Zum 175. Jahrestag der feierlichen Heimatprimiz von Valentin Thalhofer
Der 17. September 1848 war fĂŒr das schwĂ€bische Dorf Unterroth bei Illertissen ein groĂer Tag. Die feierliche Heimatprimiz Valentin Thalhofers (1825-1891), der einer der gröĂten Liturgiker und Theologen des deutschsprachigen Raumes wĂ€hrend des gesamten 19. Jahrhunderts werden sollte, wurde begangen. Schon am 22. August 1843 hatte er durch den Bischof von Augsburg in der Hauskapelle des MĂŒnchner Georgianums, wo er von 1863 bis 1876 selbst als Direktor und Professor wirken sollte, die Weihe zum Priester empfangen.
Der Termin des 17. Septembers, wie 2023 auch damals der dritte Sonntag im September, wurde seinerzeit als Fest der Sieben Schmerzen Mariens gefeiert und sicherlich mit Bedacht gewÀhlt. Wenn auch die Primizmesse in der Pfarrkirche St. Gordian und Epimachus zelebriert wurde, hatte doch der Primiziant eine innige Beziehung zum nahegelegenen Marienheiligtum der Wallfahrtskirche Matzenhofen, wo eine ausdrucksstarke Schmerzensmutter, eine geschnitzte Plastik um 1470/80, als Gnadenbild verehrt wird. Freilich gehörte das Kirchlein mit Einsiedelei damals rechtlich zur Nachbarpfarrei Babenhausen.
Von der feierlichen Primiz haben wir keine genaue Schilderung, nur eine knappe Notiz, dass ein frĂŒherer Pfarrer von Unterroth eigens anreiste, um Thalhofer die Primizpredigt zu halten und dass 46 weitere Geistliche dem ersten heiligen Messopfer des Neupriesters beiwohnten. Ein auffĂ€lliges Zusammentreffen stellt es dar, dass Thalhofer 1891 wiederum in Unterroth an einem 17. September verstirbt.
Weit detailreicher als das, was wir ĂŒber die Primiz wissen, ist ein Festbericht, der sich auf das Silberne PriesterjubilĂ€um Thalhofers bezieht, das 1873 im Georgianum gefeiert wurde. Diese Feier galt auch dem zehnjĂ€hrigen JubilĂ€um Thalhofers als Direktor dieses zweitĂ€ltesten Priesterseminars der Welt, das ursprĂŒnglich schon 1494 gegrĂŒndet worden war.
Im Georgianum befindet sich heute der Nachlass Valentin Thalhofers, unter anderem der reichverzierte Messkelch mit kunstvollen Emailbildern und filigranem Edelsteinbesatz, der ihm 1873 von seinen âAlumnen und Söhnenâ wie ein lateinisches Chronogramm auf der Innenseite des KelchfuĂes es festhĂ€lt, geschenkt wurde und damals 600 Gulden gekostet hat. Dies entspricht in heutiger WĂ€hrung etwas mehr als ⏠8.300,-. AuĂerdem sind dort die BĂ€nde seiner persönlichen Bibliothek und Handschriften sowie Korrespondenz erhalten, wobei letztere durch Verluste wĂ€hrend des Zweiten Weltkrieges leider ganz erheblich dezimiert worden sind.
GlĂŒcklicherweise erhalten geblieben ist ein Gedicht, das zur BegrĂŒĂung Thalhofers rezitiert wurde, als er nicht erst zur feierlichen Heimatprimiz im September, sondern bereits am 26. August 1848, also lediglich vier Tage nach Empfang der Priesterweihe seinem Heimatort einen Besuch abstattete. Dieses, im Original in schönster Kurrentschrift niedergeschriebene Gedicht soll nachstehend folgen:
Gedicht beim Empfang des hochwĂŒrdigen, hochzuverehrenden Herrn Primizianten Dr. Valentin Thalhofer, vorgetragen von Amalia Wolf in Unterroth, am 26ten August 1848
Seht hin, das Leben eines weisen Frommen! –
Wer ist nun diese neue Priestersonne?
Du bist es, Edler, heute uns willkommen!
Du unser Suchen u. Stolz u. hohe Wonne!
Die Zeit gelehrter KĂ€mpfer war gekommen,
Eröffnet war der KÀmpfer Bahn,
Und mancher Geist rang nach der Siegespalme
Doch ĂŒberragte ihn Valentin.
Nur Gott zu Lieb, nach Weltenruhm nicht geizend,
Mit Gott fĂ€ngt er die MĂŒhen an,
Und strebt so Tage lang u. viele NĂ€chte
Zum vorgesteckten Ziele hin.
Ihm Geist erschloĂ des Wissens reichste FĂŒlle,
Und Macht und SchÀrfe an Verstand;
Drum ward mit gröĂtem Lobe zugewendet
Ihm ganz allein die Siegeskron!
