Konzil wünscht die tägliche Feier des Messopfers durch die Priester
Vor 50 Jahren, am 7. Dezember 1965, promulgierte das Zweite Vatikanische Konzil das Dekret über die Priester, „Presbyterorum Ordinis“. Im Folgenden veröffentlicht Kathnews einen Beitrag hierzu von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der Bruderschaft Pius X. 1960 berief Papst Johannes XXIII. den späteren Erzbischof Marcel Lefebvre, in die zentrale Vorbereitungskommission für das Zweite Vatikanische Konzil und verlieh ihm die Würde eines Päpstlichen Thronassistenten.
Das Konzil in wesentlichen Aussagen bejaht
Der Text, den der Erzbischof damals als Generaloberer der Spiritaner verfaßte, zeigt nicht nur, dass der Erzbischof das Zweite Vatikanische Konzil in vielen seiner wesentlichen Aussagen bejahte, sondern auch, wie sehr er das Konzil – hier das Dekret über die Priester – richtig interpretiert hat, nämlich in einer Hermeneutik der Reform in Kontinuität, d.h. Erneuerung der Kirche in Treue zur Tradition (Papst Benedikt XVI). Kathnews wird zu Beginn des Jahres 2016 die Veröffentlichung von Konzilstexten in der Reihe „Vatikanum II“ mit ausgewählten Texten dieses Dekretes und kurzen Einleitungen dazu von unserem Redakteur Gero P. Weishaupt fortsetzen.
(kathnews/fsspx.de). „Presbyterorum ordinis“ heißt, nach seinen lateinischen Anfangsworten das Dekret des II. Vatikanischen Konzils über „den Dienst und das Leben der Priester“. Es wurde vor 50. Jahren, am 7. Dezember 1965 von Paul VI. unterschrieben. Erzbischof Marcel Lefebvre, selbst Konzilsvater, hat zu diesem Dekret – das heute … wegen seines überlieferten Priesterbildes nicht mehr gerne erwähnt wird – im Jahr 1966 ein kurzes kommentierendes Wort hinterlassen, das er als noch Generaloberer der Spiritaner verfasste. Hier der Wortlaut des Beitrages von Erzbischof Lefebvre:
Der Priester und Unser Herr Jesus Christus gemäß dem Konzilsdekret „Presbyterorum ordinis“
Dieser dritte Abschnitt des Dekretes verlangt eigentlich danach, ein Gegenstand häufiger Betrachtung für alle Priester zu werden. Er unterstreicht die tieferen Ursachen ihrer priesterlichen Berufung und als Folge davon ihrer Berufung zur Vollkommenheit; sodann betont er gewisse besondere Erfordernisse, die zum Erreichen dieser Vollkommenheit notwendig sind und er schließt sodann, indem er die Hilfe nennt, die verschiedene, äußerst nützliche Mittel zu dieser Vollkommenheit bereitstellt.
Diejenigen, die irgendwelche Zweifel an der Erhabenheit und Bedeutung ihres Priestertums hegen, sollten diesen Text aufmerksam lesen und sie werden darin Nahrung für ihren Glauben und für den Eifer zu ihrer Selbstheiligung finden, die ein Unterpfand für die Heiligung des Nächsten ist.
1. Berufung des Priesters zur Vollkommenheit
Sofort in der ersten Zeile wird die Grundvoraussetzung ausgesprochen: Sacramento Ordinis Presbyteri Christo Sacerdoti configurantur. Auf diese Grundlage müssen wir uns immer wieder besinnen, damit wir alles erschließen können, was folgt.
Das Konzil fordert die Priester auf – vielleicht mehr als es in letzter Zeit üblich war – über die Notwendigkeit zum Erlangen der Heiligkeit nachzudenken, damit sie immer mehr viva instrumenta Christi Aeterni Sacerdotis ut mirabile opus ejus… persequi valeant. Daher ermahnt die Synode mit Nachdruck – vehementer hortatur – alle Priester, damit sie sich beharrlich abmühen, diese Vollkommenheit, diese Heiligkeit zu suchen, die sie zu gefügigeren Werkzeugen machen wird, um das Volk Gottes zu heiligen.
Das Dekret betont wiederum die Notwendigkeit für den Priester, sich zu heiligen durch die Ausübung seines Amtes, was in der üblichen Tätigkeit und Haltung des Priesters ein tiefes Erfassen des Glaubens voraussetzt durch das Lesen der Heiligen Schrift, die er den Gläubigen weiterreicht; das Dekret nimmt in seinem Namen die Formulierung des hl. Thomas von Aquin auf: contemplata aliis tradere „den anderen die Früchte seiner Betrachtung weitergeben“ (dominikanische Regel), damit eben durch Predigen und Sprechen die Priester dem lehrenden Christus vereint seien.
