„Die Hütte der Kirche nördlich der Alpen brennt“
Bochum/Eichstätt (kathnews). „Dem Dubium ist ein jahrelanger Prozess der Auseinandersetzung mit dem Zustand der katholischen Glaubenssubstanz in der katholischen Kirche in Deutschland vorausgegangen.“ Das sagte Andre Wiechmann in einem Interview mit der Vorsitzenden der Bewegung „Maria 1.0“, Clara Steinbrecher, für deren Homepage. Der Bochumer ist einer der Mitinitiativnehmer eines Dubium, das sie vor drei gut Wochen an die Glaubenskongregation in Rom gesandt haben mit der Bitte um eine Antwort (Responsum). Auch die Deutsche Bischofskonferenz und der Apostolische Nuntius wurden über das Dubium in Kenntnis gesetzt.
Liegt ein Schisma vor?
In dem Dubium formuliert die Initiativgruppe  Zweifel in Bezug auf die Ausrichtung des synodalen Wegs, hinterfragt die Segnung homosexueller Paare gegen das ausdrückliche Verbot der Glaubenskongregation und das Predigen von Laien in der Eucharistiefeier. Die vorgetragenen Zweifel gipfeln in der Frage: „Liegt dann ein Schisma im Sinne des Can. 751 vor?“. (Genauer Wortlaut des Dubium weiter unten) Inzwischen hat A. Wiechmann,  engagierter Katholik aus dem Ruhrgebiet, auch eine eigene Initiativegruppe auf Facebook errichtet und machte bereits in anderen Medien (Die Tagespost, Kathnews, Kath.net, CNA-Deutsch) auf das Dubium aufmerksam.
Erosion
Der Anlass für das Dubium seien die „(b)iografische(n) Erfahrungen mit Polarisierungen in den Pfarrgemeinden, wenn man sich zur katholischen Lehre bekennt,  und zahlreiche in Gesprächen wahrgenommene Sorgen von Gläubigen in Bezug auf ein Schisma“, begründet der aus dem Bistum Essen stammende 42-Jährige die Initiative. Die Situation in seinem Bistum bezeichnet er als eine „Erosion“. „Die Positionen von Bischof und Generalvikar in Bezug auf das Verbot Segnung homosexueller Paare sind hier nur ein Beispiel. Natürlich zählt hierzu auch die fortgeführte Debatte um die Weihe von Frauen zu Priestern. Das bringt nur Verwirrung, da Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben ‚Ordinatio sacerdotalis‘ von 1994 erklärt hat, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen zu Priestern zu weihen“, so Wiechmann. Im Interview mit CNA-Deutsch vor enigen Tagen sagte er unumwunden: „Die Hütte der Kirche nördlich der Alpen brennt“.
Liturgische Missbräuche
Vor allem beim Bußsakrament lasse sich die Erosion sehr gut aufzeigen. „Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wann und wo ich in Wattenscheid zur Beichte gehen kann“, klagt er. Ferner beklagt der gläubige Katholik Missbräuche in der Liturgie. So würden die priesterlichen Amtsgebete von Gemeindereferenten gesprochen.  „Das ist sehr problematisch, da die Liturgie auch unseren Glauben ausdrückt und aus meiner Sicht auch eine Anziehungskraft hat. Für eine heilige Messe, gefeiert nach den Büchern der Kirche, muss man weit fahren“, stellt Wiechmann fest. Auch wenn kein Rechtsanspruch auf ein Responsum, eine Antwort auf das Dubium, aus Rom besteht, so hoffe er doch auf eine Antwort aus dem Vatikan, denn: „Die aktuelle Situation sorgt für zu viele Verwirrungen und Polarisierungen und birgt so die reale Gefahr einer Spaltung“, erklärt er.
Unterstützung für kirchen- und papsttreue Bischöfe
Ob ein solches Dubium nicht als Ungehorsam gegen die Bischöfe aufgefasst werden könne, fragt die Vorsitzende von „Maria 1.0“  weiter. „Nein, es ist kein ‚Ungehorsam‘“, so die Antwort von Wiechmann. Er nennt can. 391 § 1 des kirchlichen Gesetzbuches. „Der Text weist darauf hin, dass der Bischof die Einheit mit der Gesamtkirche wahren muss. Ein Bischof, der die in dem Dubium aufgeführten Rechtsbrüche befürwortet, kommt dieser Verpflichtung und Aufgabe nicht nach, er stellt sich gegen die Einheit der Kirche. Außerdem bricht er den anlässlich seiner Weihe abgelegten Amtseid. Ein Bischof kann und darf nichts verlangen, was universalkirchlich verboten ist. Die Initiative unterstützt Bischöfe, die die Einheit in Lehre und Disziplin mit Papst und Gesamtkirche wahren“, so Wiechmann.
Hier noch einmal das Dubium in Wortlaut:
D U B I U M
Wenn
- auf dem Synodalen Weges in Deutschland die Forderung nach der Priesterweihe für Frauen erhoben wird und die Diskussion darüber weitergeht, obwohl Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis von 1994 erklärt hat, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen zu Priestern zu weihen, diese Lehre mit der Offenbarung aufs Engste verbunden ist, zum Depositum fidei gehört und darum die endgültige Zustimmung der Gläubigen verlangt, weil die Lehre auf dem geschriebenen Wort gegründet ist und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt worden ist und vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar, definitiv und unveränderlich vorgetragen worden ist (vgl. Vatikanum II, Lumen gentium 25, 2);
- auf dem Synodalen Weg in Deutschland des Weiteren die Veränderung und Anpassung der kirchlichen Sexualmoral vorangetrieben wird;
- durch die Segnung homosexueller Paare gegen das ausdrückliche Verbot der Glaubenskongregation gehandelt und damit der Straftatbestand des can. 1371, 2° erfüllt worden ist;
- wenn die auf dem Ökumenischen Kirchentag, der vom 13. bis 16. Mai 2021 in Frankfurt am Main stattgefunden hat, praktizierte Form der Interkommunion die Grenzen des can. 844 § 4 eindeutig überschritten hat und damit der Straftatbestand der verbotenen Gottesdienstgemeinschaft nach can. 1365 erfüllt worden ist;
- Laien weiterhin demonstrativ das Predigtverbot in der Eucharistiefeier missachten, obwohl nach can. 767 § 1 die Homilie in der Eucharistiefeier den Priestern und Diakonen vorbehalten ist und nach einer authentischen Interpretation des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 20.6.1987 (AAS 79 [1987] 1249) die Bischöfe von dieser Norm nicht dispensieren können, so dass kein Diözesanbischof einen Laien zur Homilie in der Eucharistiefeier beauftragen kann;
liegt dann ein Schisma im Sinne des can. 751 vor?
Bochum, 23.05.2021
Unterschriften der Initiatoren
Foto: Petersdom – Bildquelle: M. Bürger, kathnews