Tradition der Knabenchöre in Deutschland einstweilen gesichert

Das Berliner Verwaltungsgericht hat entschieden: Berliner Knabenchor muss keine Mädchen aufnehmen. Richtungsweisend auch für andere Knabenchöre in Deutschland.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 17. August 2019 um 17:39 Uhr
Reichstag in Berlin

Berlin (kathnews). Das Verwaltungsgericht Berlin hat sich gegen die Klage einer Mutter entschieden, die ihre neunjährige Tochter als Anwältin vor Gericht vertrat. Sie hatte im November 2018 geklagt, weil das Mädchen wegen des Ausschlusses aus dem Knabenchor vom Berliner Staats- und Domchor diskriminiert worden sei. Sie wirft dem Chor geschlechtsspezifische Benachteiligung vor. Der Chor lehnte die Aufnahme nach einem Vorsingen mit Verweis auf die Kunstfreiheit ab. Der Richter gab dem Chor recht: „Die Ausrichtung des Klangbildes eines Chores gehört zur Kunstfreiheit“, zitiert Vatican News das Gericht.

Jungenstimme ist anders als Mädchenstimme

Das Gericht sah es auch für erwiesen an, dass es einen eigenen Knabenchorklang gebe. Darum sei die Ablehnung des Mädchens nicht an das biologische Geschlecht geknüpft. Der Leiter des Chores, Kai-Uwe Jirka, führte aus, dass die differenzierten Chorklangräume die Folge anatomischer Unterschiede zwischen Jungen- und Mädchenstimme seien. „Grundsätzlich sei es zwar möglich, dass eine Mädchenstimme dem angestrebten Klangraum eines Knabenchores entsprechen könne. Aufgrund anatomischer Unterschiede und zeitlich verschobener körperlicher Entwicklungsprozesse sei dies aber in der Regel ‚nur mit Gewalt‘ erreichbar und daher ‚weder erstrebenswert noch pädagogisch verantwortbar‘“, heißt es beim Vatikansender.

Aufatmen

Das Berliner Urteil hat auch Auswirkungen auf die jahrhundertelange Tradition der Knabenchöre in Deutschland. Sie geht auf Karl den Großen zurück, dessen „Kulturminister“ Alkuin aus dem englischen York den Knabenchor, die Schola Palatina, am Aachener Kaiserhof einführte. Die traditionsreichen Knabenchöre in Aachen, Regensburg, Dresden oder Bad Tölz – um nur die bedeutendsten deutschen Knabenchöre zu nennen – können beruhigt aufatmen: Ihnen kann nicht Diskriminierung vorgeworfen werden, wenn sie an den reinen Knabenchören festhalten, zumal einige Domchöre wie in Aachen oder Köln zusätzlich zu den Knabenchören auch Mädchenchöre eingerichtet haben.

Allerdings muss jetzt noch abgewartet werden, wie die Berufungsinstanz urteilt. Nach Verlaut will die Mutter gegen das negative Berliner Urteil in Berufung gehen. Denn sie bezweifle laut Vatican News noch immer, dass „die Ablehnung wegen der Unfähigkeit erfolgt ist. Es ist wegen des Geschlechts erfolgt“.

Foto: Reichstag in Berlin – Bildquelle: Michael J. Zirbes

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung