Mit neuem Motu proprio geht Papst Franziskus zurück hinter das Konzil

Errungenschaft der Personalprälatur praktisch neutralisiert und nur noch dem Namen nach erhalten. Ein Kommentar von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 11. August 2023 um 07:38 Uhr
Bildquelle: Wikipedia Carlos yo

Vatikan (kathnews). Am 8. August 2023 hat Papst Franziskus ein neues Motu proprio erlassen, das wiederum ohne jegliche Vacatio legis sogleich mit seiner Veröffentlichung in Kraft tritt. Dies allein schon ist eine prinzipiell zu kritisierende gesetzgeberische Anomalie und Unart, die zeigt, wie getrieben der regierende Pontifex agiert und unter welchem Zeitdruck er sich fühlen muss. Genauso war es der Fall bei Traditionis custodes.

Das gegenständliche Motu proprio betrifft die Rechtsstruktur der Personalprälatur, deren Schaffung vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregt worden war, um mit größerer Flexibilität bestimmten Aufgaben der Kirche in Pastoral und Mission besser dienen zu können und den territorial verfassten Diözesanklerus zu unterstützen. Die Anregung dazu findet sich im Dekret über den Dienst und das Leben der Priester, Presbyterorum ordinis, und zwar in PO 10.

Erstmals umgesetzt wurde die zuvor nicht bekannte Rechtsform der Personalprälatur, indem Papst Johannes Paul II. dem Opus Dei 1982 den entsprechenden Status verlieh. Bis heute ist das Opus Dei die einzige in der Kirche existierende Personalprälatur. Eine Personalprälatur bietet an sich nur eine Rahmenstruktur an, die durch eigene Statuten zu individualisieren und zu konkretisieren ist. Somit muss man sehen, dass die starke Konzentration auf die Laien und deren Heiligung das Spezifikum des Opus Dei bildet, nicht an sich ein strukturelles Wesenselement der Personalprälatur ist.

Die Neufassung der cann. 295 und 296 CIC entkernt die Errungenschaft der Personalprälatur, von der im Endeffekt nur noch der Name übrigbleibt. Da Franziskus schon vorher verfügt hatte, dass der Prälat künftig nicht mehr die Bischofsweihe empfängt und jetzt zum Moderator wird, kann man sogar sagen, dass die Idee der Personalprälatur erloschen ist und nur noch eine Worthülse besteht, die gar nicht mehr ganz passt. Das Opus Dei wurde schon anlässlich des vorausgegangenen Motu proprio Ad charisma tuendum mit der Erstellung neuer Statuten beauftragt. Wie es ihm angesichts der nunmehrigen Neuregelung gelingt, mittels dieser überarbeiteten Satzungen sein stark laikales Eigengepräge zu wahren, wird sich zeigen.

Generell überflüssig gemacht

Mit den Bestimmungen, die Papst Franziskus verankert hat, ist es prinzipiell überflüssig geworden, die Schaffung weiterer Personalprälaturen anzustreben. In der Vergangenheit war diese Rechtsform der Priesterbruderschaft St. Pius‘ X. angeboten und von Bischof Bernard Fellay als damaligem Generaloberen zeitweise auch sehr favorisiert worden. Der ursprünglichen Konzeption nach wäre es in der Tat eine Option gewesen, eine Personalprälatur mit dem besonderen Charisma und kirchlichen Auftrag einer umfassenden Seelsorge im Geiste der überlieferten Römischen Liturgie und lehramtlichen Tradition und Theologie für die Gläubigen zu schaffen, die eine solche spirituelle und pastorale Beheimatung in der Kirche suchen.

Spätestens jetzt muss die Piusbruderschaft ein Tedeum anstimmen, dass eine derartige Personalprälatur nicht zustande gekommen ist beziehungsweise, dass sie diese Rechtsform zu keinem Zeitpunkt angenommen hat. Ohnehin setzt die Tätigkeit einer Personalprälatur auf dem Gebiet einer Diözese die Zustimmung des Ortsbischofs voraus. Anders verhält es sich bei den Personalordinariaten, wie Papst Benedikt XVI. sie für die Anglikaner eingeführt hat, die unter Wahrung gewisser eigener Traditionen in Disziplin und Liturgie die Einheit mit dem Stuhl Petri eingehen wollen. Über die Errichtung eines solchen Ordinariates müssen die Ortsordinarien lediglich informiert werden.

Theoretisch wäre die Rechtsform des Personalordinariates für die Piusbruderschaft angemessener

Aus diesem Grunde und weil die Piusbruderschaft gegenüber den Gruppen, die sich auf Anglicanorum coetibus stützen, über den Vorteil einer faktisch bereits etablierten, eigenen Infrastruktur an Kirchen und Kapellen sowie anderen Einrichtungen verfügt, wäre das Personalordinariat für sie die offenkundig geeignetere Rechtsform gewesen. Dies hätte freilich eine Bestandsgarantie für alle existierenden Apostolate ebenso vorausgesetzt wie völlige Freiheit, Neugründungen vorzunehmen und wie über die Errichtung eines Ordinariates selbst, so auch über die Schaffung neuer Niederlassungen den territorial zuständigen Ordinarius bloß informieren zu müssen, ohne seiner Einwilligung zu bedürfen, um eine Gründung vorzunehmen.

Was wir nun am Beispiel der Personalprälatur sehen, kann allerdings morgen genauso der Rechtsfigur eines Personalordinariates widerfahren. Dies soll kein Menetekel in Richtung der Römisch-Anglikaner sein, obwohl diese zusätzlich materiell wie personell wesentlich labiler als die Katholiken im Umfeld der Piusbruderschaft sind. Die de facto völlige Entwertung der Personalprälatur, die übrigens ein tatsächlicher Rückschritt hinter das Zweite Vaticanum ist, zeigt jedoch, dass man sich derzeit auf keinen Status verlassen könnte, den Rom oder Franziskus gewähren, früher oder später aber so modifizieren, dass es einer Zerschlagung gleichkommt.

Foto: San Josemaría Escrivá de Balaguer – Iglesia de la Vera Cruz – Bildquelle: Wikipedia Carlos yo

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