Der stumme Protest. Wallfahrt unter dem Hakenkreuz

„Herzogenrather MontagsgesprĂ€ch“ im Zeichen der bevorstehenden Aachener Heiligtumsfahrt.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 26. April 2014 um 11:18 Uhr
Aachener Dom

Aachen (kathnews). Als Albrecht DĂŒrer anlĂ€ĂŸlich der Krönung Karls V. am 23. Oktober 1520 in Aachen weilte, war er dermaßen von der Schönheit der Aachener Bauwerke, der Aachener KunstschĂ€tze und der Aachener Reliquien begeistert, dass er in seinem Tagebuch schrieb: „Da hab ich gesehen alle herrliche Köstlichkeit, desgleichen keiner, der bei uns lebt, köstlicher Ding gesehen hat.“

Reichster Kirchenschatz nördlich der Alpen

Die Karlsstadt Aachen darf sich rĂŒhmen, in ihrem architektonisch imposanten und faszinierenden Dom und dessen Domschatzkammer den reichsten Kirchenschatz nördlich der Alpen zu haben. Erinnert sei nur an den Karls- und Marienschrein, beide aus staufischer Zeit, die goldene Heinrichskanzel, die Pala d`Oro, den imposanten Barbarossaleuchter im Oktogon, die berĂŒhmte KarlsbĂŒste, das kostbare Lotharkreuz und den antiken Prosperin-Sarkophag in der Aachener Domschatzkammer, um nur die wichtigsten und herausragendsten Juwelen des Aachener Domschatzes zu nennen.

Biblische HeiligtĂŒmer

Nicht weniger bedeutsam sind aber auch die geistlichen Kostbarkeiten der Aachener Grabes- und Krönungskirche. Dieser der Mutter Gottes geweihte Sakralbau birgt vier große biblische Reliquien. Die Tradition sieht in ihnen die Windeln und das Lendentuch Christi, das Kleid Mariens, das sie bei der Geburt des Gottesohnes getragen haben soll, und das Enthauptungstuch Johannes des TĂ€ufers. Es handelt sich dabei um bedeutende Stoffreliquien, die in umittelbarem Zusammenhang zur Menschwerdung und dem Sterben Christi stehen. Sie befinden sich in dem zwischen 1220 und 1239 geschaffenen goldenen Marienschrein, neben dem zwischen 1180 und 1215 gefertigten berĂŒhmten Karlsschrein, der die Gebeine des am 28. Januar 814 in Aachen verstorbenen und am 29. Dezember 1165 heiliggesprochenen Karls des Großen bergen, ein Meisterwerk staufischer Goldschmiedekunst.

Aachen, einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte Europas

Große Pilgerströme ziehen seit 1349 alle sieben Jahre zur großen Heiligtumsfahrt, auch „Aachenfahrt“ (Pelegrinatio Aquensis) genannt, in die Stadt Karls des Großen. Zu dem reichen Reliqienschatz im Aachener Dom kommen noch die HeiligtĂŒmer von KornelimĂŒnster, dem geschichtrĂ€chtigen Stadteil im SĂŒden der Kaiserstadt, hinzu. Neben der Korneliusreliquie, die jedes Jahr in der Korneliusoktav im September viele Pilger nach KornelimĂŒnster fĂŒhrt, und der Reliquie des heiligen Bischofs von Karthago, Cyprian, birgt die ehemalige Abteikirche von KornelimĂŒnster (Lateinisch: Monasterium ad Indam) auch einen weiteren bedeutenden biblischen Reliquienschatz: das SchĂŒrztuch, mit dem Christus den JĂŒngern beim Letzten Abendmahl die FĂŒĂŸe abgetrocknet hat, das Schweißtuch, das Christi Gesicht wĂ€hrend der Grabesruhe bedeckte, und das Grabtuch Christi. Diese Reliquien werden den GlĂ€ubigen zeitgleich mit der alle sieben Jahre in Aachen stattfindenen Heiligtumsfahrt zur Verehrung gezeigt. Dieser reiche Reliquienschatz, den Aachen seit der Zeit Karls des Großen besitzt, macht die Stadt im Herzen Europas zum herausragenden Ziel europĂ€ischer Pilgerfahrten, ranggleich denen nach Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela. In diesem Jahr werden vom 20. bis 29. Juni die Aachener HeiligtĂŒmer öffentlich gezeigt, die seit der Zeit Karls des Großen in Aachen verehrt werden.

Heiligtumsfahrt 1937

Die Peregrinationes Aquenses („Aachen-Fahrten“/“Betefahrt nach  Aachen“) werden seit 1312 erwĂ€hnt. Seit 1349 finden sie alle sieben Jahre statt. Allerdings gab es im Laufe der Geschichte der Aachener Heiligtumsfahren einige Ausnahmen. So fanden zur Zeit des DreißigjĂ€hrigen Krieges, der napoleonischen Kriege, des Ersten Weltkrieges, der Besatzung und des Zweiten Weltkrieges keine Heiligtumsfahtren statt. Die 1937 zur Zeit des Hitlerregimes erfolgte Zeigung der Aachener HeiligtĂŒmer wurde allerdings zu einem „stummen Protest“ einer demonstrativ stark besuchten Heiligtumsfahrt. Die Bischöfe von MĂŒnster (von Galen), Tier (Bornewasser), OsnabrĂŒck (Berning) und WĂŒrzburg (Ehrenfried) gaben dieser „Heiligtumsfahrt unter dem Hakenkreuz“ das GeprĂ€ge.

Herzogenrather MontagsgesprĂ€ch am 28. April 2014: „Der stumme Protest. Wallfahrt unter dem Hakenkreuz“

Im Jahre 1937 wurde die Aachener Heiligtumsfahrt zu einer „Wallfahrt unter dem Hakenkreuz“, die auch als „der stumme Protest“ bekannt ist. Als Zeichen des Widerstands gegen die gottlose Ideologie des Nationalsozialismus wurde die „Betefahrt nach Aachen“ 1937 zum grĂ¶ĂŸten kirchlichen Ereignis in dunkler Zeit. Zur Vorbereitung auf die anstehende Heiligtumsfahrt 2014 spricht am Montag, dem 28. April 2014, der Aachener Domkapitular und ehemalige Offizial, PrĂ€lat Dr. August Peters, ĂŒber das Wesen und das Besondere der „Aachenfahrt“ und die dabei verehrten HeiligtĂŒmer. Außerdem wird er ĂŒber die „Heiligtumsfahrt 1937“ anhand von einzigartigen Filmdokumenten berichten. PrĂ€lat Dr. Peters gilt als der ausgewiesene Fachmann fĂŒr die Geschichte der Aachener Heiligtumsfahrt. In seiner Amtzeit war er verschiedene Male Wallfahrtsleiter der Aachener Heiligtumsfahrt. Die Veranstaltung in Herzogenrath beginnt um 19.30 Uhr und findet im Pfarrzentrums St. Gertrud Ecke Erkensstraße/SchĂŒtz-von-Rode-Straße statt. Herzogenrath ist ein Vorort von Aachen (zur „StĂ€dteregion Aachen“ gehörend), ca. 10 km von der Kaiserstadt entfernt.

Foto: Aachener Dom – Bildquelle: Andreas Gehrmann

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