„Super Familiam tuam constitutus“ – Überlegungen zur Eigenpräfation des heiligen Joseph

Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 24. April 2021 um 23:07 Uhr

Da wir das Josephsjahr begehen und uns kürzlich erst das frühere Schutzfest des heiligen Joseph in Erinnerung gerufen haben, in dessen Oktav wir jetzt eigentlich stünden, soll ein Blick auf die Eigenpräfation geworfen werden, die der heilige Joseph seit 1919 besitzt. Damit ist er neben der Allerseligsten Jungfrau Maria in den tridentinischen Liturgiebüchern bis einschließlich deren Editio typica von 1962 der einzige Heilige, der in der gesamten Kirche über eine verpflichtend vorgeschriebene Eigenpräfation verfügt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass 2020 von Rom für den Usus antiquior eine Praefatio propria vom heiligen Johannes dem Täufer gesamtkirchlich gestattet worden ist, denn diese und alle zusammen mit ihr neu zugelassenen Präfationen können zwar ad libitum weltweit verwendet werden, sind aber nicht vorgeschrieben worden.

Die Josephspräfation in Komposition und Aussage

Schaut man sich die Präfation vom heiligen Joseph an, fällt auf, dass sie ganz der Marienpräfation des tridentinischen Messbuchs nachgebildet ist. Der Passus, der sie als Josephspräfation individualisiert, lautet im Lateinischen:

„Et te in Festivitate/in Veneratione beati Joseph debitis magnificare praeconiis, benedicere et praedicare. Qui et vir iustus, a te Deiparae Virgini Sponsus est datus: et fidelis servus ac prudens, super Familiam tuam est constitutus: ut Unigenitum tuum, Sancti Spiritus obumbratione conceptum, parterna vice custodiret, Iesum Christum, Dominum nostrum.“

In eigener, möglichst genauer deutscher Übersetzung: „Und Dich [Gott] am Feste/bei der Verehrung des seligen Joseph in gebührenden Kundmachungen Deines Lobes großzumachen, zu benedeien und zu preisen. Welcher sowohl als ein gerechter Mann von Dir der gottgebärenden Jungfrau zum Bräutigam gegeben als auch als der getreue und kluge Knecht über Deine Familie eingesetzt ist, auf dass er Deinen Eingeborenen [Sohn], durch des Heiligen Geistes Überschattung empfangen, an Vaters Statt beschirme, Jesus Christus, unseren Herrn.“

Das lateinische praeconium bezeichnet eigentlich das rechtsverbindlich öffentlich Verlautbarte, der praeconius ist derjenige, der es durch Ausrufung als Herold in amtlichem Auftrag offiziell bekanntmacht. Im christlichen Gebrauch und in der kirchlichen Verwendung des Ausdrucks nimmt praeconium die Bedeutung Verkündigung an und kann einen Preisgesang bezeichnen, man denke vornehmlich an das Praeconium paschale, zumal jede Präfation in der heiligen Messe den Charakter eines Preisgesanges hat und in das Sanctus mündet. Praeconium kann in seiner juridischen Bedeutung überdies als lateinische Entsprechung des griechischen euangelion aufgefasst werden.

Der Gerechte, der treue und kluge Knecht, der Bräutigam und der Beschützer

Joseph erscheint in der Präfation als der Gerechte, als Bräutigam Mariens sowie als der Zeuge der geistgewirkten jungfräulichen Empfängnis Jesu im Schoße Mariens. Dann aber auch als der treue und kluge Knecht, der super Familiam tuam eingesetzt ist mit der Aufgabe, den eingeborenen Sohn Gottes zu behüten und zu bewahren, Aspekte, die im lateinischen custodire gleichermaßen mitschwingen und anklingen. Geht man über diese Stelle zu schnell hinweg, versteht man sie vielleicht nur eindimensional als von der Heiligen Familie von Nazareth handelnd und übersieht, dass Familiam tuam im liturgischen Text steht. Familiam ist großgeschrieben und es folgt tuam. Gemeint ist also nicht (nur) die irdische Familie Josephs, sondern die Familie Gottes. Als solche bezeichnet die Liturgie die Kirche. Damit ist also gerade das Schützeramt Josephs angesprochen, das er ebenso über den mystischen Leib Christi, die Kirche, ausübt und fortsetzt. Diese Präfation würde uns also sehr passend durch die Oktav des Schutzfestes des heiligen Joseph begleiten.

Das Schutzfest als Hochfest des heiligen Joseph – im Josephsjahr den Weg zu seiner Rückgewinnung antreten!

Obwohl das Schutzfest schon seit 1911 zur Sollemnitas aufgewertet wurde, kannte die Präfation nur die variierten Einschübe Et te in Festivitate und Et te in Veneratione. Die erste Formulierung an beiden Josephsfesten, dem 19. März und dem Schutzfest zu verwenden: am Feste, die zweite – bei der Verehrung – in Votivmessen. In Sollemnitate: am Hochfeste wurde erst 1956 für den 1. Mai vorgeschrieben und findet sich so in der Rubrik zur Josephspräfation im MR1962.

Vor der Missale-Reform durch Pius X. war übrigens In Sollemnitate in die Marienpräfation am Rosenkranzfest einzufügen, seit dem MR1920 heißt es am 7. Oktober wie an allen Festen, deren Festinhalt nicht näher bezeichnet wird oder am Skapulierfest, an dem nur beim Gedächtnis – in Commemoratione eingefügt wird, in Festivitate.

Das liturgische Direktorium, das die Glaubenskongregation in der Nachfolge der Kommission Ecclesia Dei auf Grundlage des Motu Proprio Summorum Pontificum herausgibt, sucht übrigens schon seit dem letztem Kirchenjahr zwischen dem neuen Fest Joseph der Arbeiter und dem Schutzfest durch die Kompromissoption zu vermitteln, am 1. Mai statt des Messformulars Sapientia reddidit das frühere Formular Adiutor et protector noster zu nehmen. Ein Schritt in die richtige Richtung, der die bereits neulich angeregte Wiedereinführung des Schutzfestes vorbereiten könnte. Sollte diese stattfinden, könnte der Einschub in Sollemnitate am Schutzfest übernommen werden, zumal dies schon seit 1911 seiner offiziellen Bezeichnung entsprochen hätte.

Eine solche definitive Reform in puncto der beiden Josephsfeste, Schutzfest und 1. Mai, wäre umso wünschenswerter, als ein allzu großer Optionalismus den älteren liturgischen Büchern des Römischen Ritus völlig fremd ist.

Foto: Heiliger Joseph – Bildquelle: Oldendorf (Privatarchiv)

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