Unermüdlicher Vermittler zwischen Econe und Rom
Von Dr. Gero P. Weishaupt:
Econe (kathnews). „Bernard Fellay, seit fast einem Vierteljahrhundert Generaloberer der von Rom getrennten traditionalistischen Piusbrüder, wird am Donnerstag 60 Jahre alt. Im Sommer steht seine Wiederwahl für eine weitere zwölfjährige Amtszeit an.“ Das berichtet heute das Kölner Domradio. „Geboren am 12. April 1958 in Sierre in der französischen Schweiz, trat Fellay im Oktober 1977 mit 19 Jahren in das Traditionalisten-Seminar Sankt Pius X. im schweizerischen Econe ein. 24-jährig wurde er vom Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, zum Priester geweiht“ so das Domradio weiter.
Bischofsweihe mit Folgen
Vor 30 Jahren, am 30 Juni 1988, empfing Bernard Fellay zusammen mit drei anderen Priestern die Bischofsweihe durch den Gründer der Piusbruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre. Da die Bischofsweihe ohne päpstliches Mandat vollzogen wurde, zogen sich Erzbischof Levebvre, die Mitkonsekratoren und die vier geweihten Bischöfe die Tatstrafe der Exkommunikation zu, die am Tage danach vom Apostolischen Stuhl durch ein Dekret festgestellt worden ist.
Kirchenrechtliche Frage
Da sich die Piusbruderschaft im Hinblick auf die Bischofsweihen jedoch auf eine Notsituation berufen hatte, wird unter Kanonisten diskutiert, ob die Exkommunikation überhaupt eingetreten ist (vgl. can. 1324 § 1, 6° i. V. m. § 3 CIC/1983). Dabei ist die subjektive Einschätzung für eine Notlage für den Nichteintritt der Tatstrafe ausschlaggebend. Die nachfolgende Feststellung der Tatstrafe durch den Vatikan wäre damit hinfällig gewesen. Fakt ist aber, dass der Vatikan die Exkommunikation als eingetreten betrachtet hat.
Versöhnungsprozess
Mit 36 Jahren wurde Bischof Fellay im Jahre 1994 Generaloberer der Piusbruderschaft. Seit dem Eintreten der Exkommunikation bemühte sich Rom um Versöhnungsgespräche mit der Piusbruderschaft. Als Generaloberer war Bischof Fellay intensiv daran beteiligt. Bei den Gesprächen standen vor allem die vom authentischen höchsten Lehramt der Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil vorgetragenen Lehren über die Religionsfreiheit und den Ökumenismus im Mittelpunkt. Auch die nachkonziliare Liturgiereform war Thema der Gespräche.
Wortführer
Eine entscheidende Wende im bis dahin gespannten Verhältnis zwischen Rom und der Piusbruderschaft läutete das Pontifikat Benedikts XVI. ein. Nachdem dieser Bischof Fellay kurz nach seinem Amtsantritt in Castelgandolfo 2005 zu Gesprächen empfangen hatte, folgte im Juli 2007 die Promulgation des Motu Proprio „Summorum Pontificum“, mit dem der Papst die Feier der klassischen alten Liturgie unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen allgemein für die Kirche wieder erlaubt hat, und im Jahr 2009 die Aufhebung der 1988 nach dem Urteil des Vatikans eingetretenen und später festgestellten Exkommunikation der von Msgr. Levebvre geweihten vier Bischöfe. Die Zulassung der klassischen Liturgie, die rechtlich von der Kirche nicht abgeschafft worden war, als auch die Aufhebung der Exkommunikation waren die Voraussetzungen für eine Intensivierung und Fortsetzung der Versöhnungsgespräche zwischen Rom und der Piusbruderschaft. „In den theologischen Gesprächen mit der vatikanischen Glaubenskongregation seit Sommer 2010 war er (Bischof Fellay) Wortführer der Piusbruderschaft, ohne jedoch immer vollen Rückhalt bei den traditionalistischen Hardlinern zu finden. Auch in der Amtszeit von Papst Franziskus seit 2013 steht ein Durchbruch der Gespräche weiter aus“, so das Kölner Domradio. Weiter heißt es dort: „Im September 2011 legte der Vatikan der Leitung der Piusbrüder eine ‚Lehrmäßige Erklärung‘ über grundlegende Glaubenslehren zur Unterzeichnung vor, von der eine mögliche Wiedereingliederung der Bruderschaft in die katholische Kirche abhängt. Im Frühjahr 2012 kam der Prozess ins Stocken. Im September 2015 erklärte Papst Franziskus überraschend, er‚vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen‘.
Vier Brückenbauer
Schon der heilige Papst Johannes Paul II. bemühte sich um die Versöhnung mit der Piusbruderschaft. Von Anfang an war die Versöhnung mit der Piusbruderschaft auch ein Anliegen von Papst Benedikt XVI. und von Papst Franziskus. Dieser erteilte den Priestern der Piusbruderschaft die Beichtbefugnis und die Erlaubnis, bei Eheschließungen zu assistieren. Die bisherigen Fortschritte im Versöhnungsprozess sind nicht zuletzt auch der ununterbrochenen Vermittlungs- und Gesprächsbereitschaft von Bischof Bernard Fellay zu verdanken.
Foto: Bischof Fellay bei der Zeremonie des Tonsurschneidens . Bildquelle: pius.info / Seminar Photodienst