Aber das Konzil betont vor allem das Meßopfer, und zwar die tägliche Feier der hl. Messe enixe commendata, das legt es dringend ans Herz, in welchem die Priester vor allem ihren Dienst erfüllen (munus suum praecipuum sacerdotes adimplent). Als Folge der Heiligkeit und der Nächstenliebe, die aus dem eucharistischen Opfer strömen, nennt das Konzil sodann das Sakrament der Buße, das sie den Gläubigen spenden: eine wohltuende Überlegung für diejenigen, die verpflichtet sind, zahlreiche Beichten zu hören. Diese Nächstenliebe wird sich auch durch das öffentliche Brevierbeten zeigen und schließlich in der Ganzhingabe ihrer selbst für das Volk Gottes.
Die Konzilsväter haben sich indessen auch mit der Schwierigkeit vieler Priester befaßt, ihr Leben zu einem Zusammenspiel, zu einer Einheit zu gestalten inmitten zahlreicher verschiedenartiger Aufgaben, die sie im Laufe ihres täglichen Apostolates zu bewältigen haben. Sie zeigen nun eine Grundvoraussetzung: Die Augen immer auf das Priestervorbild geheftet halten, das Unser Herr ist. „Die Priester werden nach dem Vorbild Unseres Herrn die Einheit ihres Lebens finden, indem sie den Willen des Vaters vollbringen und sich selbst für die Herde hingeben, die ihnen anvertraut ist.“
Was wird die Quelle dieser Einheit sein? Das eucharistische Opfer quod ideo centrum et radix totius vitae Presbyteri exstat…: „welches der Mittelpunkt und die Wurzel des gesamten Priesterlebens ist…“. Aber das kann der Priester nur erreichen, wenn er durch die Betrachtung immer tiefer in das Geheimnis Christi eindringt. Diesen Willen Gottes werden die Priester auch in der Treue zur Kirche finden, in der Verbindung mit ihren Bischöfen und ihren Brüdern im Priestertum. Diese Seiten sind reich an Licht für den Glauben an die große und erhabene Berufung des Priesters, eines zweiten Christus. Könnten wir aus dieser Wahrheit die Seele unseres priesterlichen Daseins machen!
2. Besondere geistliche Erfordernisse im Leben des Priesters
Für die Priester ist die erste grundlegende Haltung diejenige, nicht ihren Willen zu suchen, sondern den Willen Desjenigen, der sie gesandt hat. Warum? Weil die Weisheit Gottes die menschlichen Kräfte und die menschliche Weisheit übersteigt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, all denen zu gehorchen, die mit dem Weisungsbefehl betraut sind. Dieser Gehorsam verlangt von ihnen, wenn er freiwillig angenommen und mit Zustimmung geübt wird, daß die Priester ihre Vorschläge und Unternehmungen ihren Oberen unterbreiten und dabei immer geneigt bleiben, sich deren Urteil zu unterwerfen. Demut und Gehorsam machen sie Christus gleichförmiger, der gehorsam geworden ist bis zum Tod.
Ein weiteres Erfordernis für den Priester in Übereinstimmung mit der Überlieferung der Kirche und empfohlen durch das Beispiel und das Wort Unseres Herrn ist die Keuschheit durch die Einhaltung des Zölibats. Wie sollen wir diese Forderung der Kirche allgemein und entsprechend der Tradition verstehen? Immer durch die Grundvoraussetzung, die zu Beginn dieses Kapitels genannt wurde. Die Andeutungen Unseres Herrn, die die Vollkommenheit dieser Enthaltsamkeit bezeichnen, sind zahlreich und genügend deutlich, deren Beispiel Er selbst gegeben hat, ein Beispiel, dem diejenigen nachgefolgt sind, die Er mit Bevorzugung geliebt hat.
Die priesterliche Keuschheit aus Liebe zu Unserem Herrn und zu den Seelen ist einer der wirkungsvollsten Anstöße beim Apostolat. Durch dieses Beispiel offenbaren sie ihren Glauben an den Ursprung ihres Priestertums in Gott, das seinen Ursprung nicht im Fleisch hat, ihre ungeteilte Liebe zu Christus und durch diese Liebe ihre Verfügbarkeit für den Dienst Gottes und der Menschen. Sie sind auch das Zeichen des zukünftigen Lebens, in dem die Kinder der Auferstehung nicht mehr heiraten werden. Das Konzil erneuert feierlich seinen Wunsch, dieses Erfordernis für die Heiligung des Priesters und seine Vollkommenheit aufrechtzuerhalten, für die Ehre der Kirche und das Heil der Seelen. Es verlangt von den Priestern und selbst von den Gläubigen, diese priesterliche Keuschheit in großer Wertschätzung zu bewahren.
Die dritte Forderung schließlich für die Vollkommenheit des Priesters ist seine Unabhängigkeit den Dingen dieser Welt gegenüber. Er muß frei bleiben, damit er der Stimme Gottes folgsam sein kann und damit er sich den Gütern dieser Welt gegenüber mit wahrer Klugheit verhalten kann, einer Klugheit, die vom Glauben erleuchtet ist. Er muß gewiß die notwendigen Mittel zu seinem Lebensunterhalt und zum Apostolat gebrauchen, aber das Konzil unterstreicht die Notwendigkeit der Loslösung und der Armut, den Vorteil einer gewissen gemeinsamen Nutzung der Güter, über die wir verfügen. Diese Tugend wird uns helfen, von neuem Nachahmer Unseres Herrn zu werden, der für uns arm geworden ist.
Diese Betrachtungen sind ungemein wohltuend für uns als Ordensleute, die wir öffentlich vor Gott und der Kirche den Eid abgelegt haben, diese Tugenden aus ganzer Seele und mit allen unseren Kräften zu üben.
3. Hilfen für das Priesterleben
Außerhalb der gewissenhaften Ausübung ihres heiligen Dienstes verfügen die Priester noch über weitere Mittel, um sich zu heiligen; diese Mittel empfiehlt die Kirche und gebietet sie zuweilen.
Das Dekret zählt sodann diese empfohlenen Mittel auf:
– Die Nahrung durch die Heilige Schrift und die Eucharistie;
– Der häufige Empfang des Bußsakramentes, das durch die tägliche Gewissenserforschung vorbereitet wird;
– Die geistliche Lesung vermehrt den Glaubensgeist;
– Die Verehrung der Jungfrau Maria;
– Tägliches Zwiegespräch mit Jesus, der in der heiligen Eucharistie gegenwärtig ist;
– Exerzitien und Seelenführung;
– Innerliches Gebet und mündliche Gebete, die von ihnen selbst gewählt werden, um ihre Seelen mit Unserem Herrn zu vereinigen und die Seelen derjenigen, die ihnen anvertraut sind.
Das Konzil empfiehlt sodann den Priestern das Studium und besonders das Studium der Heiligen Schrift, der Kirchenväter, der Dokumente des kirchlichen Lehramtes und die Werke der besten und in der Gottesgelehrtheit erprobten Theologen. Der Priester soll auch seine eigene Bildung nicht vernachlässigen, damit er sein Apostolat gut erfüllen kann. Er soll sich durch die Pastoralversammlungen Unterweisung holen, in denen die Erfahrungen ausgetauscht werden. Schließlich endet das Kapitel mit der Überlegung, wie für die normalen Lebensbedürfnisse der Diözesanpriester vorgesorgt werden soll.
Aber wir können die letzte Ermahnung nicht übergehen, die so rührend und so tröstlich ist:
Mitten in den Schwierigkeiten der heutigen Zeit für das priesterliche Leben liebt Gott Seine Priester immer noch ebenso, wie Er Seinen Sohn geliebt hat. Die Kirche findet selbst auf dieser sündigen Welt lebendige Steine, um den Tempel Gottes aufzubauen. Der Heilige Geist gibt weiterhin Seiner Kirche neue Wege ein, die sie betreten soll.
Die Priester mögen daran denken, daß sie nicht allein sind, sondern von der göttlichen Allmacht gehalten werden. Sie sollen vom Glauben leben, was für diejenigen eine Notwendigkeit ist, die das Volk Gottes führen, nach dem Vorbild Abrahams. Sie mögen an die göttliche Kraft glauben, die die Ernte reifen läßt. Sie mögen an Den glauben, der die Welt überwunden hat.
Es ist für uns sehr heilsam und tröstlich, auf die Worte der Kirche zu hören, die unseren gesunkenen Mut wieder aufrichten, der von einer erdrückenden Arbeitslast aufgebraucht wurde, und in diesen Anweisungen und Ratschlägen unserer Mutter den Weg des Friedens und der heiteren Ruhe wiederzufinden in der freudigen Erfüllung unserer erhabenen Berufung.
Msgr. Marcel Lefebvre
Generaloberer der Gesellschaft vom Heiligen Geist
Foto: Konzilsväter auf dem Petersplatz – Bildquelle: Peter Geymayer / Wikipedia