Türen und Fenster des Hauses Europa öffnen
Aachen (kathnews). In Aachen wurde heute, an Christi Himmelfahrt, der Internationale Karlspreis verliehen. Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, empfing den Preis aus den Händen des Aachener Oberbürgermeisters Marcel Philipp (CDU). Damit steht Martin Schulz in der Reihe anderer großer Empfänger dieser renommiertesten europäischen Auszeichunung, die alljährlich am Himmelfahrtstag in der Stadt Karls des Großen verliehen wird. Auf die „Architekten“ des „Hauses Europa“ hat Schulz in seiner Rede in Aachen hingewiesen. Zu den ersten Karlspreisträgern gehören Richard Nikolaus Graf Coudenhove Kalergi (1950), Alicide de Gasperi (1952), Jean Monnet (1953), Konrad Adenauer (1954). Auf deren Schultern stehend müssen die Politer das Haus Europa weitergebauen. Der rhetorisch billante Schulz griff in seiner Rede die Metapher vom „Haus“ wieder auf und sagte, er sei Parlamentpräsident geworden, um die „Türen und Fenster“ dieses Hauses Europa zu öffnen, damit die Menschen in Europa hineinschauen können und Vertrauen zu Europa gewinnen. Martin Schulz sei ein „wichtiger Vordenker der EU“, so die Begründung des Karlspreisdirektoriums für die Wahl des EU-Parlamentspräsidenten zum diesjährigen Preisträger. Er habe mit seiner Persönlichkeit entscheidenden Einfluss auf die Demokratisierung der EU genommen, heißt es in der Erklärung.
Staatsoberhäupter und Regierungschefs in der Kaiserstadt
Zum feierlichen Festakt im historischen Krönungssaal des Aachener Rathauses, das auf den Fundamenten der aula regia, der Königshalle Karls des Großen, erbaut ist, waren zahlreiche prominente Gäste gekommen, darunter die Präsidenten von Frankreich, Ukraine und Finnland, außerdem der jordanische König Abdullah II. Bundespräsident Gauck warnte in seiner Laudatio vor dem Wiedererstarken des Nationalismus. Zu den Festrednern gehörte auch der französische Staatspräsident François Hollande. Ferner waren in die Stadt Karls des Großen angreist die Regierungschefs aus Österreich und Lettland, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und der Vorsitzende der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem.
Pontifikalamt in der Grabeskirche Karls des Großen
Dem Festakt war ein Pontifikalamt in der Grabeskirche Karls des Großen, dem Aachener Dom, vorangegangen. Der Bischof von Aachen sowie der Dompropst und der Generalvikar begrüßten Martin Schulz am bronzenen Eingangstor (der sog. „Wolfstür“) des Aachener Domes. Im Rathaus wurde der Festakt vom Aachener Sinfonieorchester musikalisch begleitet. Nach der Verleihung erklang die Aachener „Stadthymne“ Urbs Aquensis, Urbs Regalis, aus der gleichnamigen Sequenz der Karlsliturgie. Zum Abschluss trug sich Martin Schulz in das Goldene Buch der Kaiserstadt ein. Danach spielte das Aachener Symphonieorchester das Präludium aus dem Te Deum des französischen Barockkomponisten Antoine Charpentier (1643-1704).
Im Vorfeld der Karlspreisverleihung hatte Kardinal Marx den neuen Karlspreisträger gewürdigt:
„Mit der Verleihung des diesjährigen Karlspreises an den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, wird dessen Wirken für ein geeintes Europa gewürdigt und seinem internationalen Einsatz für die Europäische Union Rechnung getragen. Das persönliche Engagement für Europa prägt das Wirken von Martin Schulz. Dabei gelingt es ihm, durch eigene Überzeugung und Erfahrung gerade einer jungen Generation die europäische Idee näher zu bringen.
Zunächst als Fraktionsvorsitzender und seit 2012 als Präsident des Europäischen Parlaments hat sich Martin Schulz für die Demokratisierung und Parlamentarisierung der Europäischen Union eingesetzt. Von Anfang an hat er den Anspruch des demokratisch legitimierten Parlaments gegenüber den anderen Institutionen, vor allem dem Europäischen Rat und damit den Regierungschefs und den Mitgliedstaaten, artikuliert und auch durchgesetzt. Damit hat er gerade in Zeiten der europäischen Krise die Gemeinschaftsmethode gegenüber der Zusammenarbeit zwischen den Regierungen innerhalb der Europäischen Union gestärkt und der europäischen Einigung einen großen Dienst erwiesen.
Martin Schulz hat zusammen mit Jean-Claude Juncker als Spitzenkandidat bei der Europawahl 2014 die Fortentwicklung des politischen Systems in der Europäischen Union maßgeblich beeinflusst. Nach der Europawahl hat Martin Schulz dem Anspruch des Parlaments, führend an der Auswahl des Kommissionspräsidenten mitzuwirken, zum Durchbruch verholfen. Dieser Einsatz für eine Stärkung der Demokratie und der Bürgervertretung in der Europäischen Union macht ihn zu einem würdigen Träger des Karlspreises.
Besonders möchte ich auch daran erinnern, was Martin Schulz im vergangenen November bei der Begrüßung von Papst Franziskus im Europäischen Parlament ausgeführt hat: In vielen Bereichen gehen ,die Anliegen der Europäischen Union und der katholischen Kirche zu einem großen Teil Hand in Hand‘. In diesem Sinne hat er oft den Finger in Wunden gelegt, auf die auch die Kirchen hingewiesen haben: sei es die soziale Dimension der Eurokrise, sei es die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Sein Engagement in diesen Fragen zeigt, dass Martin Schulz den Menschen in den Mittelpunkt der europäischen Politik stellt. Dafür danke ich ihm, und so gratuliere ich Martin Schulz im Namen der Deutschen Bischofskonferenz und im Namen der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (ComECE) herzlich zu dieser Auszeichnung.“
Foto: Thron Karls des Großen im Aachener Dom – Bildquelle: German Wikipedia user Holger Weinandt