Verfügbarkeit und Hingabe – Synodaler Weg und Mariens Tempelweg

Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 2. Februar 2020 um 14:05 Uhr
Hl. Gottesmutter Maria

„Die jungfräuliche Mutter, die ihren Sohn zum Tempel bringt, um ihn dem Vater zu weihen, ist ein treffendes Bild für die Kirche, die fortfährt, ihre Söhne und Töchter dem himmlischen Vater darzubringen und sie so mit dem einzigen Opfer Christi zu verbinden, das Grund und Vorbild jeder Weihe in der Kirche ist.“ (Papst Johannes Paul II. in seiner Botschaft zur Einführung des 2. Februar als alljährlicher Welttag des geweihten Lebens vom 6. Januar 1997)

Gerade hat der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland begonnen und verknüpft sich mit vielfältigen Reformambitionen und Überlegungen über Zugangsbedingungen zu den Weiheämtern und die Möglichkeit, den verpflichtenden Charakter der zölibatären Lebensform zu verändern, da begeht die Kirche sm heutigen Tage das volkstümlich als Maria Lichtmess bekannte Fest, das beides ist, Marien- und Herrenfest, denn wir sehen Maria und Joseph, wie sie Jesus in den Tempel bringen, um ihn dem Herrn darzustellen (vgl. Lk 2,22).

Seit 1997 wird der Tag auf Anregung und Anordnung Johannes Pauls II. ausdrücklich in der ganzen Kirche auch als Welttag des geweihten Lebens an Gott begangen. Ein neuer Aspekt wurde damit dem Fest nicht hinzugefügt, vielmehr seine Uratmosphäre und Grundidee von neuem hervorgehoben.

Papst Franziskus hat kürzlich über das ökumenische Miteinander gesagt, jede christliche Konfession habe den anderen etwas mitzuteilen und so alle zu bereichern. Am heutigen Tage möchte man fragen, ob das nur für die getrennten Christen untereinander gelten soll oder nicht doch in einem noch innigeren und tieferen Sinn von den Orts- und Teilkirchen der katholischen Kirche und in Einheit mit Rom.

Ontologische Verbindung von Priestertum und Zölibat?

Ob es nämlich eine ontologische Verbindung zwischen Priestertum und dem Versprechen der Ehelosigkeit beziehungsweise noch stärker dem Gelübde der vollständigen und lebenslangen Keuschheit gibt, ist durchaus fraglich. Mehr noch: Strenggenommen kann es eine solche ontologische Verbindung nicht geben, denn anders könnte es nicht in der Lateinischen Kirche Ausnahmen vom Zölibat geben und in den Ostkirchen – seien sie mit Rom verbunden oder von Rom getrennt – sogar als Regelfall der Weltpriester das verehelichte Priesteramt.

Daraus folgt allerdings genausowenig, dass der Pflichtzölibat eine spätere Entwicklung, womöglich mittelalterliche Erfindung wäre, die Verbindung von Ehe- und Weihesakrament der eigentlich originäre Konnex.

Wenn man das Zölibatsideal realistisch seinem Inhalt und seiner Anforderung nach bedenkt, ist es an sich selbstverständlich, dass Abweichungen davon passieren, Ideal und Praxis immer wieder mehr oder weniger weit von einander entfernt liegen. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Folge davon, dass Priester und Ordensleute keine Engel sind, ja der Priester seine Weihe zum Diakon, Priester und Bischof überhaupt nur als getaufter Mann empfangen kann. Auch ist weder im Verspechen der Ehelosigkeit noch im Keuschheitsgelübde vorausgesetzt oder erwartet, dass diejenigen, die es geben oder ablegen, asexuell sein sollten. Es fragt sich im Gegenteil, ob für jemanden, der tatsächlich asexuell wäre, diese Bindungen überhaupt einen konkreten Inhalt haben könnten.

