Monastische Prägung und Leistung in der Kulturregion Eifel beleuchtet

Eine Rezension von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 7. Oktober 2019 um 22:39 Uhr

Der cmz-Verlag in Rheinbach, der 2019 sein vierzigjähriges Bestehen feiern kann, hat ihn 2018 herausgebracht, den Klosterführer Eifel, den die Eheleute Barbara und Hans Otzen erstellt haben. Er ist zugleich das Jahrbuch 2018 des seit 1906 existierenden Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Der reich bebilderte und flüssig geschriebene Band ist inhaltlich höchst informativ, dabei kurzweilig und spannend zu lesen; er präsentiert sich in einem praktischen Format, das auch im Rucksack Platz finden kann und ist dabei opulent ausgestattet. Dies macht den unprätentiösen Titel allemal wett. Der beinahe noch bescheidenere Untertitel Ein Lese- und Bilderbuch, ist wirklich eine Untertreibung. So wundert man sich nicht, dass der ansprechende Reise- und Wanderführer in diesem Jahr bereits in seiner zweiten, überarbeiteten Auflage vorliegt. Der Verlagsslogan: „Wir machen die guten Bücher“, mit dem cmz seine Philosophie auf den Punkt bringt, wird mit Büchern wie diesem wahrlich eingelöst. In Zeiten, in denen immer mehr online und am Computer gelesen wird, ist es auch haptisch und optisch ein Genuss, im Klosterführer Eifel zu blättern. Auf fast vierhundert Seiten kann der Leser entspannt schmöckern oder konzentriert studieren und wird die Anregung und Information finden, die er sucht. Dabei zeigen praktische Hinweise wie Gastronomietips, dass das Buch nicht nur auf der Couch oder am Schreibtisch gelesen werden, sondern dazu animieren will und einlädt, die geschilderten Orte und Stätten selbst zu besuchen.

Spannende Entdeckungsreisen

Die Erkundigungen, die man auf einer solchen Exkursion einholt, gestalten sich sicher oft zu einer spannenden Entdeckungsreise, denn nicht nur berühmte Abteien wie Maria Laach werden vorgestellt, den eigentlichen Reiz des Werkes machen sogar eher die weniger bekannten Klöster mit ihren Anekdoten und Legenden und mit ihrer verborgenen Historie aus, die dem Vergessen abgetrotzt werden.

Beim Titel Klosterführer Eifel darf man nicht einen allzu streng und enggefassten, geographischen Radius erwarten. Ländergrenzen werden nach Belgien und Luxemburg hin überschritten, die Gliederung des Bandes orientiert sich zunächst an Himmelsrichtungen, umfasst sodann aber auch noch einen ziemlich unüblich mit „Moseleifel“ umrissenen Landstrich.

Historisch und zukunftsweisend – europäische Grenzüberschreitungen

Dieses Konzept kann heute natürlich als der modernen Idee eines Europa der Regionen verpflichtet verstanden werden, verdankt sich aber gewiss mehr noch dem historischen Hintergrund. Monastische Impulse und Klostergründungen waren prägend für Urbarmachung und Landwirtschaft, für Bildung und Kultur und ließen sich noch nicht von viel späteren, nationalstaatlichen Grenzziehungen aufhalten. Sie gestalteten nicht nur Kulträume und Kirchen, sondern allumfassend katholisch tatsächlich ganze Regionen zu Kulturräumen.

Der vorgestellte Reiseführer führt sowohl längst erloschene Klöster auf als auch solche, die nach wie vor Zellen monastischen Lebens sind. Vor den Herausforderungen und Niedergängen der Gegenwart verschließt er nicht die Augen und berichtet etwa über Himmerod, dass diese letzte eigene Gründung des heiligen Bernhard von Clairvaux, von ihm 1135 persönlich vorgenommen, zugleich das erste Zisterzienserkloster auf deutschem Boden, im Oktober 2017 mangels Berufungen aufgelöst werden musste (vgl. S. 119-122). Eine Situation, die so in den Jahrhunderten und Umwälzungen zuvor nie die Kraft des Ordens brechen konnte, Himmerod immer wieder neu zu beleben und zisterziensisch zu führen.

