Lumen gentium, Artikel 29
Einleitung von Gero P. Weishaupt:
Nach dem Episkopat (Bischofsamt) und dem Presbyterat (Priestertum) richten die Konzilsväter ihre Aufmerksamkeit auf den Diakonat (diaconatus). Es steht auf der untersten Stufe des dreigliedrigen Weiheamtes (ordo).
Die Kirche lehrt die Sakramentalität des Diakonates
Zwar ist die Sakramentalität des Diakonats (noch) nicht definierte Glaubenslehre der Kirche, doch kann sie als sichere und allgemeine Lehre bezeichnet werden. Das Lehramt (Trienter Konzil, Pius XII.) geht von der Sakramentalität des Diakonates aus. Der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, dass den Diakonen ein „Siegelcharakter“ (Prägemal) durch die Diakonenweihe aufgelegt wird (KKK 1570). Dennoch spricht das Zweite Vatikanische Konzil in Artikel 29 von Lumen gentium nicht vom Sakrament des Diakonates, sondern von der „sakramentalen Gnade“, mit der die Diakone durch die Weihe gestärkt werden. Diese zurückhaltende Formulierung der Konzilsväter erklärt sich aus den theologischen (nicht lehramtlichen) Zweifeln an der Sakramentalität der Diakontsweihe. Die Konzilsväter wollten die theologischen Meinungen nicht verurteilen und die theologische Diskussion nicht bremsen. Die ist möglich, weil die Lehre der Kirche über die Sakramentalität des Diakonates (noch) nicht definitiv ist, wie das etwa bei der Lehre über das nur Männern vorbehaltene Priestertum der Fall ist. Hier ist eine theologische Diskussion seit der Feststellung durch Johannes Paul II. nicht mehr möglich, weil diese Lehre der Kirche definitiv und unfehlbar.
Handauflegung „zur Dienstleistung“
Aufgabe des Diakons ist es, „mit sakramentaler Gnade gestärkt“ (Gratia … sacramentali roborati) „dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium“ zu dienen. Der Diakon wird „zur Dienstleistung“ (ad ministerium) geweiht. Dadurch unterscheidet er sich von den beiden höheren Graden des Weihesakramentes. Auch der Bischof und der Priester üben Dienstämter aus. Jedes Amt in der Kirche dient dem Heil der Seelen. Im Amt des Diakons wird aber dieser wesentliche Aspekt des Weiheamtes eigens ausgedrückt und gelebt. Darum ist der Diakonat nicht nur als Durchgangsstufe zum Priesteramt vorgesehen, sondern als eigenständiges Amt in der Kirche vom Zweiten Vatikanischen Konzil wiederhergestellt worden. In der Ostkirche hat es den ständigen Diakon immer gegeben.
Der Diakon ist kein Sozialarbeiter
Dem Diakon kommt allerdings keine eigene spezifische Sakramentenspendung zu. Die Spendung der Taufe kann auch – im Notfall – ein Laie verrichten. Das Sakrament der Ehe spenden sich die getaufen Eheleute selber; ein Bischof, ein Priester oder ein Diakon sind in der Westkirche dabei assistierende Amtszeugen, im Ausnahmefall kann sogar ein Laie – mit Delegation des Bischofs „aufgrund einer vorgängigen empfehlenden Stellungsnahme der Bischofskonferenz und nach Erhalt der Erlaubnis des Heiligen Stuhles (vgl. can. 1112 § 1 CIC/1983) – der Ehe als Amtszeuge assistieren. Einige der Aufgaben, die ein Diakon ausĂĽbt, werden im Konzilstext aufgefĂĽhrt. Aber ebensowenig definiert sich der Diakon von einem rein sozial-karitativen Dienst her. Wer den Diakonat auf den sozial-karitative Dienst beschränkt, huldigt eher reformatorischen Auffassungen vom Diakonat.
Wie das Bischofs- und das Priesteramt definiert sich der Diakon nicht von seinen Aufgaben her, sondern von seinem Sein, d.h. von seiner sakramentalen Christusbeziehung und der ihm eignen Christusrepräsentanz. „An der Sendung und Gnade des Hohepriesters haben in eigener Weise auch die Amtsträger der niederen Ordnung teil, vor allem die Diakone, die den Geheimnissen Christi und der Kirche dienen“ (Lumen gentium, Art. 41). Und das kirchliche Gesetzbuch sagt: „Diejenigen, die zu Bischöfen und Priestern geweiht worden sind, empfangen das Amt und die Möglichkeit, in der Person Christi des Hauptes zu handeln, die Diakone hingegen erhalten die Aufgabe, das Volk Gottes im Dienst an der Liturgie, am Wort und der Nächstenliebe zu unterstützen“ (can. 1009).
Text von Lumen gentium, Artikel 29
In der Hierarchie eine Stufe tiefer stehen die Diakone, welche die Handauflegung „nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen“. Mit sakramentaler Gnade gestärkt, dienen sie dem Volke Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium. Sache des Diakons ist es, je nach Weisung der zuständigen Autorität, feierlich die Taufe zu spenden, die Eucharistie zu verwahren und auszuteilen, der EheschlieĂźung im Namen der Kirche zu assistieren und sie zu segnen, die Wegzehrung den Sterbenden zu ĂĽberbringen, vor den Gläubigen die Heilige Schrift zu lesen, das Volk zu lehren und zu ermahnen, dem Gottesdienst und dem Gebet der Gläubigen vorzustehen, Sakramentalien zu spenden und den Beerdigungsritus zu leiten. Den Pflichten der Liebestätigkeit und der Verwaltung hingegeben, sollen die Diakone eingedenk sein der Mahnung des heiligen Polykarp: „Barmherzig, eifrig, wandelnd nach der Wahrheit des Herrn, der aller Diener geworden ist.“
Weil diese für die Kirche in höchstem Maße lebensnotwendigen Ämter bei der gegenwärtig geltenden Disziplin der lateinischen Kirche in zahlreichen Gebieten nur schwer ausgeübt werden können, kann in Zukunft der Diakonat als eigene und beständige hierarchische Stufe wiederhergestellt werden. Den zuständigen verschiedenartigen territorialen Bischofskonferenzen kommt mit Billigung des Papstes die Entscheidung zu, ob und wo es für die Seelsorge angebracht ist, derartige Diakone zu bestellen. Mit Zustimmung des Bischofs von Rom wird dieser Diakonat auch verheirateten Männern reiferen Alters erteilt werden können, ferner geeigneten jungen Männern, für die jedoch das Gesetz des Zölibats in Kraft bleiben muß.
Foto: Levitenamt in der klassischen Form des Römischen Ritus mit Diakon und Subdiakon – Bildquelle: Domvikar Georg Schwager (Privatarchiv)