Papst Benedikt in Ancona

Benedikt XVI. absolviert erneut Reise innerhalb Italiens.
Erstellt von Radio Vatikan am 11. September 2011 um 12:29 Uhr
Papst Benedikt XVI.

Ancona (kathnews/RV). Papst Benedikt XVI. hat an diesem Sonntag Ancona besucht: In der Hauptstadt der Region Marken beendete er feierlich den dortigen Nationalen Eucharistischen Kongress. Es war die 24. Papstreise innerhalb Italiens. Benedikt drĂ€ngte seine Zuhörer zu mehr sozialem Engagement aus eucharistischem Geist heraus, und er betete auch fĂŒr die Opfer der TerroranschlĂ€ge des 11. September vor zehn Jahren: „Ich appelliere an alle Verantwortlichen der Nationen und an alle Menschen guten Willens, Gewalt als Lösung von Problemen abzulehnen und der Versuchung des Hasses zu widerstehen“.

Sonne ĂŒber Ancona, der Stadt an der Adria, die vor fast 2.400 Jahren von dorischen Griechen gegrĂŒndet wurde und die in ihrer großen Zeit Handelsvertretungen in Konstantinopel oder Alexandria unterhielt: An die 100.000 Menschen empfingen den Papst an diesem Sonntag Morgen im Hafen, einem der grĂ¶ĂŸten Italiens. „Herr, zu wem sollen wir gehen?“ Diese Frage der JĂŒnger an Jesus war das Motto des Eucharistischen Kongresses, der am 3. September hier begonnen hatte. Papa Benedetto fĂŒhrte das Großereignis nun feierlich zu Ende, einer Tradition folgend, die sein VorgĂ€nger Paul VI. 1977 begonnen hatte. Weitere große eucharistische Kongresse werden ĂŒbrigens nĂ€chstes Jahr in der irischen Hauptstadt Dublin und 2013 dann in Köln stattfinden.

Es war das zweite Mal, dass Benedikt XVI. die italienischen Marken, eine Region abseits des Massentourismus, besucht: Schon 2007 war er im nur wenige Kilometer von Ancona entfernten Loreto, wo das Haus der Hl. Familie aus Nazareth verehrt wird, zu einem Jugendtreffen. Die Papstmesse fand in einem malerischen Setting statt: auf einer 800 Quadratmeter großen Altarinsel, unter der Teilnahme von dreihundert Bischöfen, die Adria im RĂŒcken und die auf einem HĂŒgel thronende Kathedrale San Ciriaco am Horizont. Hunderte von Freiwilligen prĂ€gten das Bild, aber auch etwa 800 Sicherheitsleute: Schließlich war das der Jahrestag der TerroranschlĂ€ge vom 11. September 2001.

„Ich erinnere den Herrn des Lebens an die Opfer der Attentate, die an diesem Tag vor zehn Jahren geschahen, und an ihre Familienangehörigen. Ich appelliere an alle Verantwortlichen der Nationen und an alle Menschen guten Willens, Gewalt als Lösung von Problemen abzulehnen, der Versuchung des Hasses zu widerstehen und sich in der Gesellschaft an die Prinzipien der SolidaritĂ€t, der Gerechtigkeit und des Friedens zu halten.“ Das sagte der Papst erst ganz am Schluss der Messe beim Gebet des „Engel des Herrn“. Es blieb die einzige Referenz an das weltweite Terror-Gedenken an diesem Sonntag. Was stattdessen dominierte an diesem Sonntag in der italienischen Provinz, das waren die hiesigen Sorgen: Hohe Arbeitslosigkeit, Belastungen fĂŒr die Familien, Unsicherheit ĂŒber die Zukunft.

„Heiliger Vater, wir bitten Sie um Ihren Segen fĂŒr Italien, das jetzt gerade in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht einen schwierigen Moment erlebt.“ Das sagte der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, in seinem Grußwort bei der Messe. Die SĂ€kularisierung habe den Glauben in die private Nische abgedrĂ€ngt. Doch der Verlust an Glauben gehe einher „mit einer AbschwĂ€chung der echten SensibilitĂ€t fĂŒr das Gemeinwohl“, warnte Bagnasco. Der Papst hatte zum Mittagessen an diesem Sonntag fĂŒnf Arme eingeladen, die die örtliche Caritas betreut, und sechzehn Arbeiter, deren Arbeitsplatz in Gefahr oder schon verlorengegangen ist. „Das sind derzeit die zwei spĂŒrbarsten Kategorien von Leid, das wir durch die Krise hier erleben“, erklĂ€rt der Erzbischof von Ancona-Osimo, Edoardo Menichelli. „Das ist eine BeschĂ€ftigungskrise, die sich im Moment leider verschĂ€rft, besonders hier in Ancona mit den Werftanlagen von Fincantieri. Benedikt will da seine SolidaritĂ€t mit den Arbeitern ausdrĂŒcken und ihnen Hoffnung geben. Die Armen, die am Tisch des Papstes mitessen, sind ĂŒbrigens sonst tĂ€gliche GĂ€ste in einer Mensa, die unmittelbar nach dem Krieg von einem Franziskaner gegrĂŒndet wurde.“

FĂŒrbitten: fĂŒr alle Menschen in Schwierigkeiten und fĂŒr Italien insgesamt. Das Land, das in diesem Sommer unter Druck durch die FinanzmĂ€rkte geriet, geht einem wirtschaftlich schwierigen Herbst entgegen; der Verband der Handelskammern rechnet damit, dass durch die Sparmaßnahmen und das fehlende Wachstum in diesen Monaten 88.000 ArbeitsplĂ€tze wegfallen werden.

