Polen: Seligsprechung eines ungeborenen Kindes angekündigt

Am 10. September 2023 wird eine polnische Familie seliggesprochen werden, die in der Nazizeit Juden versteckt gehalten hatte und deswegen hingerichtet wurde. Skeptische Ãœberlegungen von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 19. Februar 2023 um 15:11 Uhr
Menschlicher Embryo

Wie kath.net berichtet, wird eine polnische Familie seliggesprochen, die, durch ihren Glauben motiviert, verfolgten Juden Schutz gewährt und deshalb selbst den Tod erlitten hat. Eine Schwierigkeit ergibt sich dadurch, dass die Seligsprechung auch ein zum Zeitpunkt der Erschießung ungeborenes, ausdrücklich als ungetauft bezeichnetes, Familienmitglied umfassen soll.

Unreflektierte Begeisterung

Erwartungsgemäß wurde aus Kreisen der Lebensschutzbewegung diese Ankündigung enthusiastisch begrüßt. Einer solchen Seligsprechung scheinen jedoch ernste, gnadentheologische und ekklesiologische Gründe entgegenzustehen. Die Argumentation des Relators im Seligsprechungsverfahren mit der Bluttaufe verfängt nicht, da diese den Vernunftgebrauch und den freien Willen voraussetzt. Ein ungeborenes Kind hat weder den Vernunftgebrauch, noch kann es bereits seinen individuellen, freien menschlichen Willen betätigen. Die Möglichkeit, dass Gott neben der klassischen Lösung der Scholastik im Limbus puerorum andere, uns nicht bekannte Wege wählt, ohne eigene Schuld ungetauft verstorbene Ungeborene doch zur ewigen Seligkeit zuzulassen, soll ausdrücklich nicht ausgeschlossen werden. Die Seligsprechung eines ungetauften Ungeboren ist es hingegen durchaus, denn als übernatürliche Tugend wird der Glaube durch die Taufe der Seele eingegossen. Wer also weder diese übernatürliche Tugend in der Taufe eingegossen bekommen hat, noch den Vernunft- und Willensgebrauch besessen hat, kann den Tod nicht um des Glaubens willen erlitten haben.

Basiswissen Katechismus – quo vadis?

Wenn diese Einwände nicht bedacht werden, man trotzdem unbekümmert und letztlich theologisch unbedarft zu einer Seligsprechung schreitet, was dann auch noch aus mehr emotionalen Gründen allenthalben auf Zustimmung stößt, so ist dazu zu sagen, dass Seligsprechungen ohnehin allgemein nicht als unfehlbar angesehen werden, dass man aber Prozesse, die so wenig solide geführt werden, in ihrem Ergebnis auch dann nicht mehr automatisch für unfehlbar halten kann, wenn sie zu Heiligsprechungen führen sollten. Sie belegen nur eines: einen noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbaren Tiefstand und Zerfall theologischen Denkens, selbst in frommen oder konservativen Kreisen und in den höchsten, irdischen Instanzen der Kirche. Oder wird demnächst K. Rahners Anonymer Christ zur Ehre der Altäre erhoben, und niemand mehr wundert sich darüber oder wendet Bedenken ein?

Foto: Menschlicher Embryo – Bildquelle: Ed Uthman, MD

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