„Klassensprecher“ oder: Erster unter Gleichen

Der Vorsitzende einer Bischofskonferenz ist kein Oberbischof. Was sagt das Kirchenrecht über die Kompetenzen des Vorsitzenden einer Bischofskonferenz? Von Gero P. Weishaupt.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 7. März 2020 um 13:47 Uhr
Limburger Dom

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat den Limburger Bischof Georg Bätzing zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er tritt in diesem Amt die Nachfolge von Kardinal Marx an. Schon nach Ablauf der Konferenz gab der neue Vorsitzende Statements zum Besten, die unmissverständlich zeigten, dass er in seinem Denken seinem Vorgänger nahesteht. Des neuen Vorsitzenden Einstellungen zu Zölibat, Weiheamt für Frauen und Interkommunion waren schon im Vorfeld seiner Wahl bekannt gewesen. Den kirchlich höchst umstrittenen „Synodalen Weg“ will er fortsetzen. Dort soll weiterhin über Fragen diskutiert werden, die ausweislich des jüngsten Postsynodalen Schreibens „Querida Amazonia“ nicht die Sichtweise des Papstes sind. Während man in Frankfurt, dem Tagungsgort des „Synodalen Weges“, auf Strukturreformen, auf Abschaffung des Zölibates und die Klerikalisierung von Frauen setzt, mahnt der Papst das Gottesvolk in Deutschland zur Evangelisierung.

Als Verfechter des „Synodalen Weges“ und in seinem theologischen Denken setzt der Limburger Bischof den Kurs seines Münchener Vorgängers fort. Das ist zweifellos mit ein Grund, warum die Mehrheit der Bischöfe ihn zum neuen Vorsitzenden gewählt hat. Man setzt auf Kontinuität in inhaltlichen Fragen. Setzt der neue Vorsitzende aber auch in seinem Führungsstil und der Weise seines Auftretens in der Öffentlichkeit auf Kontinuität mit seinem Vorgänger?

Kein Oberbischof

In der Weise der Amtsausübung von Kardinal Marx als Vorsitzenden der DBK ist hierzulande wie im Ausland der Eindruck entstanden, der Vorsitzende der DBK sei auch der Oberbischof der Bischöfe. Hinzu kommt, dass – worauf Oliver Maskan von der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ zurecht hingewiesen hat -, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz „durch den gut geölten Bonner Apparat sachlich und personelle Ressourcen zur Verfügung  (stehen) wie keinem anderen Bischof. Herr des Verfahrens zu sein und Herrschaftswissen zu haben, gibt ihm eine Macht an die Hand, die zu eigenen Agenden verführen kann“. Außerdem erhält der Vorsitzende der DBK medial ein solches Gewicht, „das ihm eigentlich qua Kirchenverfassung nicht zusteht“. „Er wird in den Augen der Öffentlichkeit zwangläufig zum Oberbischof. Wer den entsprechenden Ehrgeiz mitbringt, kann diese Tendenz noch verstärken. Er kann die Kirche in Deutschland dann für die breite Öffentlichkeit positionieren, ohne dass er seine Mitbrüder nach Mandat oder Mehrheit fragen müsste“ (Die Tagespost, Nr. 7, 14.2.2020, Seite 1).

Der Vorsitzende im kirchlichen Gesetzbuch (CIC/1983)

Nach dem Kirchenrecht ist der Vorsitzende einer Bischofskonferenz kein Oberbischof, nicht Haupt der Bischöfe. Die einzelnen Bischöfe unterstehen hierarchisch nur dem Papst. Die Kompetenzen des Vorsitzenden einer Bischofskonferenz „beziehen sich allein auf das Kollegialorgan Bischofskonferenz mit ihren verschiedene Einrichtungen“ (Winfried Aymans).

Im Gesetzbuch der Kirche (CIC/1983) heißt es über den Vorsitzenden: „Der Vorsitzende der Konferenz … steht nicht nur den Vollversammlungen der Bischofskonferenz vor, sondern auch dem  Ständigen Rat“ (can. 452 § 2). Nach Abschluss einer Vollversammlung ist es zudem Aufgabe des Vorsitzende „einen Bericht über die Verhandlungen der Konferenz sowie ihrer Dekrete dem Apostolischen Stuhl (zu) übermitteln, damit sowohl die Verhandlungen zu dessen Kennnis gelangen als auch etwaige Dekrete von diesem überprüft werden“ (can. 456).

Der Vorsitzende in den Statuten der DBK

Die Statuten der DBK vom 2002 normieren in Artikel 29, Nr. 1 die Kompetenzen des Vorsitzenden. Sie weisen ihm keinerlei Kompetenzen zu, die über das kirchliche Gesetzbuch hinausgehen. Laut Statuten der DBK obliegt dem Vorsitzenden die Leitung der Vollversammlung und des Ständigen Rates. Außerdem vertritt er die Konferenz nach außen. Es wird hinzugefügt, dass der Vorsitzende an die Beschlüsse der Bischofskonferenz gebunden ist.

Im Stil Verbesserung

Der Vorsitzende ist folglich Leiter (Moderator) der Bischofskonferenz, nicht mehr und nicht weniger. Er ist Primus inter pares, Gleicher unter gleichen. In der medialen Öffentlichkeit kam das bisher nicht so herüber. Ob der neue Vorsitzende seine von der Kirchenverfassung vorgegebenen Kompetenzen in seiner Weise der Amtsausübung nicht „aufbläht“, wird sich zeigen. Jedenfalls gibt ein Interview des Limburger Bischofs bei Spiegel Online bereits jetzt schon Anlass zu begründeter Hoffnung, dass sich im Amtsstil etwas ändert. Danach sieht sich der frisch gewählte Vorsitzende Bätzing als „eine Art Klassensprecher“ der DBK. Das lässt aufhorchen. Hier kündet sich ein anderer Stil an, der den kirchenrechtlichen Vorgaben dieses Amtes sehr nahekommt. Es bleibt abzuwarten, wie Bischof Bätzing seinen Vorsatz in die Praxis umsetzen wird. Vom Amtsstil her würde er sich von seinem Vorgänger klar absetzen. Das wäre eine Verbesserung. In inhaltlich-theologischen Fragen jedoch wird er den Kurs von Kardinal Marx fortsetzten. Im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Bischofskonferenz war das auch nicht anders zu erwarten.

Foto: Limburger Dom – Bildquelle: Danny Busch

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