Missbrauchsprävention wichtig für Bildungsarbeit
Freising (kathnews/RV). Als „tröstend“ nimmt der Experte im Kampf gegen Missbrauch Jesuitenpater Hans Zollner die ersten Erfolge bei der weltweiten Missbrauchsprävention in der katholischen Kirche wahr. Das Zentrum für Kinderschutz von der Päpstlichen Universität Gregoriana, das mit der Erzdiözese München und Freising kooperiert, hatte in dieser Woche in Freising die neue E-Learning-Plattform vorgestellt, die Kurse zur Missbrauchsprävention in verschiedenen Sprachen anbietet. Dazu waren neben deutschen Kirchenvertretern auch Gäste aus Indien, Argentinien, Ecuador, Ghana und Kenia angereist – sechs Länder, 26 Trainer aus Partnerorganisationen und insgesamt 250 Personen sind insgesamt in das Projekt involviert, das ab Ende 2014 von Kirchenmitarbeitern in aller Welt genutzt werden soll. Die Initiative sei in einigen Zielländern bereits in die Tat umgesetzt worden, lobt Pater Zollner im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio.
„Was unsere Gäste aus Afrika und Indien hier erzählt haben, wie sie unser Programm aufgenommen haben, auch unsere Vorstellung übernommen haben, wie wir für die Prävention arbeiten wollen, wie sie das selbst schon tun, wie die Bischöfe bereit sind, in diesen Diözesen zum Beispiel ein Büro einzurichten, das mit Missbrauchsfragen beschäftigt ist, die Schularbeit zu koordinieren, die Fortbildungen von Mitarbeitern in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Pfarreien – also das ist für mich unglaublich tröstend, und es ist ein wichtiger Schritt, weil dort auch Bewusstseinsbildung geschieht. Die Jahrestagung habe auch bei Teilnehmern aus Afrika und Asien, wo größere Missbrauchsskandale bisher nicht bekannt geworden sind, zu einer Bewusstseinsbildung im Hinblick auf Maßnahmen gegen Missbrauch beigetragen, so der Direktor des Instituts für Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Die katholische Kirche könne freilich in ihren rund 4000 Diözesen weltweit nicht flächendeckend mit gleichen Standards arbeiten. Gerade deshalb seien die Bewusstseinsbildung und die Arbeit der Multiplikatoren ja so wichtig. Außerdem zeige sich jetzt schon, dass sich die Missbrauchsprävention in bestimmten Ländern auch positiv auf die Bildungsarbeit auswirke:
„Von den indischen Jesuitenprovinzen arbeiten 15 von 18 mit uns zusammen. Die haben einen Einfluss auf die Bildungsarbeit in Indien, wo die katholische Bevölkerung eine Minderheit von 0,5 Prozent ist. Das heißt, wir werden da auch vor völlig neue Fragen gestellt: Wie gehen wir mit den Hindus und Moslems um? Diese Frage stellt sich auch in Indonesien, wo wir an der Jesuitenuniversität in Jakarta 80 Prozent muslimische Studenten haben. Wie viele von denen werden Lehrer werden? Wenn wir da einen Fuß in die Tür kriegen und diese Fortbildungsmaßnahmen zu Missbrauch und die Aufmerksamkeit, die Sensibilität schärfen können, dann haben wir da einen Riesenschritt nach vorne gemacht.“ Was der Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana allerdings bedauert: dass das Thema Missbrauch inzwischen weitgehend aus den Schlagzeilen mitteleuropäischer Medien verschwunden sei. Das helfe den Opfern „überhaupt nicht, vor allem nicht den Menschen, die noch zu Opfern werden können“, sagte Zollner am Mittwoch laut Angaben der katholischen Nachrichtenagentur. Auch sei es dadurch schwerer, Geldgeber für die Präventionsarbeit zu gewinnen. Nach den Worten des Jesuiten haben inzwischen fast 80 Prozent aller nationalen Bischofskonferenzen eigene Leitlinien im Umgang mit Missbrauch erlassen. Dieses Ergebnis sei „sehr beachtlich“. Nachholbedarf gebe es noch in Osteuropa und in Afrika. Die Kirche könne in vielen Ländern eine Vorreiterrolle bei Prävention und Opferschutz übernehmen, zeigte sich der Ordensmann überzeugt.
Foto: Missbrauch – Bildquelle: Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs