Erzbistum Köln bekräftigt seine Haltung

Segnungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen bleiben untersagt. Ein Kommentar von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 3. August 2023 um 10:26 Uhr
Hochzeitsbank

Köln/Münster/Aachen/Essen (kathnews). Wie redaktionell berichtet, hat der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, dem Pfarrer von Mettmann, Herbert Ullmann, untersagt, Segnungen zweier Personen gleichen Geschlechts, die sexuell motiviert in Partnerschaft leben, in Zukunft wieder vorzunehmen. Nun unterstreicht das Erzbistum Köln, dass dies für alle Priester und Seelsorger gelte, die auf dem Territorium der Erzdiözese tätig sind. Dafür beruft man sich auf die letzte einschlägige Stellungnahme zu der Frage, die 2021 aus dem Vatikan gekommen ist.

Wenig überraschend solidarisieren sich die Bischöfe von Münster und Aachen und der Generalvikar des Bistums Essen nicht mit dem ungeliebten Kardinal Woelki und erklären, solche Feiern auf dem Gebiet ihrer Bistümer beziehungsweise die Geistlichen und anderen pastoralen Mitarbeiter, die solche Feiern dort organisieren und durchführen, nicht sanktionieren zu wollen.

Interessant und bedenkenswert ist allerdings die Begründung, die der Münsteraner Bischof Felix Genn für seine duldsame Haltung gibt. Er führt „den pastoralen Auftrag und die Gewissensentscheidung“ derer an, die sich abweichend von der römischen Weisung bereitfinden, gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen zu segnen, weil sie dies gerade aufgrund ihrer Sendung als Seelsorger vor ihrem Gewissen „im Dienst an den Menschen für richtig halten“.

An einen solchen Befund ließen sich mehrere Überlegungen knüpfen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich einige davon anschneiden:

1.) Lange Jahrzehnte war in der Nachkonzilszeit „Einheit“ das schlechthin höchste Prinzip innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz (und in zahlreichen anderen Ländern sehr ähnlich). Dieses Prinzip zerbröselt vor unseren Augen, wenn Bischöfe sich von den Entscheidungen eines anderen Bischofs für seinen Zuständigkeitsbereich in derart deutlicher Form distanzieren. Freilich hat es auch schon früher abweichende Regelungen in verschiedenen Bistümern gegeben, aber noch unter Johannes Paul II. wäre ein solcher Vorgang, der offene Kritik an Woelki impliziert, eben um des lieben Friedens willen undenkbar gewesen.

Man hätte die Entscheidung eines anderen Bischofs, die man in der eigenen Praxis nicht mitträgt, zumindest diplomatisch unkommentiert gelassen. Dass das nicht mehr so gehandhabt wird, ist auch deshalb beachtenswert, weil – nicht nur auf diözesaner, sondern auch auf pfarrlicher Ebene – immer mit der Einheit argumentiert wurde, insbesondere, wenn jemand als zu konservativ galt und dadurch in der Gemeinde oder Diözese angeblich polarisiert hat.

2.) Ausgehend von diesem Einheitsgedanken möchte ich festhalten, dass er mit dem Synodalitätsprinzip in gewisser Spannung steht. Rein rechtlich gesehen hätte jeder Diözesanbischof jederzeit die Möglichkeit, zum Beispiel das Indult der Handkommunion in seinem Sprengel nicht anzuwenden oder Messdienerinnen nicht zu erlauben. Dass dies praktisch nicht durchsetzbar wäre, zeigt das Beispiel des Erzbistums Vaduz. Erzbischof Wolfgang Haas gehört gar keiner Bischofskonferenz an und hätte so betrachtet noch größere Freiheit, aber auch in Liechtenstein gibt es sowohl die Möglichkeit, Handkommunion zu empfangen als auch Ministrantinnen einzusetzen. Der Unterschied liegt im hier betrachteten Fall darin, dass die liberaleren Bischöfe auf den konservativeren Amtsbruder, der lediglich die geltende römische Weisung umsetzt, im Namen von Synodalität Druck im Sinne einer Konformität in einer einheitlichen Abweichung von der römischen Norm ausüben.

Dabei wird übersehen: Nicht das Gebiet einer Bischofskonferenz ist theologisch und kirchenrechtlich Ortskirche, sondern die einzelnen Bistümer mit ihren jeweiligen Oberhirten, Priestern, Ordensleuten und gläubigen Laien sind Ortskirchen. Hier gerät also Synodalität in Konflikt mit der Vorstellung des Zweiten Vatikanischen Konzils von der bischöflichen Kollegialität, wenn diese im Endeffekt den einzelnen Bischof zur Uniformität mit einer von der Bischofskonferenz vorgegebenen Linie verpflichten soll.

3.) Es ist schließlich zurückzukommen auf das Argument des Bischofs von Münster, welches ein an sich zutreffendes, jedenfalls nachvollziehbares Motiv von Seelsorge angibt. Dieses gilt sogar grundsätzlich, und sicherlich würde auch Bischof Genn es nicht auf die Seelsorge an homosexuell empfindenden Personen einschränken wollen, die in der Kirche beheimatet sind und bleiben wollen. Wenn Priester nicht sanktioniert werden, die aufgrund ihres seelsorglichen Auftrags im Dienst an den Menschen sich vor ihrem Gewissen berechtigt oder verpflichtet sehen, analog zu kirchlich eingesetzten Sakramentalien, Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare einzuführen beziehungsweise liturgische Formen für solche, an sich nicht existenten Segnungen auszuarbeiten und anzuwenden, ist a fortiori zu fordern, dass Priester, die sich aus denselben Gründen nicht an die Einschränkungen der traditionellen Liturgie durch Papst Franziskus und Traditionis Custodes gebunden fühlen und weiterhin alle traditionellen Riten, nicht bloß hin und wieder Messen im überlieferten römischen Ritus, anbieten (wollen), nicht zu sanktionieren sind.

Auch sie sehen sich aufgrund ihrer Berufung als Priester seelsorglich vor ihrem Gewissen verpflichtet, Dienst an den Menschen zu tun, die am überlieferten Glauben und der ihm unstrittig entsprechenden Liturgie und Glaubenspraxis insgesamt festhalten möchten beziehungsweise sich als Laien oder Ordenspersonen dazu ihrerseits im Gewissen verpflichtet sehen. Dass dies sogar noch stärker gelten muss, sage ich nicht etwa aus dem Grunde, weil ich die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare ablehne (obwohl ich ein aufrichtiges seelsorgliches Motiv, sie anbieten zu wollen, anerkennen kann), während ich die überlieferte Liturgie bekanntlich vehement befürworte und selbst ausschließlich in ihr praktiziere, sondern deshalb, weil diejenigen, die der klassischen Liturgie verbunden bleiben, eben gerade nicht paraliturgisch ad hoc eigene Zeremonien für etwas schaffen, was die Kirche bisher noch nie autorisiert hat.

Sie vielmehr führen Riten und einen darin ausgedrückten Glauben fort, die mindestens während 1500 Jahren die unangefochtene gottesdienstliche Norm der Lateinischen Kirche gebildet haben, ohne daran etwas verändern oder umgestalten zu wollen. Wenn also Bischöfe wie Genn konsequent von Respekt gegenüber dem seelsorglichen Dienst an Menschen und vor Gewissensentscheidungen durchdrungen sind, werden sie ebensowenig traditionelle Priester und Gläubige einschränken, diesen vielmehr bereitwillig auch weiterhin in eigener Person für alle heiligen Handlungen im überlieferten Ritus zur Verfügung stehen, für die der Dienst eines Bischof erforderlich ist.

Schlussbemerkung

Nicht als eigener vierter Punkt erlaube ich mir die Schlussbemerkung, dass mit Erzbischof und demnächst Kardinal Victor Manuel Fernández an der Spitze des Dikasteriums für die Glaubenslehre, das in Zukunft so ganz anders arbeiten soll, als wir es bisher gewohnt waren und geschätzt haben, die Kölner Position auf Dauer nicht allein mit der rein formalen Übereinstimmung mit Rom argumentieren kann. Denn es ist völlig ungewiss, wie lange die zuletzt ablehnende Haltung Roms Bestand haben und sehr unwahrscheinlich, dass sie sich nicht aufweichen wird.

Foto: Hochzeitsbank – Bildquelle: Alexander Hauk / www.bayern-nachrichten.de

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