Bald ist auch seiner LebenswĂŒnsche höchster
Erreicht an jener Vaterhand,
Die ihn gefĂŒhrt ins Heiligthum des Priesters,
Zu opfern tÀglich Gottes Sohn.
Und sieh! Der Himmel, heiĂe Bitten hörend,
dem theuren Kranken stets ein Schild,
Zu spĂ€ten groĂen Thaten ihn bestimmend,
EntreiĂet ihn der nahen Gruft.
Bald kehret auch, den man verloren glaubte,
Zwar Àhnlich einem Leichenbild,
Genesend doch zurĂŒck zum Elternhause,
Zu schöpfen reine Landesluft.
Sein Geist kennt keine Rast; – kaum hat gewonnen
der Leib des Lebens neue Kraft,
So eilt er hin zur PriesterbildungsstÀtte,
Hin zu der Freunde trautem Kreis.
Er schenkt nun seine KrÀfte neuerstanden
Ganz höhârer Gotteswissenschaft,
Und fĂŒhlt sich bald berufen zu erstreiten
Der tiefern Forschung höchsten Preis.
Kaum an der Isar Ufer angekommen
Umwölkte sich sein heitrer Blick;
Denn die durch Geistes MĂŒhen mĂŒden Nerven
Ergriff des bösen Feindes Macht.
Wie? – jene schöne, edle, fromme Seele,
Der Kirche und des Staates GlĂŒck,
Soll nach erstaunlich frĂŒchtereichem Streben
So frĂŒhe sehn des Todes Nacht? –
Als diese Schreckenskunde hingedrungen
Zur Heimath an der Eltern Herz,
Wer kann da deren herbes Leid beschreiben?
Ach Gott! sie traf ein schwerer Schlag.
Jedoch die lieben, frommen Eltern wenden
Getrost die Blicke himmelwÀrts
Das ganze Dorf, von tiefstem Schmerz getroffen;
Es fleht zum Höchsten Tag fĂŒr Tag.
Das erste Ziel war ruhmvoll so erstiegen,
Wo des Berufes Wahl nun galt;
Doch kennt er da kein Streiten u. kein Schwanken
Fest steht sein frĂŒh gefaĂter Plan:
Des Himmels Wissenschaft ist ihm die höchste,
Ein Stern, der seinem Forschen strahlt;
Und feurig brennt in ihm der Muth zu zeigen
Den Christen ihre Lebensbahn.
Doch banger Schmerz ergreift ihn bei der Trennung
Vom heiĂ geliebten Musenhort,
Da Gottes Finger an die hohe Schule
Ihn wies nach Bayerns erster Stadt.
Hier sollte sein gewohnter Eifer dringen
In jenes hoch erhabâne Wort,
Das Gottes Liebe uns verirrten Kindern
Durch Jesu Mund verkĂŒndet hat.
Sein Wissensdurst wird mĂ€chtig auch entzĂŒndet
Dort an der Donau niedârem Strand,
Wo jahrelang mit Zauberkraft ihn fesselt
Der Musen altberĂŒhmter Thron.
Die seltne SchÀrfe seines hellen Geistes,
Der hier die reichste Nahrung fand,
Hat bald des Wissens gröĂten Schatz erbeutet
Als regsten FleiĂes besten Lohn.
Wer ihn gelehrt, und ihn gekannt, der muĂt
Anstaunend lieben das Talent,
Das auf der Wissenschaften Schwindelhöhen
Bescheiden, christlich fromm dastand.
Wiewohl vom LebensglĂŒck so viel entbehrte,
Was sonst ein weltlich Herz ersehnt,
Hat doch sein tiefer Geist gewandt entlarvet
Der falschen Weisheit eitlen Tand.
Der Jahre drei und zwanzig sind verflossen,
Als Gott ein biedâres Elternpaar
Mit eines Söhnleins Gabe hoch erfreute
Dort an dem stillen Roth-Gestadâ.
Des Kindes Erdberuf hat vorbedeutet,
Der vor dem Beruf der Zeiten war,
Da man dem Priester Valentin es weihte
Dem Heiligen in der Taufe Bad.
Schon frĂŒhe hat der Knabe ĂŒberflĂŒgelt
Der altersgleichen SchĂŒler Schaar,
Und seine Lehrer muĂten ahnend sagen:
In frommen Geist ruht groĂe Kraft.
Ein heiĂer Wunsch beseelt ihn einst zu treten
Als Priester an des Herrn Altar,
Und hinzu seine FĂ€higkeit zu adeln
Im Dienst der schönen Wissenschaft.
Foto: Hochaltar Wallfahrtskirche Matzenhofen – Bildquelle: Archiv Oldendorf