Niedergang, Versuch einer Wende und Neuaufbrüche aus der Kraft der Überlieferung

Auch die Schließung der Trappistenabtei Mariawald findet Erwähnung. Dabei ist es interessant, dass die Autoren die Rückbesinnung auf Lebensweise und Ordenstradition in der Liturgie erwähnen, mit der unter Abt Josef Vollberg versucht wurde, eine Zukunft des Konvents anzustoßen. Diese Erwartung habe sich in Mariawald im Gegensatz zu anderen „Klostergemeinschaften, die die vorkonziliare lateinische Liturgie pflegen“ und „beachtliche Nachwuchszahlen aufweisen“ (S. 76) nicht bestätigt. Hierzu merkt der Rezensent an, dass freilich eine Berufung zum Trappisten sehr speziell ist und stets war und sicherlich die Begeisterung für die alte Ordensliturgie jemandem nicht zwangsläufig auch diese Berufung und die Fähigkeit zur klassischen Lebensform eines Zisterziensers der strengeren Observanz einflößt.

Bemerkenswert ist die Beschreibung von Gut Reichenstein, dessen denkmalpflegerisch und ökologisch hochstehende Restaurierung erwähnt wird und seine benediktinische Wiederbesiedlung durch französische Mönche, die der Regula Sancti Benedicti folgen und im geistigen Umfeld der Piusbruderschaft beheimatet sind, am 13. Oktober 2017, der Hundertjahrfeier der Marienerscheinungen von Fatima.

Bemerkenswert deshalb, weil ganz und gar darauf verzichtet wird, Seitenhiebe auf eine irgendwie irreguläre Situation dieser klösterlichen Revitalisierung zu verteilen, wie sie sonst seitens des Bistums Aachen und der Regionalpresse durchaus leider vorkommen. Damit freilich Reichenstein als Benediktinerkloster in Deutschland erfolgreich sein kann, müssen meines Erachtens die französischen Mönche, die den Neuanfang wagen, daran erinnert werden, dass schon vor über hundert Jahren Abt Prosper Guéranger OSB von Solemnes den Beuroner Benediktinern, die in enthusiastischer Begeisterung ganz und in allen Einzelheiten der Tagesordnung seiner Lebensweise sich anschließen wollten, ganz entschieden abriet, französische Eigenheiten zu kopieren, sondern regelrecht befahl, den Charakter der benediktinischen Tradition im eigenen Land und die eigene Mentalität zu akzeptieren.

Wenn mit Wohlwollen das Autorenpaar auch „traditionalistische“ Initiativen schildert, fällt auf, dass Kloster Maria Engelport zwar in einer historischen Aufzählung einmal genannt (vgl. S. 300), aber ansonsten nicht beschrieben wird, obwohl es doch über insgesamt vier Gründungsetappen seine Geschichte bis zum Jahr 1220 zurückverfolgen kann. Das bisher letzte Glied in dieser Traditionskette bildet seit 2014 der Schwesternzweig des Instituts Christus König und Hoherpriester, das ebenfalls der überlieferten Form des Römischen Ritus verpflichtet ist. Diese Lücke in der Beschreibung ist deswegen erstaunlich, weil Treis-Karden, zu dem auch Engelport gehört, mit dem Kollegiatsstift und Stiftsbezirk sogar recht ausführlich berücksichtigt wird (vgl. S. 341-348). Vielleicht wurde dessen historische Bedeutung stärker gewichtet und sollte Treis-Karden gleichsam nicht doppelt in dem Buch vertreten sein.

Jedenfalls ergeht ein ganz herzlicher Dank an die Verfasser, die begabten Fotographen und den Verlag, den Klosterführer Eifel zusammengestellt zu haben und an den interessierten Bücherfreund eine klare Empfehlung, zu diesem Buch zu greifen. Im Tourismusmarketing Österreichs kursiert seit einigen Jahren das Wortspiel vom Klösterreich Österreich. Die Lektüre dieses lehrreichen Reise- und Pilgerführers zeigt: Auch der Kulturraum der grenzüberschreitenden, europäischen Eifelregion ist ein solches Klösterreich.

Klosterführer Eifel
Barbara und Hans Otzen
Ein Lese- und Bilderbuch
In Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Verein, Köln
190 Farbabbildungen, 388 Seiten, 2 Landkarten
12,5 × 20,5 cm
Paperback mit Fadenheftung
ISBN 978-3-87062-303-6
€ 19,95 [D] / € 20,60 [A] / CHF 22,90

Foto: Klosterführer Eifel – Bildquelle: www.cmz.de

[UPDATE: 11.10.2019, 14:02 Uhr]

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