dass nach dem 1. Januar 1888 für das Bistum Trier neugeweihte Subdiakone weiterhin die Möglichkeit haben sollten, ihrer durch die Weihe entstandenen Brevierpflicht durch Übernahme des BTrev 1748 nachzukommen oder dass danach neugeweihte Trierer Diözesanpriester beginnen würden, nach dem MTrev1608/1610 zu zelebrieren. Dass der Trierer Eigenritus einschlafen würde, war also abzusehen und beabsichtigt, was den ganzen Vorgang, der nicht von Rom gefordert, sondern von Trier aus angestoßen worden war, ganz und gar nicht unproblematisch dastehen lässt.[142]
Es ist sehr bedauerlich, dass Fiedrowicz, selbst ordentlicher Professor für Patrologie in Trier, diese Problematik in den historischen Entwicklungen hin zum Erlöschen der legitimen Trierer Eigentradition und –liturgie nicht zu sehen scheint, jedenfalls mit keinem Wort anspricht.[143]
Selbst im 19. Jahrhundert bestand in der Liturgie größere Freiheit und Eigenverantwortung der Bischöfe als unter Papst Franziskus
Der Übergang zur römisch-tridentinischen Einheitsliturgie geschah im Pontifikat Leos XIII., ein Kontakt von Trier nach Rom bestand in dieser Angelegenheit, wie aufgezeigt, schon seit 1863[144], reichte also in das äußerst zentralistische und papalistische Pontifikat Pius IX. zurück. An diesem Beispiel sollte als aktueller Bezug gezeigt werden, welch weitreichende Kompetenz im Bereich des Gottesdienstes im eigenen Territorium einem Diözesanbischof selbst damals von Rom nicht streitig gemacht wurde; unter Franziskus und Kardinal Roche 2023 aber auf einmal, Synodalität hin oder her, nicht mehr existieren soll.
Nach diesem Exkurs in den deutschsprachigen Raum zurück zur eigentlichen Rezension von The Roman Mass, denn selbstverständlich thematisiert auch Lang die liturgische Einheit bei Vielgestaltigkeit, die die spätmittelalterliche (Mess-)Liturgie ausmacht.[145] Naheliegend, dass er für diese Diversität ein Beispiel aus England wählt und den Ritus von Sarum nennt.[146]
Bei seiner Beschäftigung mit Quo primum, die nicht sonderlich detailliert ist, legt er das Gewicht auf die Klärung der Frage, was es bedeutet, wenn es in der Bulle heißt, man habe sich mit dem neuvorgelegten Missale an der altehrwürdigen Norm und dem Ritus der heiligen Väter ausgerichtet: Der Kirchenväterbegriff war zeitlich wesentlich weniger stark eingeschränkt, als es heute in der Patrologie der Fall ist, so dass, ungebrochen auf Basis des Ritus Romanus I[147],die gemischt fränkisch-römische Messordnung, die sich seit dem Pontifikat Gregors VII. (1073 bis 1085) in Rom etabliert hatte, die wesentliche Grundlage der tridentinischen Kodifizierung bilden konnte[148], und zwar in der Fassung, die der Messordo nach dem Zwischenschritt über Indutus planeta im Ordo Missae des Burckard aus dem Jahre 1502[149] mittlerweile angenommen hatte.[150]
Auch die tridentinische Liturgiereform brachte deutliche Eingriffe in den Heiligenkalender mit sich
Wir nähern uns damit dem Ende des Buches und unserer Rezension. Es folgen einige Bemerkungen zum Ordo Missae des tridentinischen Messbuchs.[151] Nicht so ganz ins häufig favorisierte Geschichtsbild, das man sich von der Arbeit des Konzils von Trient an einer Revision der liturgischen Bücher beziehungsweise von der durch Pius V. durchgeführten Liturgiereform gerne macht, mag es sich fügen, dass auch damals starke Eingriffe in den liturgischen Kalender mit Streichung von Heiligen erfolgten oder zumindest die Zurückdrängung der liturgischen Feier von Heiligenfesten zugunsten der durch die Sonntage und das Kirchenjahr vorgegeben Prägung angestrebt und durchgesetzt wurde.[152] Lang arbeitet heraus, dass die Grundform, die die Messe im tridentinischen Messbuch hat, die stille Messe ist, wie sie in der Privatmesse vorliegt.[153] Vielleicht hätte er dabei deutlicher machen können, dass diese äußerst reduzierte Form deswegen nicht als liturgisches Ideal behauptet wird, sondern sie lediglich praktisch-rubrizistisch die Grundlage bildet, auf der alle volleren Feiergestalten der Messliturgie bis hin zum Pontifikalamt und der Papstmesse beruhen.
