Vatikanum II. Die Feier des Messopfers ist das Zentrum des priesterlichen Dienstes
Einleitung von Gero P. Weishaupt:
Der 5. Artikel im Priesterdekret Presbyterorum Ordinis des Zweiten Vatikanischen Konzils richtet das Augenmerk auf den Heiligungsdienst der Priester, das nach der Lehre des Konzils gemÀà der Tradition der Inhalt des priesterlichen Amts im engeren Sinne ist. Durch die in der Weihe vermittelte besondere Teilhabe am Priestertum Christi feiern die Priester âdie heiligen Geheimnisse als Diener dessenâŠ, der sein priesterliches Amt durch seinen Geist allezeit fĂŒr uns in der Liturgie ausĂŒbtâ. Nach einem Wort des heiligen Ignatius von Antiochien, den die KonzilsvĂ€ter im Text erwĂ€hnen und in einer FuĂnote zitieren, stehen die Priester besonders beim Vollzug der Sakramente in Verbundenheit mit ihrem Bischof, âund machen ihn so in den einzelnen Gemeinden der GlĂ€ubigen gewissermaĂen gegenwĂ€rtigâ.
Thomas von Aquin
Besonders ĂŒben die Priester ihren Heiligungsdienst in der Feier des heiligen Messopfers (Eucharistie) aus. Auf die Feier des Messopfers ist alles in der Kirche ausgerichtet, von ihm geht alles Wirken der Kirche aus. In diesem Zusammenhang berufen sich die KonzilsvĂ€ter auf den heiligen Thomas von Aquin, der in seiner Summa Theologiae schreibt: âDie Eucharistie ist gleichsam die Vollendung des geistlichen Lebens (quasi consummatio spiritualis vitae) und das Ziel aller Sakramente (omnium sacramentorum finis) (Thomas, Summa Theol.) âDie Heiligste Eucharistie enthĂ€lt ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen FĂŒlle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm darzubringenâ (PO, 5).
Grund fĂŒr die aktive Teilnahme aller GlĂ€ubigen
Das besondere Priestertum der geweihten AmtstrĂ€ger und das allgemeine Priestertum aller GlĂ€ubigen sind komplimentĂ€r, zugleich unterscheiden sie sich wesentlich (Lumen gentium, 10): Der Priester, der Christus das Haupt, sakramental vertritt, steht den GlĂ€ubigen als Hirte gegenĂŒber. In der Feier der Messe leitet er âdarum die GlĂ€ubigen an, die göttliche Opfergabe in der Messfeier Gott dem Vater darzubringen und mit ihr die Hingabe ihres eigenen Lebens zu verbindenâ. Die GlĂ€ubigen fĂŒgen ihre Opfer des Alltags in das eucharistische Opfer, das der Priester Gott am Altar darbringt. Hierin liegt der eigentliche theologische Sinn der vom Konzil gewĂŒnschten âaktiven Teilnahmeâ aller an den liturgischen Feiern, insbesondere der Feier des Messopfers. Sie ist Ausdruck des allgemeinen Priestertums der Getauften.
Stundengebet als Fortsetzung des eucharistischen Geheimnisses
Im Stundengebet (Breviergebet) setzen die Priester âdas Lob und die Danksagung der Eucharistie zu den verschiedenen Tageszeiten fortâ, lehren die KonzilsvĂ€ter weiter. Wie alles Tun und Wirken der Kirche, ob im sakramentalen, im verkĂŒndigenden oder im karitativen Bereich, so ist die Eucharistie auch fĂŒr das Breviergebet der Priester, die aufgrund ihrer Berufung und Weihe besonders dazu angehalten sind, Quelle und Höhepunkt.
Ehrfurcht vor den liturgischen GegenstÀnden
Neben der Verpflichtung zum Stundengebet (das die Priester nach den Vorgaben des Konzils nach wie vor in lateinischer Sprache verrichten sollen, vgl. Sacrosanctum Concilium Art. 101), werden im letzten Abschnitt des 5. Artikels weitere Pflichten der Priester genannt, die im engen Zusammenhang mit dem Heiligungsdienst, insbesondere der Feier der Eucharistie, stehen. So sollen die Priester dafĂŒr Sorge tragen, dass das Gotteshaus âschönâ  und âgeeignet zu Gebet und heiliger Handlungâ ist. Die KonzilsvĂ€ter rufen in diesem Zusammenhang Worte des heiligen Hieronymus (Ep, 114, 2) in Erinnerung: ââŠden heiligen Kelchen und den heiligen TĂŒchern und den ĂŒbrigen Dingen, die zum Kult der Herrenpassion gehören ⊠kommt wegen ihrer BerĂŒhrung mit Leib und Blut Christi des Herrn die gleiche erhabene WĂŒrde zu wie dessen Leib und Blut selbstâ.
Eucharistische Anbetung
Das Gotteshaus ist nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein heiliger Ort, in dem âHirten und GlĂ€ubige ⊠mit dankbarem Herzen auf die Gabe dessen antworten, der durch seine Menschheit das göttliche Leben stĂ€ndig den Gliedern seines Leibes mitteiltâ PO, 5). Diese dankbare Antwort geschieht auĂerhalb der Eucharistiefeier besonders in der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes. In einer FuĂnote machen sich die KonzilsvĂ€ter die  diesbezĂŒgliche Aufforderung Papst Pauls VI. zu eigen, die dieser im Konzilsjahr 1965 in seiner  Enzyklika Mysterium Fidei schreibt: âAuĂerdem sollen sie (die Priester) es nicht unterlassen, das Allerheiligste Sakrament, das an einem bevorzugten Ort und mit gröĂter Ehrfurcht den liturgischen Gesetzen entsprechend aufzubewahren ist, tagsĂŒber zu besuchen; eine solche Besuchugn ist ein Beweis der Dankbarkeit und ein Zeichen der Liebe und der schuldigen Vereherung gebenĂŒber Christus dem Herrn, der hier gegenwĂ€rtig istâ (in: AAS 57 [1965] 771.).
Liturgische Bildung der Priester
SchlieĂlich erinnern die KonzilsvĂ€ter die Priester an die liturgischen Bildung: âDie Priester mögen die Wissenschaft und die Praxis der Liturgie in rechter Weise pflegen, damit durch ihren liturgischen Dienst von den ihnen anvertrauten Gemeinden Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, immer vollkommeneres Lob werdeâ (PO, 5).
Presbyterorum Ordinis, Artikel 5. Deutscher und lateinischer Text
Gott, der allein Heilige und Heiligende, wollte sich Menschen gleichsam zu GefĂ€hrten und Helfern erwĂ€hlen, daĂ sie dem Heiligungswerk demĂŒtig dienten. Darum werden die Priester von Gott durch den Dienst des Bischofs geweiht, um in besonderer Teilhabe am Priestertum Christi die heiligen Geheimnisse als Diener dessen zu feiern, der sein priesterliches Amt durch seinen Geist allezeit fĂŒr uns in der Liturgie ausĂŒbt . In der Taufe fĂŒhren sie die Menschen dem Volk Gottes zu; im Sakrament der BuĂe versöhnen sie die SĂŒnder mit Gott und der Kirche; in der Krankensalbung richten sie die Kranken auf; vor allem in der MeĂfeier bringen sie in sakramentaler Weise das Opfer Christi dar. In jedem Vollzug der Sakramente – so bezeugt es schon in der Urkirche der heilige Martyrer Ignatius – werden sie auf verschiedene Weise mit dem Bischof hierarchisch verbunden und machen ihn so in den einzelnen Gemeinschaften der GlĂ€ubigen gewissermaĂen gegenwĂ€rtig.
Mit der Eucharistie stehen die ĂŒbrigen Sakramente im Zusammenhang; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch fĂŒr die anderen kirchlichen Dienste und fĂŒr die Apostolatswerke. Die Heiligste Eucharistie enthĂ€lt ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen FĂŒlle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm darzubringen. Darum zeigt sich die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt aller Evangelisation: die Katechumenen werden allmĂ€hlich zur Teilnahme an der Eucharistie vorbereitet, die schon Getauften und Gefirmten durch den Empfang der Eucharistie ganz dem Leib Christi eingegliedert.
Die Zusammenkunft zur Feier der Eucharistie, der der Priester vorsteht, ist also die Mitte der Gemeinschaft der GlĂ€ubigen. Die Priester leiten darum die GlĂ€ubigen an, die göttliche Opfergabe in der MeĂfeier Gott dem Vater darzubringen und mit ihr die Hingabe ihres eigenen Lebens zu verbinden. Sie unterweisen sie im Geist Christi des Hirten, ihre SĂŒnden reumĂŒtig der Kirche im Sakrament der BuĂe zu unterwerfen, so daĂ sie sich stĂ€ndig mehr zum Herrn bekehren, eingedenk seines Wortes: „Tut BuĂe, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Mt 4,17). Sie lehren sie ebenso, an den Feiern der heiligen Liturgie so teilzunehmen, daĂ sie dabei zu einem echten Gebet kommen; sie fĂŒhren sie zu immer vollkommenerem Gebetsgeist, der sich entsprechend den Gnaden und Erfordernissen eines jeden im ganzen Leben auswirken muĂ; sie halten alle an, ihre Standespflichten zu erfĂŒllen, und laden die Fortgeschrittenen ein, die evangelischen RĂ€te in einer Weise, die jedem angemessen ist, zu befolgen. So lehren sie die GlĂ€ubigen, in LobgesĂ€ngen und geisterfĂŒllten Liedern dem Herrn in ihren Herzen zu singen und Gott dem Vater immerdar Dank zu sagen fĂŒr alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus.
Die Priester selbst setzen das Lob und die Danksagung der Eucharistie zu den verschiedenen Tageszeiten fort, wenn sie das Stundengebet verrichten, in dem sie im Namen der Kirche Gott fĂŒr das ganze ihnen anvertraute Volk, ja fĂŒr die ganze Welt bitten.
