Sei uns willkommen, Herre Christ

Aachen (kathnews). Das 1818 zum ersten Mal in der Kirche von Oberndorf in Salzburg gesungene âStille Nacht, heilige Nachtâ ist zweifellos das bekannteste Weihnachtslied deutscher Sprache. Es wurde in viele Sprache ĂŒbersetzt und erfreut sich bei Jung und Alt groĂer Beliebtheit. Wen ergreift nicht die wundervolle Melodie und der Text dieses Liedes? Wenn es am Ende der Christmette gesungen wird, spĂŒrt ein jeder in seinem Herzen: Jetzt ist Weihnachten.
Das Àlteste Weihnachtslied deutscher Sprache
Weniger bekannt, aber darum Ă€lter als das Salzburger Weihnachtslied ist das Aachener Weihnachtslied âSei uns willkommen, Herre Christâ. August Heinrich Hoffman von Fallersleben datierte es auf das 11. Jahrhundert. Die Forscher gehen allerdings heute davon aus,  dass es vermutlich seinen Ursprung im 14. Jahrhundert hatte. Damit ist das Aachener Weihnachtslied das Ă€lteste im deutschsprachigen Raum. Noch heute wird es in Aachen gesungen.  Berthold Botzet, Domkapellmeister des auch Ă€ltesten Knabenchors im deutschsprachigen Raum â der Aachener Domchor geht als Institution auf die Schola Palatina Karls des GroĂen zurĂŒck, die sein âKulturministerâ, der aus dem englischen York stammende Alkuin, am Aachener Hof um 800 gegrĂŒndet hat -, sagte: âWir singen dieses Lied immer noch, wie es geschichtlich dokumentiert ist, in der Christmette. Wir singen es nach alter Vorlage.â
Die GlĂ€ubigen heiĂen Gott, der Mensch geworden ist, willkommen
âSys willekomen heire kerstâ, so heiĂt es in seiner in einer Erfurter Handschrift von 1394. âNach einer liturgischen Anweisung aus der Mitte des 14. Jh. fĂŒr den Gottesdienst in der Aachener MĂŒnsterkirche ist der Ablauf folgender: Vor der Weihnachtsmesse las der Zelebrant (sacerdos canonicus) den Stammbaum Jesu (Liber generationis) aus dem MatthĂ€usevangelium vor. Assistiert wurde er von einem Subdiakon und einem Diakon. Danach sang man in der damals in Aachen gebrĂ€uchlichen niederfrĂ€nkischen Mundart das Aachener Weihnachtslied. Es folgen das âTe deum laudamusâ und danach die erste Weihnachtsmesse. Nach einer anderen Ăberlieferung versammelten sich die âHerrn Schöffen auf ihrer Gerichtsstube, gingen dann in die MĂŒnsterkirche, wo sie die ChorstĂŒhle der rechten Seite einnahmen. Nach dem Evangelium stimmte der Schöffen Meisterâ das Lied an, âwelches vom Chor fortgesungen wurdeâ. Schöffen waren Aachener BĂŒrger, die im Rahmen der allgemeinen Gerichtsbarkeit tĂ€tig waren. Das Lied ist nach dieser Tradition bekannt geworden als Aachener Schöffenliedâ, erklĂ€rt Lothar Stresius (âDas Aachener Weihnachtsliedâ).
Im Aachener Dom wird es in der Mitternachtsmesse des Heiligen Abends vom Knabenchor zunÀchst auf Mittelhochdeutsch gesungen. Danach singt es der Herrenchor in der hochdeutschen Fassung. Diese Tradition besteht sei 600 Jahren.
Erhaltenswertes Liedgut
Leider sucht man das Àlteste Weihnachtslied im deutschsprachigen Raum im Gotteslob von 2013 vergeblich. Aachens Domkapellmeister Berthold Botzet bedauert dies. Und das zurecht. Geht doch damit ein ganz besonderes und erhaltenswertes deutsches Liedgut verloren. Im Eigenteil des Bistums Aachen sind noch zwei Varianten aus einem flÀmischen Gesangbuch von 1638.
Mit dem Aachener Weihnachtslied begrĂŒĂt die glĂ€ubige Gemeinde am Heiligen Abend in der Christmette den Mensch gewordenen Sohn Gottes, den Herrn aller Menschen, in ihrer Mitte. Hier und da besteht daher auch der Brauch, das Lied unmittelbar nach de Wandlung zu singen. Denn die Wandlung in der Eucharistiefeier ist der Augenblick der Menschwerdung Gottes in unserer Zeit. Wir knien wir vor dem, der zu uns (auf dem Altar) gekommen ist und grĂŒĂen ihn: âNun sei uns willkommen, Herre, Christiâ und mit den Hirten und den himmlischen Heerscharen beten ihn an: âVenite, adoremusâ â Kommt, lasset uns anbeten.
Sei uns willkommen, Here Christ,
weil du unser aller Here bist,
sei uns willkommen, lieber Here,
hier auf der Erde also schone.
Kyrieleis.
Sys willlekomen heirre kerst,
want du onser alre heirre bis,
sys willekomen, lieve heirre,
her en ertrische also schone.
Kirieleys
(Erfurter Handschrift von 1394).
Foto: Christkind in der Krieppe – Bildquelle: C. Steindorf, kathnews