Das Buch hat den Werdegang des tridentinischen Ordo Missae bis 1570 aufgezeigt
In der Hauptsache hat The Roman Mass den Entwicklungsgang hin zum tridentinischen Ordo Missae nachvollzogen. Deswegen befasst sich Lang in seinem Buch nicht mit den späteren Editiones typicae des tridentinischen Missale Romanum.[154] Da der Focus auf dem Ordo Missae lag und das Werk insofern vielleicht treffender The Order of the Roman Mass (unter Beibehaltung des bestehenden Untertitels) heißen würde, ist es folgerichtig, wenn sich jetzt der zweite Appendix des Buches anschließt, der schon erwähnt und auf den in der Besprechung auch schon öfters vorausgegriffen wurde. Er enthält den Ordo Missae der Editio Princeps (1570), sogar in der typischen lateinischen Orthographie des 16. Jahrhunderts, dem in der jeweils rechten Spalte eine englische Übersetzung gegenübersteht, die Lang aus der amtlichen Übersetzung der US-amerikanischen Bischofskonferenz von 1966 und der Übersetzung (des nachvatikanischen) Missale Romanum (nach dessen Editio typica tertia), wie sie 2011 die Londoner Catholic Truth Society publiziert hat, kompiliert.[155]
Text des gregorianischen und des tridentinisch kodifizierten Messkanons in seinem Latein vergleichen
Meine Anregung wäre es, in einer etwaigen Folgeauflage den zweiten Anhang dahingehend abzurunden, dass man dem gregorianischen Urkanon[156] den tridentinischen Canon Missae[157] in Latein gegenüberstellt, um die insgesamt äußerst geringfügigen Unterschiede (zumeist nur sprachlich-grammatikalisch geschmeidigere Lösungen in einzelnen Formulierungen, die zum Beispiel eine Ãœbersetzung entweder gar nicht oder kaum beeinflussen) eindrucksvoll deutlich zu machen. Zugleich würden dabei spezielle Ãœbereinstimmungen, die auch isoliert für sich betrachtet theologisch signifikant sein können[158] und die ganz vereinzelten Abweichungen, die aus demselben Grunde ebenfalls interessant sind[159], dem Leser – eventuell durch Fettsatz hervorgehoben – auf einen Blick vor Augen gestellt.
Wenn man sich auf den Ordo Missae beschränkt, können die rituellen Änderungen in der Osternacht (1951) und in der Karwoche (1955/1956), die erst 1962 in eine Editio typica des tridentinischen Messbuchs Eingang fanden, außeracht bleiben[160], wenn man benennt, worauf Uwe Michael Lang mit seinem Buch offensichtlich hinaus will: In der nachtridentinischen Liturgiereform hat Pius V. den Ritus der römischen Kirche, wie er sich, auf durchaus verschlungenen Wegen und mit unterschiedlichen Zuflüssen; mitunter und gar nicht so selten in Beziehungen des Austauschs und der Aneignung nicht originär römischer Beiträge bis dahin dargestellt hatte, kodifiziert. Mit Quo primum konnte und wollte Pius V. dieses Recht, den Ritus Romanus zu kodifizieren, nicht auf das Konzil von Trient oder sich persönlich in der Weise allein beziehen, dass er es künftigen Konzilien oder Päpsten endgültig hätte nehmen können und wollen oder abgesprochen hätte.
Liturgiereform Pauls VI. überschritt nach 1965 die Grenzen einer neuerlichen konziliaren Kodifikation
Obwohl Lang diesen nicht betrachtet, muss der Ordo Missae von 1965[161] an dieser Stelle genannt werden, der am 27. Januar 1965 promulgiert worden[162] und am 7. März 1965 in Kraft getreten war[163], um die Sinnspitze, die Uwe Michael Lang in The Roman Mass anzielt, scharf herauszustellen. Dazu besonders geeignet ist ein Zitat des Regensburger Liturgiewissenschaftlers Klaus Gamber: „Während die genannte Revision des Jahres 1965 den traditionellen Ritus unangetastet ließ und gemäß Artikel 50 der Liturgiekonstitution vor allem einige spätere Einfügungen in den Meßordo beseitigte, hat man durch den ‚Ordo missae‘ des Jahres 1969 einen neuen Ritus geschaffen. Dadurch wurde der bisherige nicht im Sinn des Konzils revidiert, sondern gänzlich abgeschafft und einige Jahre später sogar ausdrücklich verboten. Aus all dem ergibt sich die Frage: Ist eine solche radikale Neugestaltung noch im Rahmen der kirchlichen Tradition? Eine Berufung auf das Konzil […] scheidet jedenfalls aus. Daß einige Stücke des bisherigen Meßbuchs auch im neuen erhalten geblieben sind, genügt nicht, […] um von einer Kontinuität des römischen Ritus zu sprechen, wenn auch dieser Nachweis immer wieder versucht wird.“[164]
Der Ordo Missae von 1965 hatte nicht mit der bisherigen liturgischen Tradition römischer Prägung gebrochen
Hätte sich die Gesamtreform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Rahmen dessen bewegt, was man im Messordo von 1965 vor sich hat, wäre man eventuell auch nicht mit jedem Detail der Reform glücklich gewesen, sie wäre aber eine wirkliche, neuerliche Kodifikation des Römischen Ritus (in Langs Buch besonders bezogen auf die Messliturgie) gewesen und geblieben – diesmal in der Autorität und im Auftrag des Zweiten Vatikanischen Konzils und umgesetzt von Paul VI. Wieder bezogen auf die Messe wurde dieser Rahmen mit allen Maßnahmen nach dem Ordo von 1965 verlassen und 1969 vollends gesprengt.
