Kirchliche Disziplin kann nicht geändert werden

„Familiaris consortio“ über die Nichtzulassung von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen zur heiligen Kommunion.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 13. September 2014 um 11:20 Uhr
Papst Johannes Paul II.

Einleitung von Dr. iur. can. Gero P. Weishaupt:

Vom 5. bis 19. Oktober tagt in Rom die dritte außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode. Sie steht unter dem Thema: „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung“. Im Fokus des öffentlichen Interesses steht die Frage nach der Möglichkeit der Zulassung von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen zu den Sakramenten, namentlich zur heiligen Kommunion.

Erläuterungen von Joseph Kardinal Ratzinger (Benedikt XVI.)

In seinen einleitenden Erläuterungen über den pastoralen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, die Joseph Kardinal Ratzinger (Benedikt XVI.) als Präfekt der Glaubenskongregation 1998 geschrieben hat und die seit dem 12. September 2014 zusammen mit lehramtlichen Texten, vor allem der Nr. 84 des postsynodalen Schreibens Familiaris consortio Papst Johannes Pauls II. vom 22. November 1981, und weiteren Kommentaren zu diesem Thema in einem vom Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer im Würzburger Echter-Verlag herausgegebenen Band „Zur Seelsorge wiederverheirateter Geschiedener. Dokumente, Kommentare und Studien“ auch in deutscher Sprache zugänglich sind (Kathnews sowie die katholische Zeitung „Die Tagespost“ in ihrer Ausgabe vom 6. September 2014 haben darüber ausführlich berichtet und dokumentiert), schreibt Joseph Kardinal Ratzinger: „Jene, die unter schwierigen familiären Verhältnissen leiden, bedürfen in besonderer Weise der pastoralen Liebe. Die Kirche ist gerufen, ihnen nach dem Vorbild Jesu, der niemanden von seiner Liebe ausschloss, nahe zu sein.“ Insbesondere gelte es in der Seelsorge, die unterschiedlichen Situationen zu unterscheiden, auf die Papst Johannes Paul II. in dem postsynodalen Schreiben Familiaris consortio von 1981 in der Nummer 84 hingewiesen hat.

Aktive Teilnahme nicht auf Kommunionempfang reduzieren

Außerdem müsse klar sein, dass die wiederverheirateten Geschiedenen nicht aus der Kirche ausgeschlossen sind. Sie sollen aktiv am kirchlichen Leben teilnehmen. Diese aktive Teilnahme am kirchlichen Leben, so der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, dürfe aber „nicht einfach auf die Frage des Kommunionempfanges reduziert werden, wie es leider oftmals geschieht“. Im amtlichen Schreiben der Glaubenskongregation von 1994 an die Bischöfe zum Empfang der heiligen Kommunion von Seiten der wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen hatte der Präfekt der Glaubenskongregation u.a. auf die Praxis der geistlichen Kommunion hingewiesen. Die Hirten sollen in der Verkündigung die Gläubigen auf den Wert der Teilnahme am Kreueszsopfer Christi durch die geistliche Kommunion, aber auch das Gebet, die Betrachtung des Wortes Gottes und durch Werke der Liebe und der Gerechtigkeit aufmerksam machen.

Nichtzulassung zur Kommunion ist nicht nur eine Norm der kirchlichen Disziplin

Die in Familiaris consortio von Papst Johannes Paul II. in Erinnerung gerufene und angemahnte kirchliche Praxis der Nichtzulassung der wiederverheirateten Geschiedenen sei, so der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, keine Norm einer „bloß disziplinäre(n) Regelung, die von der Kirche geändert werden könnte“. Vielmehr leite sie „sich von einer objektiven Situation her, die das Hinzutreten zur heiligen Kommunion in sich unmöglich macht“. Das aber heißt, dass an diese Vorgaben auch eine künftige Bischofssynode gebunden ist.

Im Folgenden veröffentlicht Kathnews im Hinblick auf die bevorstehende Bischofssynode die Nummer 84 von Familiaris consortio zur Gänze. Die Überschriften sowie die Numerierungen sind von mir im Hinblick auf das Leseverständnis hinzugefügt worden. Die folgende deutsche Übersetzung des authentischen lateinischen Textes habe ich der Homepage des Vatikan (www.vaticana.va) entnommen.

Johannes Paul II., Familiaris consortio, Nr. 84

„Die tägliche Erfahrung zeigt leider, daß derjenige, der sich scheiden läßt, meist an eine neue Verbindung denkt, natürlich ohne katholische Trauung. Da es sich auch hier um eine weitverbreitete Fehlentwicklung handelt, die mehr und mehr auch katholische Bereiche erfaßt, muß dieses Problem unverzüglich aufgegriffen werden. Die Väter der Synode haben es ausdrücklich behandelt. Die Kirche, die dazu gesandt ist, um alle Menschen und insbesondere die Getauften zum Heil zu führen, kann diejenigen nicht sich selbst überlassen, die eine neue Verbindung gesucht haben, obwohl sie durch das sakramentale Eheband schon mit einem Partner verbunden sind. Darum wird sie unablässig bemüht sein, solchen Menschen ihre Heilsmittel anzubieten.

Verschiedene Situationen gilt es zu unterscheiden

Die Hirten mögen beherzigen, daß sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden.

(1) Es ist ein Unterschied, ob jemand trotz aufrichtigen Bemühens, die frühere Ehe zu retten, völlig zu Unrecht verlassen wurde oder ob jemand eine kirchlich gültige Ehe durch eigene schwere Schuld zerstört hat.

(2) Wieder andere sind eine neue Verbindung eingegangen im Hinblick auf die Erziehung der Kinder und haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, daß die frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war.

Wiederverheiratete Geschiedene sind nicht von der Kirche getrennt

Zusammen mit der Synode möchte ich die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnen, den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind. Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Meßopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Initiativen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der Hoffnung stärken.

Gründe für die Nichtzulassung zur heiligen Kommunion

Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl (im lateinischen Original steht: „non admittendi ad eucharisticam communionem fideles“) zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden;

(1) denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht.

(2) Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung. Voraussetzung zum Empfang des Bußsakramentes:

Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, daß, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, „sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind“ (Johannes Paul II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode (25.10.1980), 7: AAS 72 (1980) 1082).

Verbot irgendwelcher liturgischer Handlungen

Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe führen.

Treue zur Wahrheit und mütterliche Sorge der Kirche

Durch diese Haltung bekennt die Kirche ihre eigene Treue zu Christus und seiner Wahrheit; zugleich wendet sie sich mit mütterlichem Herzen diesen ihren Söhnen und Töchtern zu, vor allem denen, die ohne ihre Schuld von ihrem rechtmäßigen Gatten verlassen wurden. Die Kirche vertraut fest darauf; daß auch diejenigen, die sich vom Gebot des Herrn entfernt haben und noch in einer solchen Situation leben, von Gott die Gnade der Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben sind in Gebet, Buße und Liebe.“

Foto: Papst Johannes Paul II. – Bildquelle: Eric Draper, White House

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