Nicht ontologisch, aber originär

Die Überlegung entwickelt sich also dahin, anzunehmen, dass das ehelose Priestertum das Ursprüngliche ist, Dispens davon oder ein bloß optionaler Zölibat die spätere Divergenz davon. Ursprünglichkeit bedeutet nun in der Kirche, gerade wenn eine Praxis zuerst auch überall beobachtet wurde, Apostolizität.

Kommen wir zurück auf Papst Franziskus‘ Bemerkung, jede christliche Gemeinschaft habe ein Eigengut beizutragen, womit sie andere kirchliche Gemeinschaften bereichere und wenden sie auf die Teilkirchen der katholischen Kirche an, so ergibt sich: Die Lateinische Kirche, in der sich grundsätzlich das Ideal des ehelosen Priesters bis jetzt erhalten hat, besitzt in dieser Verbindung von Weihesakrament und Ehelosigkeit ihr vielleicht eindrucksvollstes Proprium, ihr Geschenk an die Gesamtkirche und sollte es auch in Zukunft nicht preisgeben.

Dass es aufgrund des Merkmals des apostolischen Ursprungs keine Ausnahme und abweichende Praxis geben dürfe oder könne, kann man nur schwer behaupten. Auch die eucharistische Nüchternheit oder die Zelebrationsrichtung zum tatsächlich geographischen Osten hin sind apostolisch in ihrem Ursprung und wurden modifiziert oder schon längst (nicht erst seit dem sogenannten Volksaltar) zum rein theoretischen Ideal aufgeweicht, sind nach dem Zweiten Vaticanum sogar so weithin aufgegeben worden, dass sie nunmehr quantitativ die Ausnahme sind.

Aus diesem Blickwinkel ist es für mich sogar erstaunlich, dass konservative Katholiken sich jetzt angesichts der Möglichkeit, der Zölibat könne freigestellt werden, derart beunruhigen. An sich ist es da nämlich bedenklicher gewesen, dass Ständige Diakone eingeführt wurden, die einen Zivilberuf haben und ihre bestehende Ehe fortsetzen können, zumindest rückblickend, und dieser Personenkreis bildet jetzt wohl vorzüglich die viri probati, die zunächst einmal zur Priesterweihe zugelassen werden würden.

Neuauflage des theologisch unterbelichteten Messpriesters?

Wer auch nur ein wenig Einblick in die theologische und pastorale Ausbildung der Ständigen Diakone hat, der weiß, wie anspruchslos die intellektuellen Anforderungen an die Interessenten ebenso sind wie der Inhalt der Ausbildung. Das ist eigentlich meine stärkste Befürchtung, dass es nämlich zu einer Neuauflage der alten Messpriester kommen würde, die gerade einmal in der Lage waren, die Messe zu lesen. In der nachkonziliaren Liturgie wäre das Niveau noch weiter herabgesetzt, da ein in der Volkssprache vollzogener und rituell massiv vereinfachter Gottesdienst sowieso schon ein geringeres Anforderungsprofil aufweist. Zumindest in der ersten Generation nach Einführung Ständiger Diakone war oftmals ein besonderer Klerikalismus der Betreffenden spürbar und der klare Eindruck, dass sie vorher entweder an den intellektuellen Hürden oder am Zölibatsanspruch gescheitert waren, um Priester werden zu können, oder an beidem. Interessant wäre übrigens einmal ein Einblick in die Statistik gescheiterter und zivil geschiedener Ehen Ständiger Diakone und solcher, die wieder aus dem Dienst ausschieden und laisiert wurden. Auch darüber hört man absolut gar nichts.

Optionaler Zölibat pro futuro

Was mir in der aktuellen Diskussion vollkommen fehlt, ist die Tatsache, dass der Zölibat gegebenenfalls ja wohl nur zukünftig zur Wahl gestellt werden würde. Eine größere Geringschätzung des Pflichtzölibats ist nicht vorstellbar, wie wenn man etwa daran dächte, auch diejenigen Diakone und Priester, die den Zölibat bereits versprochen haben, pauschal von dieser Verpflichtung zu entbinden. Es ist entlarvend, dass dieser Aspekt gar nicht thematisiert zu werden scheint.