Das Problem liegt also nicht darin, wenn Katholiken die Messe nicht so feiern möchten, wie es die Päpste seit 1969 ausschließlich tun, sondern vielmehr darin, dass die Päpste (in seinem Pontifikat leider auch Benedikt XVI.) seit 1969 aufgehört haben, den substantiell römischen Ritus zu feiern.
Daran ändert es auch nichts, wenn Papst Franziskus den Ritus Pauls VI. in Traditionis Custodes rein rechtspositivistisch zum einzigen Ausdruck des Römischen Ritus erklärt hat. Es steht im Raum, dass die berühmte Feststellung Benedikts XVI., der Gebrauch des MR1962 sei niemals rechtlich abrogiert worden, seinen Nachfolger im Amt zusammen mit Kardinal Roche noch dazu anstachelt, dieses unverzeihliche Versäumnis endlich ungeschehen machen zu wollen.
Langs Werk erscheint in einem entscheidenden Augenblick
Uwe Michael Langs Werk The Roman Mass ist in einem denkbar ungünstigen und gerade deswegen im goldrichtigen Moment erschienen. Eine deutsche Ausgabe wäre ein Desiderat und möglicherweise in Zusammenarbeit mit dem Johannes Verlag in Einsiedeln zu erreichen, wo auch schon Langs Bücher zur Gebetsostung[165] und Kirchensprache[166] in deutschen Übersetzungen erschienen sind. Der Cambridge University Press und ihrem Lektorat gebührt hohe Anerkennung. Das Buch erscheint in allen Aspekten tadellos und ansprechend gestaltet. Bei der Lektüre, ich mag etwas übersehen haben, ist mir im gesamten Buch ein einziger, winziger Orthographie- beziehungsweise Druckfehler aufgefallen.[167] Das Werk wird außerdem bereichert und verschönert durch verschiedene Schwarz-Weiß-Abbildungen.[168] Auf den Anhang zum neunten Kapitel[169] folgt noch ein kurzer Epilog[170] und schließlich ein beeindruckend ausführliches Verzeichnis der verwendeten Literatur[171], das der interessierte Leser dazu benutzen kann, zur weiteren Beschäftigung mit einzelnen Detailfragen, häufig zwar entlegene, aber wichtige Studien zu vielfältigen Aspekten und Spezialthemen der Liturgie und darüber hinaus zu finden. Abschließend möchte ich anmerken, dass ich für diese Rezension aus Gründen der Straffung darauf verzichtet habe, die Entwicklung insbesondere des Gregorianischen Chorals und der Kirchenmusik insgesamt zu berücksichtigen.[172]
Resümee und Schluss
Ein gewisses Hindernis für die Verbreitung von Langs These und Anliegen in The Roman Mass dürfte der leider enorm hohe Preis sein. Speziell für jene, die diesen beim besten Willen nicht aufbringen können, habe ich diese außergewöhnlich detaillierte Buchvorstellung auf mich genommen. Alle anderen seien mit dieser Besprechung ausdrücklich dazu ermuntert, vor der Anschaffung und Lektüre nicht zurückzuscheuen. Eine Übersetzung in Langs Muttersprache habe ich schon angeregt; sein Englisch ist sehr schön und teils sicher gehoben, dabei aber gut verständlich und flüssig zu lesen und kann für den einen oder andern obendrein für das eigene Englisch sicherlich eine willkommene Anregung oder Auffrischung sein. Wenn man eventuell für die ersten beiden Kapitel eine gewisse Einschränkung macht, ist das Buch auch für den theologischen Laien, der die Bereitschaft hat, sich ernsthaft in die Thematik zu vertiefen und dabei nicht nur herkömmliche traditionalistische Denkmuster und Argumente bestätigt finden will, gut lesbar und ausgesprochen zu empfehlen.
Bibliographische Angaben und Bestellmöglichkeit: https://www.amazon.de/Roman-Mass-Christian-Origins-Tridentine-ebook/dp/B0B4F1B8LP.
[1] Vgl. Lang, U. M., The Roman Mass. From Early Christian Origins to Tridentine Reform, Cambridge 12022, fortan zitiert als Lang, The Roman Mass.
[2] Vgl. Thalhofer, V., Das Opfer des alten und des neuen Bundes unter besonderer Rücksicht auf den Hebräerbrief und die katholische Meßopferlehre exegetisch-dogmatisch gewürdiget, Regensburg 11870, fortan zitiert als Thalhofer, Das Opfer.
[3] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 154.
[4] Vgl. ebd., S. 155.
[5] Vgl. ebd., a. a. O.
[6] Ebd., a. a. O.
[7] Vgl. ebd., S. 156f.
[8] Vgl. ebd., S. 158-163, vgl. dazu auch Ebner, A., Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kunstgeschichte des Missale Romanum im Mittelalter. Iter Italicum, Freiburg im Breisgau 11896, Graz (unveränderter, photomechanischer ND) 21957, fortan zitiert als Ebner, Quellen und Forschungen, S. 362.
[9] Vgl. ebd., S. 163-166.
[10] Vgl. ebd,, S. 166-169.
[11] Ebd., S. 166.
[12] Ebd., S. 167.
[13] Vgl. ebd., S. 167f.
[14] Vgl. ebd., S. 169-173.
[15] Vgl. ebd., S. 194.
[16] Vgl. ebd. a. a. O. Beim Per ipsum hat der Papst bereits in einer sehr ähnlichen Geste den Rand des vom Erzdiakon erhobenen Kelches mit der in der Messe, die er gerade dabei ist, zu feiern, konsekrierten Hostie berührt, vgl. ebd., S. 171.
[17] Vgl. ebd., S.195.
[18] Diese deutsche Übersetzung schließt hier absichtsvoll so exakt wie möglich an die englische Formulierung im Buch an; aus dem Lateinischen übersetzt müsste das Begleitgebet im Deutschen meines Erachtens genauer: „Die Ineinsmischung/Zusammenmischung/Vermischung und Konsekration des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus werde uns Empfangenden zum ewigen Leben. Amen“ lauten.
[19] Lang, The Roman Mass, S. 195.
[20] Ebd., S. 194.
[21] Ebd., S. 195f.
[22] Vgl. ebd., S. 195.
[23] Vgl. ebd., S. 201.
[24] Vgl. ebd., S. 386, linke Spalte.
[25] Erfreulicherweise hat man sich in der Übersetzung im Volksmissale der Priesterbruderschaft St. Petrus in dessen neuester Auflage dafür entschieden, consecratio nicht mehr wie seit der Existenz dieses neuen Handmessbuches 2015 mit dem allgemeinen Begriff der Weihung wiederzugeben (und vorher auch nicht nur von Mischung zu sprechen), sondern folgende, insgesamt präzise Übersetzung zu wählen: „Diese Vermischung und Konsekration des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus gereiche uns Empfangenden zum ewigen Leben. Amen“, vgl. Ramm, M., Volksmissale. Das vollständige römische Messbuch nach der Ordnung von 1962 lateinisch/deutsch, Thalwil 42022, S. 41*, rechte Spalte. Die ohnehin schon mustergültige Übersetzung Ramms hat in dieser jüngsten Auflage auch an anderen, teils zentralen und bei jeder Messe wiederkehrenden, Stellen noch entscheidend an Qualität und Texttreue gewonnen.
[26] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 196f, wo Lang drei hauptsächliche Hypothesen, die vorgebracht wurden, nennt und etwas ausführlicher referiert.
[27] Vgl. ebd., S. 199. Wohl versehentlich zitiert Lang den Beginn der Formel hier in ihrer ursprünglichen Fassung anstatt als Haec commixtio.
[28] Thalhofer, Das Opfer (wie Anm. 2), S. 5, Anm. 1.
[29] Vgl. ebd., S. 255-257.
[30] Vgl. ebd., S. 257. Wie schon im ersten Teil dieser Rezension in der dortigen Anm. 39 vermerkt, wird die originale Rechtschreibung in Thalhofers Buch bei allen direkten Zitaten daraus bewusst beibehalten.
[31] Vgl. Olver, M. S. C., Hoc est sacrificium laudis. The Influence of Hebrews on the Origin, Structure and Theology of the Roman Canon Missae, S. 372f. Mit dieser Dissertationsschrift wurde Olver 2018 an der Marquette University in den USA zum Doktor der Philosophie promoviert. Allem Anschein nach ist sie nach wie vor leider noch immer nicht als Buch publiziert worden, steht aber immerhin auf der Internetpräsenz der Universität kostenfrei zum Download zur Verfügung: „Hoc Est Sacrificium Laudis: The Influence of Hebrews on the Origin, St“ by Matthew S. C. Olver (marquette.edu), aufgerufen am 12. 02. 2023. Die Berücksichtigung dieser vorzüglichen, akribischen Arbeit hätte Langs Beschäftigung mit dem Hebräerbrief, vgl. Lang, The Roman Mass, S. 39f, vor allem aber sein, sein gesamtes Buch durchziehendes, Anliegen, die Verwurzelung der eucharistischen Opferhandlung in Christi Worten und Taten beim Letzten Abendmahl als unentbehrlich und entscheidend effektiv zu akzentuieren, noch zusätzlich enorm bereichern können. So macht Olver etwa auf die interessante Beobachtung aufmerksam, dass der spezifische Begriff hostia, der offenbar ebenfalls unter dem Einfluss des Hebräerbriefs steht, im Hochgebetszitat des Ambrosius, in der Rekonstruktion eines möglichen, gregorianischen Urtextes des Canon Romanus und in dessen tridentinischem textus receptus übereinstimmend als Bezeichnung des eucharistischen Opfers unverzüglich nach dem Einsetzungsbericht (!) erstmals auftritt (vorher begegnen nur sacrificium und oblatio), was darauf hindeutet, dass der neu hinzukommende Terminus hostia belegt, dass mit dem Einsetzungsbericht und dem Aussprechen der Worte Christi in ihm, die Vorstellung einer signifikanten Veränderung verbunden ist, so dass alsbald danach eine neue Qualität als nunmehr eingetreten angenommen wird, die man bis zum oder vor dem Einsetzungsbericht als noch nicht bestehend ansieht, vgl. Olver, M. S. C., a. a. O., S. 326 und Lang, The Roman Mass, S. 147, linke Spalte (im Ergo memores), S. 147, rechte Spalte (im Unde et memores sumus) und S. 382, linke Spalte (im Unde et memores).
[32] Zitiert nach Witt, Th., Repraesentatio Sacrificii. Das eucharistische Opfer und seine Darstellung in den Gebeten und Riten im Missale Romanum 1970, Paderborn 12002, S. 258.
[33] Lang, The Roman Mass, S. 201.
[34] Ebd., S. 199f.
[35] Vgl. Benedikt XVI., Sacramentum Caritatis: Nachsynodales Apostolisches Schreiben über die Eucharistie – Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche (22. Februar 2007) | BENEDIKT XVI. (vatican.va), Nr. 49 i. V. m. Anm. 150, aufgerufen am 13. 02. 2023.
[36] Vgl. dazu Richter, Th., Paxtafeln und Pacificalia. Studien zu Form, Ikonographie und liturgischem Gebrauch, Weimar 12003.
[37] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 110f.
[38] Vgl. ebd., S. 118-121.
[39] Vgl. ebd., S. 2.
[40] Ebner, Quellen und Forschungen (wie Anm. 8), S. VII.
[41] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 2.
[42] Hollerich, J.-C., https://www.katholisch.de/artikel/43542-kardinal-hollerich-ein-schisma-soll-man-nicht-herbeireden, in seiner Antwort auf die dritte von insgesamt elf Interviewfragen, die dem Kardinal, der Generalrelator der Weltsynode ist, von Ludwig Ring-Eifel im Auftrag der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) gestellt wurden, aufgerufen am 16. 02. 2023.
[43] Lang, U. M., The Liturgical Legacy of Pope Benedict XVI – Adoremus, aufgerufen am 16. 02. 2023-
[44] Vgl. ebd., a. a. O.
[45] Ebd., a. a. O.
[46] Vgl. dazu jetzt auch das am 21. 02. 2021 veröffentlichte Reskript (und mögliche Folgedokumente) zur weiteren Marginalisierung und machtbesessenen Ausgrenzung der überlieferten römischen Liturgie auf dem Stand von 1962 aus dem offiziellen Raum der Kirche und meinen Kommentar dazu Oldendorf, C. V., https://www.kathnews.de/keine-schlupfloecher-mehr-aus-traditionis-custodes, aufgerufen am 22. 02. 2023.
[47] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 204-212, vgl. dazu auch Heid, St., Altar und Kirche. Prinzipien christlicher Liturgie, Regensburg, 12019, als Beispiel für den schon lange zurückreichenden Verlust eines überzeugten Bewusstseins für die Raumqualität echter liturgischer Ostung führt Heid das warnende Gegenbeispiel der Sixtinischen Kapelle an, a. a. O., S. 441.
[48] Vgl. Lang, U. M., Conversi ad Dominum. Zu Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung, Einsiedeln 52010.
[49] Lang, The Roman Mass, S. 213.
[50] Vgl. ebd., a. a. O.
[51] Ebd., a. a. O.
[52] Vgl. ebd., S. 214.
[53] Ebd., a. a. O.
[54] Vgl. ebd., a. a. O.
[55] Ebd., S. 215.
[56] Vgl. ebd., S. 216.
[57] Vgl. ebd., 214.
[58] Vgl. ebd., S. 216-225.
[59] Vgl. ebd., S. 225.
[60] Ebd., S. 226.
[61] Vgl. ebd., a. a. O.
[62] Ebd., S. 228.
[63] Vgl. ebd., a. a. O.
[64] Vgl. ebd., S. 234f, hier kommt spontan wieder ein aktueller Bezug in den Sinn mit der Frage, ob das vom Messritus Pauls VI. noch gesagt werden kann.
[65] Ebd. S. 235.
[66] Ebd. a. a. O,
[67] Vgl. ebd., S. 235f.
[68] Ebd., S. 238.
[69] Ebd., S. 236.
[70] Vgl. ebd., S. 238-241.
[71] Der emeritierte Ordinarius für Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Trier, Andreas Heinz, arbeitet aktuell an einer deutschen Neuübersetzung und an einer durchgehenden Kommentierung dieser liturgiegeschichtlich bedeutsamen Erschließung und Auslegung des Gottesdienstes der Kirche, die insofern einen geschichtlichen Bezug zu Trier aufweist, als ihr Verfasser in den Jahren 809 bis 814 als Erzbischof von Trier aufscheint. Es wäre sehr wünschenswert, wenn dieses Buchprojekt 2023 abgeschlossen werden würde und so während des 1200. Jubiläumsjahres des Werkes, publiziert werden könnte.
[72] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 241-246, hier: S. 241.
[73] Vgl. ebd., S. 246-249.
[74] Ebd., S. 255.
[75] Vgl. ebd., S. 256.
[76] Vgl. ebd., S. 257.
[77] Vgl. ebd., S. 261-268.
[78] Vgl. ebd., S. 266.
[79] Vgl. ebd., S. 267.
[80] Ebd., S. 257.
[81] Ebd., S. 268.
[82] Vgl. ebd., a. a. O.
[83] Vgl. ebd., S. 268-275.
[84] Vgl. ebd., S. 275.
[85] Ebd., S. 275f.
[86] Vgl. ebd., S. 276.
[87] Ebd., S. 277.
[88] Ebd., S. 279.
[89] Vgl. Van Dijk, St. J. P./Walker, J. H., The Origins of the Modern Roman Liturgy. The Liturgy of the Papal Court and the Franciscan Order in the Thirteenth Century, London 11960.
[90] Lang, The Roman Mass, S. 283.
[91] Vgl. zu diesem und seinem Vorgänger Guido I. Kreidler-Kos, M./Kuster, N., Bruder Feuer und Schwester Licht: Franz und Klara von Assisi. Zwei Lebensgeschichten im Dialog, Ostfildern 12021, fortan zitiert als Kreidler-Kos/Kuster, Bruder Feuer und Schwester Licht, S. 59f i. V. m. Anm. 96.
[92] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 284.
[93] Vgl. zu diesen Anfangsjahren der franziskanischen Bewegung insgesamt jetzt die erzählerisch in sehr gewinnendem Stil geschriebene Doppelbiographie Kreidler-Kos/Kuster, Bruder Feuer und Schwester Licht (wie Anm. 91).
[94] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 283.
[95] Vgl. ebd., S. 284.
[96] Vgl. ebd., S. 284-288.
[97] Vgl. ebd., S. 285.
[98] Vgl. ebd., S. 287. Das den Priester einschließende nos/uns wird von heutigen Traditionalisten manchmal dahingehend überdehnt, dass damit ein Priester eigentlich nicht seinen priesterlichen Segen spende, sondern nur ganz allgemein den Segen Gottes auf sich und alle anderen herabrufe, was jeder Laie könne.
[99] Vgl. ebd., a. a. O.
[100] Ebd., a. a. O.
[101] Vgl. dazu Ebner, Quellen und Forschungen (wie Anm. 8), S. 359-363.
[102] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 288-295.
[103] Ebd., S. 295.
[104] Vgl. ebd., a. a. O.
