“Seher” aus Sizilien erwartet auf dem Schloßberg von St. Leonhard in Kärnten wieder eine Marienerscheinung

Ein Kommentar von Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks in Münster.
Erstellt von Felizitas Küble am 25. April 2013 um 14:31 Uhr
Hl. Gottesmutter Maria

Seit fast drei Jahren glaubt der italienische Visionär Salvatore Caputa, daß er alle halbe Jahre einer Erscheinung der Himmelskönigin in Bad St. Leonhard gewürdigt wird – und zwar stets auf dem Schloßberg, auf dem sich malerisch eine alte Burgruine befindet; die kleine Kurstadt (ca. 4600 Einwohner) liegt im Lavanttal im österreichischen Bundesland Kärnten. Bereits im Mai 2010 will der pensionierte Polizist seine erste Marienvision in der Alpenrepublik erlebt haben, wobei sich das Erscheinungsphänomen selbst etwas weitschweifig als “missionarische Madonna in der Mission für die Jugend” vorstellt, also wieder einen neuen Ehrentitel für das neugierige Botschaftsvölkchen bereithält. Die Caputa-Erscheinungstermine Mai und Oktober sind natürlich nicht zufällig gewählt; sie sollen an Fatima erinnern und sich an diese bekannte und anerkannte Wallfahrtsstätte gleichsam “dranhängen”. Im Jahre 2009 hatte der “Seher” bereits in Südtirol eine Marienerscheinung vorhergesagt; das Spektakel wurde aber von bischöflicher Seite strikt untersagt. Der katholische Stadtpfarrer Walter Oberguggenberg von St. Leonhard hat sich ebenfalls sehr kritisch geäußert und den Gläubigen bereits vor drei Jahren von einer Wallfahrt zum Caputa-Event auf dem Berg abgeraten, doch seine Mahnungen verhallen vielfach ungehört. Der ehem. Stadtpfarrer Thonhauser hält ebenfalls nichts von dem “Gerede rund um die Erscheinungen”. Auch die Hinweise der Priester, daß die “Phänomene” um den 67-jährigen Seher von den Diözesen Trient, Bozen und Mantova (Mantua) klar abgelehnt werden, ficht die Wunderbewegten nicht an. Die Bistumsleitungen erinnerten hierbei ausdrücklich an die biblischen Warnungen vor “falschen Propheten”.

Bischöfe ermahnen zur “Unterscheidung der Geister”

Nach einer gründlichen kirchlichen Untersuchung der Caputa-Visionen erklärte das bischöfliche Ordinariat Mantua, daß „nichts erlaubt, objektiv an Erscheinungen zu denken. Einige Ausdruckselemente der angeblichen subjektiven Wahrnehmungen und einige Aspekte der Choreographie, die sie begleitet, stellen eher objektive Gegenbeweise dar.“ Auch der zuständige Bischof Alois Schwarz ermahnt seine Diözesanen zur Nüchternheit im Glauben. Er sprach von einer “Privatveranstaltung” des Italieners und empfahl den Gläubigen in seiner amtlichen Stellungnahme, „sich nicht voreilig und unbedacht in die Vorgänge auf dem Schlossberg in Bad St. Leonhard hineinziehen zu lassen und diese auch nicht durch eine Beteiligung aufzuwerten“. Gleichzeitig bittet der Kärtner Oberhirtse sein Kirchenvolk um eine entsprechende „Unterscheidung der Geister“ im Sinne der Heiligen Schrift. Während sich die kath. Kirche eindeutig ablehnend äußert, betrachtet die politische Kommunalverwaltung das fromme Treiben eher wohlwollend, macht es die Stadtgemeinde St. Leonhard doch weit und breit – sogar über Österreich hinaus – bekannt und sorgt für zahlreiche und zahlende Touristen – und dies nicht etwa nur zu den halbjährlichen “Erscheinungsterminen”. Auch zwischendurch kommen Pilger zur “Maria vom Schloßberg” und holen sich z.B. Wasser aus der vermeintlichen “Heilquelle”. Bürgermeister Simon Maier spendete sogar aus eigener Tasche das hoch aufragende “Seherkreuz” für den Schloßberg. Er ist von der Echtheit dieser kirchlich nicht anerkannten Privatoffenbarungen offenbar überzeugt. Wenn wieder eine Erscheinung ansteht, läßt er es sich nicht nehmen, selber mit anzupacken und beim Aufbau von Tischbänken und Gerätschaften zu helfen.