Priester mit Gemeinschaftsleben und Ordensleute

Ebenfalls eigentlich klar ist es von vornherein, dass die ehelose Lebensform in Priestergemeinschaften und in Orden schon aus rein praktischen Gründen erhalten bleiben wird. Bei den Orden kommt hinzu, dass ein Leben nach den evangelischen Räten Armut – ehelose Keuschheit – Gehorsam nicht nur versprochen, sondern in die noch anspruchsvollere Form der feierlichen Gelübde gebracht wird.

Hier zeigt sich ein Problem: Armut verspricht der Weltklerus überhaupt nicht, Gehorsam wird zwar versprochen, doch an sich fast nur in Ausnahmesituationen eingefordert. Der Zölibat ist in dieser Hinsicht quasi die einzige, theoretisch tagtägliche, konkrete Anforderung, wenn man von der liturgischen Verpflichtung zum Breviergebet absieht. Dieses Ungleichgewicht in der Konkretheit der priesterlichen Lebensform wäre wirklich ein lohnendes Diskussions- und vor allem Reformthema.

Warum regen sich Traditionalisten auf?

Abschließend sei bemerkt, dass es mir schwer verständlich ist, warum Traditionalisten sich aufregen, wenn es im Umfeld des Novus Ordo demnächst einen verheirateten Klerus geben sollte. Freilich, es wäre dann noch deutlicher, dass innerhalb des gegenwärtigen Katholizismus faktisch längst mindestens zwei verschiedene Konfessionen bestehen. Was dieses Phänomen betrifft, braucht man innerhalb der Traditionalisten auch nicht noch weiter nach Strömungen oder kirchenrechtlicher Stellung zu differenzieren. Nicht nur, weil die meisten traditionalistischen Priester vita communis haben, ist es unbezweifelbar, dass sie am ehelosen Priestertum und insgesamt am priesterlichen Leben tridentinischer Prägung festhalten werden, wie sie auch sonst keine nachkonziliaren Tendenzen übernommen haben. Freilich kann es sein, dass verheiratete Diözesanpriester fallweise auch Summorum Pontificum in Anspruch nehmen würden, aber das geschieht auch heute schon bisweilen relativ oft sogar in den Ordinariaten aufgrund von Anglicanorum Coetibus.

Christus steht zur Kirche in einem Verhältnis von Bräutigam und Braut. Der Priester bildet diese Beziehung insbesondere in der Feier der heiligen Messe ab. Das Weihesakrament begründet diese sakramentale Darstellung. Die sakramentale Ehe vollzieht diese Beziehung sogar in einem eigenen Lebenstand bis zum Tode eines der Ehepartner. Man werfe dazu einen Blick in die Lesung der Messe für die Brautleute im tridentinischen Messbuch, Eph 5, 22-33.

Dies vermerke ich in Würdigung und Anerkennung derjenigen katholischen Priester und ihrer Frauen und Familien, die es heute bereits in der Kirche gibt. Vor allem aber auch, um zu unterstreichen, dass der Einsatz zur Beibehaltung des Pflichtzölibats nicht rein pragmatisch oder mit der Gewohnheit argumentieren kann. Dass gute Seelsorger auch verheiratet sein können, zeigen viele evangelische Pfarrer, und zumindest das klassische protestantische Pfarrhaus mit seinen oft kinderreichen Familien war vielfach ein Ort humanistischer Bildung und Kultur, aus dem zahlreich die Gesellschaft bereichernde Persönlichkeiten hervorgegangen sind.

Fazit zu Maria Lichtmess: Mariens Tempelweg mit Jesus. Hoffen wir, dass dem Synobalen Weg ein Licht aufgeht.

Foto: Hl. Gottesmutter Maria – Bildquelle: Kathnews

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