Wenn die Schwestern und Brüder sich verabschieden
München (kathnews/KNA). In Würzburg geben die Kapuziner nach 260 Jahren die Seelsorge am Käppele auf, in Beuerberg nehmen die letzten 14 Schwestern Abschied. Das Ordensleben wandert aus der Klausur ins Altenheim aus. Noch gibt es in Deutschland fast 24.000 Ordensmitglieder, Tendenz stark sinkend mangels Eintritten. So sehen sich immer mehr Gemeinschaften damit konfrontiert, Klöster zuschließen. Zurück bleiben verwaiste Gebäude und die Frage, was aus diesen werden soll. Mit diesem Problem setzte sich am Dienstagabend in München eine Tagung der Katholischen Akademie in Bayern auseinander. Unter dem Titel „Klosterbauten ohne Orden“ ging es darum, Dimensionen und Herausforderungen auszuloten. Denn es sind eben „mehr als Klöster“, die da dichtgemacht werden, erinnerte Ferdinand Kramer. Traditionen gehen zu Ende und Mittelpunkte in Regionen fehlen auf einmal.
Der Münchner Professor für Bayerische Geschichte verwies darauf, dass gerade Bayern über Jahrhunderte rund 1.000 Klosterstandorte kannte. Darin wurzelt die Rede von der „terra benedictina“, vom gesegneten Land, in dem sich nicht nur die Benediktiner zum Wohle der Bevölkerung niederließen. Unterm Krummstab war gut leben. Die Mönche gaben den Leuten Arbeit, förderten die Künste oder sorgten mit Schulen für Bildung. „Klöster leisteten so einen Beitrag zu einer differenzierten Infrastruktur im ländlichen Raum“, unterstrich Kramer. Besonders gefragt waren ihre sozialen Dienste, etwa in der Krankenpflege. Nicht zuletzt deshalb ließ König Ludwig I. viele in der Säkularisation geschlossenen Klöster im 19. Jahrhundert wieder neu gründen. Gerade Klosterfrauen leisteten bis ins 20. Jahrhundert hinein um Gottes Lohn, was ein
kaum vorhandenes und unterfinanziertes staatliches Sozialsystem nicht leisten konnte, wie der Professor hervorhob. Doch wo sind heute die Kräfte, die den Umbruch der monastischen Landschaft gestalten wollen?
Der Prämonstratenserabt von Windberg, Hermann-Josef Kugler, kennt im eigenen Orden das Problem des Nachwuchsmangels nicht. In Windberg und seiner schwäbischen Filiale Roggenburg floriert das monastische Leben – und das nach einem wahren Dornröschenschlaf. Als der Orden Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) um Unterstützung bat, hätte er das selbst nicht für möglich gehalten. Mittlerweile strahlt Kloster Roggenburg mit seinem Zentrum für Familie, Umwelt und Kultur über die Region hinaus. Fantasie, Kreativität, Mut und finanzielle Hilfe sind nötig, um neue Wege zu gehen, sagte Kugler, der auch Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) ist. Dafür müssten sich aber Orden, Diözese, Pfarrgemeinde, Kommune, Landkreis und Bezirk an einen Tisch setzen. Dass nicht in jedem alten Kloster wieder ein Orden einziehen kann, ist ihm bewusst. Deshalb will die DOK auch ein Netzwerk aufbauen, um Orden zu helfen, mit den damit verbundenen vielfältigen rechtlichen Problemen sowie der weiteren sinnvollen Nutzung zurechtzukommen. „Den Orden ist es nicht egal, wer der Käufer ist“, so Kugler.
Sektiererische Gruppen zum Beispiel sind nicht erwünscht, auch wenn sie zahlungskräftig sind. Die Erfahrung zeige, so ein Redemptorist, dass Kommunen am liebsten alles geschenkt bekämen. Doch die Orden bräuchten den Verkaufserlös, weil sie in der Verantwortung für ihre alten Mitbrüder stünden. In ihrer Verzweiflung würden sich manche auch an Beraterfirmen wenden. Da werde dann viel Geld bezahlt, das besser anderweitig eingesetzt würde, meinte eine Dominikanerin aus Schlehdorf. Für Waigel ist die Zukunft solcher Gebäude eine bayerische Gesamtaufgabe. Darum sollte sich Heimatminister Markus Söder im Rahmen des Landesentwicklungsplans kümmern. Schon in den nächsten Tagen wolle er dies Söder und Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU) vortragen. Schließlich habe Seehofer eine „Koalition mit dem Volk“ ausgerufen, und dem Volk seien Klöster wichtig. Das Publikum quittierte die Ankündigung mit Applaus.
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Foto: Kirchenfenster – Bildquelle: Andreas Gehrmann