Papst Benedikt rĂŒckte in seiner Predigt von Ancona die Eucharistie in den Mittelpunkt des christlichen Lebens: Von diesem inneren Kern aus starte dann das Engagement der Christen fĂŒr ihre Mitmenschen in Not. „Wir verwechseln die Freiheit oft mit dem Fehlen von Vorschriften und glauben, alles allein machen zu können, ohne Gott. In EinschrĂ€nkungen sehen wir nur Grenzen unserer Freiheit. Doch das ist eine Illusion, die bald in EnttĂ€uschung ĂŒbergeht, Unruhe und Ängste auslöst und paradoxerweise dazu fĂŒhrt, dass wir schließlich den Ketten der Vergangenheit nachtrauern… In Wirklichkeit werden wir frei nur durch die Öffnung zu Gott, in der Annahme seines Geschenkes: frei von der Sklaverei der SĂŒnde, die das Antlitz des Menschen entstellt. Und nur so können wir zum Guten der BrĂŒder beitragen.“

Der Mensch verfalle oft „in die irrige Vorstellung, Steine in Brot verwandeln zu können“, warnte der Papst mit Blick auf die Versuchungen Jesu in der WĂŒste. „Nachdem man Gott beiseite geschoben hat beziehungsweise ihn wie eine Privatangelegenheit toleriert, die sich nicht im öffentlichen Leben einzumischen hat, verfolgen gewisse Ideologien das Ziel, die Gesellschaft allein mit der Kraft der Macht und der Wirtschaft zu formen. Die Geschichte lehrt uns aber in dramatischer Weise, dass dieses Ziel, allen Menschen Fortschritt, materiellen Wohlstand und Frieden gewĂ€hrleisten zu wollen, ohne Gott und seine Offenbarung miteinzubeziehen, letztlich dazu fĂŒhrt, den Menschen Steine anstelle des Brotes zu bieten.“

Brot sei nicht nur, wie es in einem Gebet der Messfeier heißt, eine „Frucht der menschlichen Arbeit“, sondern eben auch „Frucht der Erde“, die von oben Sonne und Regen erhalte. Es sei ein Geschenk von oben: „Der Mensch kann sich nicht selbst das Leben geben, er vesteht sich nur von Gott ausgehend: Es ist das VerhĂ€ltnis zu Ihm, das unserem Menschsein Festigkeit verleiht und unser Leben gut und gerecht gestaltet. Im Vaterunser bitten wir, dass Sein Namen geheiligt werde, dass Sein Reich komme, dass Sein Wille geschehe. Vor allem mĂŒssen wir wieder die Vorherrschaft Gottes in unsere Welt, in unser Leben miteinbeziehen, denn durch sie erlangen wir die Wahrheit ĂŒber das, was wir sind.“

Wer nach dem „Primat Gottes in unserer Welt“ suche, der solle von der Eucharistie ausgehen, riet der Papst. „Hier ist uns Gott so nahe, dass er zu unserer Speise wird. Hier wird er zur Kraft auf unseren oft schweren Wegen…“ Die Eucharistie „reißt uns von unserem Individualismus weg“ und drĂ€ngt uns zum Einsatz fĂŒr die anderen, „auf allen Ebenen des Gemeinschaftslebens“: „Es entsteht daraus eine positive soziale Entwicklung, in deren Mittelpunkt der Mensch steht, vor allem der arme, kranke und bedĂŒrftige Mensch.“ Wer sich von Christus nĂ€hre, der gehe seinen Mitmenschen entgegen; wer sich vor der Hostie verbeuge, der beuge sich auch im Alltag â€žĂŒber die BedĂŒrftigen“. „In jedem Menschen wird er den Herrn erkennen, der nicht gezögert hat, sich selbst fĂŒr uns und unsere Rettung zu opfern.“ Die eucharistische SpiritualitĂ€t sei „das wahre Gegenmittel gegen den Individualismus und Egoismus, die oft unser Alltagsleben kennzeichnen“.

An diesem Sonntag steht fĂŒr den Papst noch ein Treffen mit Priestern und Familien im Dom von Ancona auf dem Programm. Und schließlich kommt es zu einer Begegnung, wie es sie bei einer Papstreise noch nie gab: Benedikt trifft 500 verlobte Paare auf einem Platz in der Innenstadt. Zwei dieser „promessi sposi“ werden dabei eine Ansprache halten.

Foto: Benedikt XVI. – Bildquelle: dgodin, CC – Flickr

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