[105]An dieser Stelle merkt man doch, dass es sich um die fiktive Schilderung einer Person aus dem Mittelalter handelt, denn wenn Bruder Rufinus aus dem 13. Jahrhundert mit uns sprechen würde, würde er ganz bestimmt nicht „Eucharistie feiern“ sagen.
[106] Kreidler-Kos/Kuster, Bruder Feuer und Schwester Licht (wie Anm. 91), S. 177, vgl. dazu auch Holter, B., Zum besonderen Dienst bestellt. Die Sicht des Priesteramtes bei Franz von Assisi und die Spuren seines Diakonates in den Opuscula, Werl 11992, S. 121-204.
[107] Beispielsweise die Verehrung und Aufbewahrung der Eucharistie, die theologische Ausfeilung des Begriffes der Transsubstantiation, das allmähliche Aufkommen des Zeigegestus der Elevation zunächst der gewandelten Hostie allein oder die Einführung des Fronleichnamsfestes, vgl. Lang, The Roman Mass, S. 295-303.
[108] Lang, ebd., S. 6.
[109] Vgl. ebd., S. 307-342.
[110] Ebd. S. 307.
[111] Vgl. ebd., S. 310.
[112] Ebd., S. 311.
[113] Ebd., S. 312.
[114] Vgl. ebd., S. 109.
[115] Ebd., S. 314.
[116] Vgl. ebd., a. a. O.
[117] Vgl. ebd., a. a. O.
[118] Ebd., S. 315f.
[119] Ebd., S. 338.
[120] Ebd. S. 339.
[121] Damit werden die Auswirkungen des Konzils von Trient auf die Architektur und Gestaltung des Kirchenraumes, denen Lang sich im neunten Kapitel eingehender widmet, vgl. ebd., S. 357-362, hier auf ein prominentes Detail konzentriert, vorgezogen und nur kurz angeschnitten.
[122] Ebd. S. 343.
[123] Vgl. ebd., S. 345.
[124] Vgl. ebd. S. 346-349.
[125] Vgl. ebd. S. 350.
[126] Ebd., a. a. O.
[127] Vgl. ebd. S. 281.
[128] Ebd., S. 332.
[129] Vgl. ebd., S. 333.
[130] Vgl. ebd., S. 335.
[131] Bekanntlich in jedem tridentinischen Altarmessbuch eingangs in lateinischer Sprache abgedruckt und einsehbar.
[132] Vgl. Fiedrowicz, M., The Traditional Mass. History, Form and Theology of the Classical Roman Rite, Brooklyn 12020, fortan zitiert als Fiedrowicz, The Traditional Mass, S. 33.
[133] Heinz, A., Im Banne der römischen Einheitsliturgie. Die amtliche Einführung der römisch-tridentinischen Liturgie im Bistum Trier in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Ders., Liturgie und Frömmigkeit. Beiträge zur Gottesdienst- und Frömmigkeitsgeschichte des (Erz-)Bistums Trier und Luxemburgs, Trier 12008, S. 243-281, fortan zitiert als Heinz, Einheitsliturgie, hier: S. 244.
[134] Vgl. ders., Diözesanliturgien in Deutschland nach dem Konzil von Trient: Münster – Köln – Trier, in: MThZ 67 (2016), S. 332-350, hier: S. 345.
[135] Vgl. Heinz, Eigenliturgie (wie Anm. 133), S. 250 , Anm. 28.
[136] Ein Exemplar des MTrev1610 kann online konsultiert werden: https://www.dilibri.de/pstrdfg/content/titleinfo/804457?lang=en, aufgerufen am 26. 02. 2023. Der Trierer Messritus (Ordo Missae) findet sich im Messbuch, S. 214-267, die Trierischen General- und die ausführlichen Messrubriken ziemlich zu Beginn des Messbuches auf unpaginierten Seiten, man findet sie aber leicht durch Aufruf der Suchhilfe 3r-13r der Digitalisierung.
[137] Vgl. Heinz, Einheitsliturgie (wie Anm. 133), S. 250, Anm. 28.
[138] Vgl. ebd., S. 251, Anm. 29.
[139] Vgl. ebd., S. 252, wo die Anfrage des Trierer Bischofs an die römische Ritenkongregation vom Dezember 1863 zitiert wird, ob dies zulässig sei beziehungsweise gestattet oder geduldet werden könne.
[140] Vgl. ebd., S. 274.
[141] Vgl. ebd., S. 275, Anm. 80.
[142] Vgl. dazu ab 1863 die unheilvolle Rolle des damaligen Domkapellmeisters und späteren Dompfarrers Stephan Lück, der entsprechenden Einfluss auf Bischof Wilhelm Arnoldi nahm und auf diesen regelrecht psychologischen Druck ausübte, ebd. S. 253 i. V. m. Anm. 34 sowie S. 254, Anm. 35.
[143] Vgl. Fiedrowicz, The Traditional Mass (wie Anm. 132), S. 34.
[144] Vgl. Heinz, Einheitsliturgie (wie Anm. 133), S. 250.
[145] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 322.
[146] Vgl. ebd., S. 323.
[147] Vgl. ebd., S. 354.
[148] Vgl. ebd., S. 350f.
[149] Vgl. ebd., S. 351.
[150] Vgl. ebd., a. a. O.
[151] Vgl. ebd. S. 351-353.
[152] Vgl. ebd., S. 353f.
[153] Vgl. ebd., S. 354-357.
[154] Vgl. dazu Fiedrowicz, The Traditional Mass (wie Anm. 132), S. 38-41.
[155] Vgl. Lang, The Roman Mass, S. 367-390.
[156] Vgl. den ersten Appendix, ebd., S.145-148, jeweils rechte Spalte.
[157] Vgl. den zweiten Appendix, ebd., S. 379-385, jeweils linke Spalte.
[158] Vgl. Anm. 31 dieser Rezension.
[159] Vgl. Anm. 136 des ersten Teiles dieser Rezension.
[160] Vgl. dazu Fiedrowicz, The Traditional Mass (wie Anm. 132), S. 39.
[161] Vgl. dazu Kaiser, A. P., Das lateinisch-deutsche Altarmessbuch. Der vergessene Schritt in der Umsetzung der Liturgiereform, Freiburg i. Br. 12020, S. 122-127. Dieses Buch, eine Wiener Dissertation, bietet bei kritischer Lektüre einige wertvolle Informationen. Der Autor ist leider völlig gefangen in den üblichen nachkonziliaren Narrativen zur Liturgiereform Pauls VI. Zugleich zeigt sich immer wieder, dass der Autor die lateinischen Texte des tridentinischen Messbuchs (grammatikalisch) falsch, entstellt oder verstümmelt anführt, was völlig unverständlich ist, weil er sie doch nur richtig hätte abschreiben müssen. Darin kommen peinlich schlechte Lateinkenntnisse zum Vorschein, vermutlich aber auch mangelndes Interesse und fehlende wissenschaftliche Sorgfalt. Zum MR1962 fallen immer wieder sachlich falsche Behauptungen und Darstellungen auf, die Kaiser leicht hätte berichtigen können, wenn er sich nur die Mühe gemacht hätte, einen vorkonziliaren Schott in die Hand zu nehmen. Aber auch zu solchen zweisprachigen Laienmessbüchern fehlen historisch ungenaue oder unrichtige Desinformationen in seiner Promotionsschrift nicht. Gegebenenfalls werde ich diese Kritikpunkte ebenfalls noch in einer Buchbesprechung aufzeigen und nachweisen. Bisher habe ich davon abgesehen, weil ich als grundsätzlich wohlwollender Mensch nur ungern und daher selten eindeutig negative Rezensionen schreibe und stattdessen über solche Veröffentlichungen zu schweigen vorziehe.
[162] Vgl. ebd., S. 122.
[163] Vgl. ebd., S. 128.
[164] Zitiert nach Waldstein, W., Hirtensorge und Liturgiereform. Eine Dokumentation, Schaan 11977, S. 91, wieder ist die originale Rechtschreibung beibehalten.
[165] Vgl. Anm. 48 des vorliegenden Teils dieser Rezension.
[166] Vgl. den ersten Teil dieser Rezension, Anm. 102.
[167] Vgl. Lang, The Roman Mass, im zweiten Appendix ist auf S. 374 in der Übersetzung einer Rubrik „Then“ zu „The“ verstümmelt. Es mag sein, dass dies der Aufmerksamkeit des Lektorats entgangen ist, da an sich auch „the“ ein existierendes, korrektes englisches Wort ist.
[168] Vgl. beispielsweise ebd., S.211, 320, 331, 340, 352, um nur einige herauszugreifen.
[169] Vgl. ebd., S. 367-390.
[170] Vgl. ebd., S. 391f.
[171] Vgl. ebd., 393-437. Ein Inhaltsverzeichnis zu Beginn, vgl. ebd. S. v-vii, und ein Index der Begriffe und Namen am Ende des Buches, vgl. ebd. S. 438-445, sind an sich selbstverständlich und nicht eigens erwähnenswert.
[172]Vgl. ebd., S. 173-191, S. 232-238, S. 335-338 und S. 362-364.
Foto: The Roman Mass – Cover – Bildquelle: Uwe Michael Lang