Christus selber segnete das “Gnadenwasser”….

Wo eine “Erscheinung” ihres Amtes waltet, ist die passende “Heilquelle” oft nicht weit: Viele Wallfahrer füllen ihre Flaschen an jener alten Wasserleitung, aus der seit Beginn der Erscheinungen das sog. „Gnadenwasser“ (!) fließen soll. Das profane Wasser versorgte zuvor einen Brunnen und umliegende Gärten; nun soll es plötzlich “geheiligt” sein, weil der Seher visionär erlebt haben will, wie Christus selbst vom Kreuz herabstieg und zu besagtem Brunnen geschritten sei, um diesen zu segnen. Inzwischen gibt es seit über einem Jahr sogar einen zweiten Wasserhahn an der Burgruine, der aber ganz irdisch durch die städtische Verwaltung installiert wurde, um die stundenlangen Wartezeiten für jene Pilger zu verkürzen, die sich das “Gnadenwasser” holen möchten. Kamen anfangs einige hundert Personen zu den Visions-Terminen des “Begnadeten” aus Sizilien, so waren es vorigen Oktober bereits 1500 Pilger. Die meisten Caputa-Gläubigen lassen sich dabei auch durch starken Dauerregen nicht von ihrer Wallfahrt abhalten. Für den kommenden Samstag, den 27. April 2013, wird ein Ansturm von zweitausend Teilnehmern erwartet, die aus dem ganzen Umland anreisen, teils gruppenweise mit Bussen; viele kommen eigens aus Italien angefahren. Um haargenau 16 Uhr (die Madonna erscheint stets äußerst pünktlich, wie Caputa-Fans wissen) soll es wieder soweit sein: Die “Himmelskönigin” gibt sich ein Stelldichein und verkündet dem 67-jährigen Seher wieder eine “Botschaft”. Diese schreibt er hinterher in einem nahegelegenen Holzstadl auf; danach wird sie den Versammelten in deutsch und italienisch vorgelesen.

Der selbsternannte Visionär kniet während der “Erscheinung” vor einer großen Marienstatue, die auf einen kleinen Holztisch gestellt wird; daneben steht zuweilen eine kleinere Statue der sog. “Rosa Mystica” mit drei Rosen aus Montichiari – oder wahlweise ein großes Jesuskind, wie man es aus Weihnachtskrippen kennt. Danach küßt Caputa jener weiß-hellblauen Edelkitsch-Madonna, die in ihrer Art stark an die “Gospa” von Medjugorje erinnert, gleichsam die Füße. Auf dem Schloßberg segnet der 67-jährige Sizilianer seine Anhänger oftmals mit einem Kreuzzeichen auf die Stirn, wobei er manchmal eine kurze “Handauflegung” vornimmt. Gegen einen “Laiensegen” wäre an sich nichts einzuwenden, wobei es durchaus befremdlich wirkt, daß viele (Erscheinungs-)Gläubige vor dem Seher niederknien. Eine ehrfürchtige Kniebeuge beim Gesegnetwerden praktizieren Katholiken üblicherweise nur während eines sakramentalen Segens durch das Allerheiligste oder bei einem bischöflichen oder priesterlichen Segen, wobei das Knien jeweils nicht der Person des Geistlichen gilt, sondern dem Altarsakrament bzw. dem priesterlichen Amt als Statthalter Christi. Ein solches Amt hat Salvatore Caputa aber nicht aufzuweisen – und eine Weihe zum “Visionär” gab und gibt es nun einmal nicht.

Mirakel aus Rosenduft und “Sonnenwundern”

Niemand außer Caputa “sieht” die Gottesmutter; doch wollen einige Pilger zeitgleich einen wohlriechenden Rosenblütenduft wahrgenommen haben; auch von “Sonnenphänomenen” wird erzählt (plötzliches Licht über St. Leonhard und dergl.) – also wie gehabt und bereits bekannt z.B. aus Medjugorje, Heroldsbach, Montichiari (Rosa Mystica) etc. In einem Pro-Caputa-Blog ist von einer “übernatürlichen Duftwahrnehmung” die Rede; zudem heißt es: “Viele der anwesenden Pilger erhielten vor oder während oder nach den Erscheinungen als himmlisches Zeichen einen Rosenduft, manche sehr intensiv und lange, manche auch noch bei der Heimfahrt und sogar zu Hause.” Im Herbst 2010 verkündete die “Madonna” den Anwesenden einer Caputa-Erscheinung: “Seid auch ihr oft zusammen mit Mir die Zuflucht der Sünder, der Armen, der Kranken, der Verzweifelten, der Kleinen, der Verlassenen!” – Hier stellt sich wohl die Rückfrage: Sind die Erscheinungsgläubigen etwa nicht selber auch Sünder? Wie können sie dann “die Zuflucht der Sünder” sein? Die Botschaften auf dem Schloßberg klingen zwar “superfromm-katholisch”, bringen aber theologisch einiges durcheinander – und können schon deshalb nicht “von oben” stammen. Hierzu ein Beispiel, das uns bereits die erste “Botschaft” vom 1. Mai 2010 liefert:

Erscheinungs-”Weisheiten” über die hl. Messe

Bei der “Offenbarung” auf dem Schloßberg, die am 1. Mai 2010 stattfand, soll die Madonna “ganz in rosa” erschienen und von 12 Engeln begleitet worden sein. Kurioserweise begann sie ihre “Predigt” mit den Worten: “Ich segne euch, liebe Jugendliche.” – Von einem Segen für Kinder oder Erwachsene war von A bis Z nicht die Rede, vielmehr hieß es am Schluß: “Ich segne Euch Jugendliche mit dem Segen der Freude”, was immer das sein mag. Sodann belehrte die “Himmelskönigin” das fromme Jungvolk über Sinn und Bedeutung der hl. Messe, indem sie erklärte: “Die heilige Messe ist die Erneuerung des Todes Jesu. Jesus litt und starb real, sein Blut vergießend. In der heiligen Messe, liebe Jugendliche, stirbt Jesus mystisch, geistig. In jeder heiligen Messe wiederholt sich der Tod Jesu auf mystische Weise… Jeden Tag, wenn die hl. Messe gefeiert wird, erneuert sich mysteriös das Leiden und der Tod Jesu am Kreuz.” Diese Äußerungen sind jedoch theologisch mißverständlich bis irreführend: In Wirklichkeit lehrt die katholische Kirche, daß das einmalige Opfer Christi auf Golgotha, das vor ca. 2000 Jahren stattfand, in der heiligen Messe auf sakramentale und unblutige Weise vergegenwärtigt wird. Also: Es wird nicht “erneuert”, geschweige “wiederholt”,  sondern dieses e i n e Opfer Christi wird auf dem Altar sakramental zur Gegenwart; es handelt sich zudem n i c h t um ein “mystisches” Ereignis,  geschweige gar um ein “mysteriöses” (!), sondern um ein sakramentales Geschehen, ein Darbringungsopfer der Kirche durch Christus zur Ehre des himmlischen Vaters. Sollte etwa die selige Jungfrau diese zweitausendjährige Lehrverkündigung der Kirche nicht kennen? – Da dies schlichtweg ausgeschlossen ist, können diese theologisch konfusen “Botschaften” nicht von der wirklichen Madonna stammen.

Foto: Hl. Gottesmutter Maria – Bildquelle: C. Steindorf, kathnews

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