Das Gotteshaus, in dem die Heiligste Eucharistie gefeiert und aufbewahrt wird, in dem die GlĂ€ubigen sich versammeln und die Gegenwart des auf dem Opferaltar fĂŒr uns dargebrachten Erlösers zur Hilfe und zum Trost der GlĂ€ubigen verehrt wird, soll schön sein, geeignet zu Gebet und heiliger Handlung. Hirten und GlĂ€ubige sollen in ihm mit dankbarem Herzen auf die Gabe dessen antworten, der durch seine Menschheit das göttliche Leben stĂ€ndig den Gliedern seines Leibes mitteilt. Die Priester mögen die Wissenschaft und die Praxis der Liturgie in rechter Weise pflegen, damit durch ihren liturgischen Dienst von den ihnen anvertrauten Gemeinden Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, immer vollkommeneres Lob werde.
Deus, qui solus Sanctus et Sanctificator est, voluit quasi socios et adiutores sibi assumere homines qui operi sanctificationis humiliter inserviant. Hinc Presbyteri a Deo, ministrante Episcopo, consecrantur, ut, participes Sacerdotii Christi speciali ratione effecti, in Sacris celebrandis tamquam ministri agant Eius, qui suum sacerdotale munus per Spiritum suum iugiter pro nobis in Liturgia exercet. Baptismate quidem homines in Populum Dei introducunt; Sacramento Poenitentiae peccatores cum Deo et Ecclesia reconciliant; oleo infirmorum aegrotantes alleviant; celebratione praesertim Missae Sacrificium Christi sacramentaliter offerunt. In omnibus autem Sacramentis conficiendis, ut iam primaevae Ecclesiae temporibus testatus est beatus Ignatius Martyr, Presbyteri diversis rationibus cum Episcopo hierarchice colligantur, et sic eum in singulis fidelium congregationibus quodammodo praesentem reddunt.
Cetera autem Sacramenta, sicut et omnia ecclesiastica ministeria, et opera apostolatus, cum Sacra Eucharistia cohaerent et ad eam ordinantur. In Sanctissima enim Eucharistia totum bonum spirituale Ecclesiae continetur, ipse scilicet Christus, Pascha nostrum panisque vivus per Carnem suam Spiritu Sancto vivificatam et vivificantem vitam praestans hominibus, qui ita invitantur et adducuntur ad seipsos, suos labores cunctasque res creatas una cum Ipso offerendos. Quapropter Eucharistia ut fons et culmen totius evangelizationis apparet, dum catechumeni ad participationem Eucharistiae paulatim introducuntur, et fideles, iam sacro baptismate et confirmatione signati, plene per receptionem Eucharistiae Corpori Christi inseruntur.
Est ergo Eucharistica Synaxis centrum congregationis fidelium cui Presbyter praeest. Edocent igitur Presbyteri fideles divinam victimam in Sacrificio Missae Deo Patri offerre atque cum ea oblationem vitae suae facere; in spiritu Christi Pastoris instituunt eos peccata sua corde contrito Ecclesiae in Sacramento Poenitentiae submittere, ita ut magis magisque in dies ad Dominum convertantur, memores verborum Eius: «Poenitentiam agite, appropinquavit enim Regnum caelorum» (Mt. 4,17). Ipsos pariter edocent Sacrae Liturgiae celebrationes ita participare, ut sinceram orationem in eis quoque attingant; eos ad spiritum orationis semper perfectiorem per totam vitam exercendum, pro uniuscuiusque gratiis et necessitatibus, manuducunt, omnesque ad officia proprii status observanda, et profectiores ad consilia Evangelii, modo cuique congruo exercenda, alliciunt. Erudiunt proinde fideles ut possint hymnis et canticis spiritualibus in cordibus suis cantare Domino, gratias agentes semper pro omnibus in nomine Domini nostri Iesu Christi, Deo et Patri. Laudes et gratiarum actiones quas adhibent in Eucharistiae celebratione ipsi Presbyteri ad diversas horas diei dilatant in Divino persolvendo Officio, quo quidem nomine Ecclesiae, pro toto populo sibi commisso, immo pro universo mundo, Deum deprecantur.
Domus orationis in qua Sanctissima Eucharistia celebratur et servatur, fidelesque congregantur, et in qua praesentia Filii Dei Salvatoris nostri in ara sacrificali pro nobis oblati, in auxilium atque solatium fidelium colitur, nitida, orationi et sacris sollemnibus apta esse debet. In ea Pastores et fideles invitantur ut grato animo respondeant dono Ipsius, qui per Humanitatem suam continuo vitam divinam in membra Corporis sui infundit. Curent Presbyteri scientiam et artem liturgicam recte colere, ut, suo ministerio liturgico, a christianis communitatibus sibi commissis perfectius in dies laudetur Deus, Pater et Filius et Spiritus Sanctus.
Foto: Messfeier in der klassischen Form des Römischen Ritus – Bildquelle: Doris Bayer