Innsbrucker Maria-Hilf-Bild wird näher gebracht

Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 5. März 2022 um 10:40 Uhr

In drei Innsbrucker Kirchen, der Spitalskirche zum Heiligen Geist, der Universitätskirche St. Johannes Baptist am Innrain und im Innsbrucker Dom zu St. Jakob, der früheren Stadtpfarrkirche, finden seit Aschermittwoch und bis Ostern wieder sogenannte Kunstinstallationen statt. Die sakralen Räume werden dabei mit zeitgenössischer Kunst zur Begegnung gebracht und konfrontiert, um Seh- und andere Gewohnheiten zu erschüttern, neu bewusst zu machen und dem Gewohnten ungewohnt gegenüberzutreten.

Diese Kunstaktionen verdanken sich dem amtierenden Innsbrucker Bischof Hermann Glettler, der sich modernem Kunstschaffen verbunden fühlt und sich selbst gerne als modernen Künstler sieht. Das befremdet manchen, und die kritische Anfrage ist erlaubt, inwiefern sich katholische Kirchen als Ausstellungsräume von Kunst eignen, zumal wenn diese nicht als sakral konzipiert ist. Das katholische Gotteshaus ist doch nicht bloßer Versammlungsort, vielmehr Kultstätte verdichteter Gottesbegegnung.

Seltene Chance

Jedenfalls die Station in der Domkirche ist für jeden, der derzeit und bis Ostern nach Innsbruck kommt, mit einer geradezu einmaligen Gelegenheit verbunden, das Maria-Hilf-Bild ganz aus der Nähe anschauen und verehren zu können. Dauerhaft im heutigen Dom ausgestellt ist das Innsbrucker Gnadenbild schlechthin seit dem 3. Juli 1650, mit der Unterbrechung von 1717 bis 1724, als die Stadtpfarrkirche neu gebaut und barockisiert wurde und das Bild selbst in die Spitalskirche gebracht worden war. In der Handreichung zur Ausstellungsstation im Dom heißt es: „Nach über drei Jahrhunderten ist das Mariahilfbild von Lucas Cranach mit der Transferierung auf den Philipp-Neri-Seitenaltar im Rahmen der Kunstaktion während der Fastenzeit 2022 erstmals über einen so langen Zeitraum in St. Jakob statt in weiter Ferne in unmittelbarer Nähe erlebbar.“

Moderne Nachbildungen treffen auf das Original

Mit ausgestellt sind Zeichnungen des Maria-Hilf-Motivs des aus Lienz in Osttirol gebürtigen Künstlers Michael Hedwig (*1957), ausgewählt aus einem größeren Zyklus, der in den Jahren 2008 und 2009 entstanden ist und mit dem sich der Künstler einreiht in eine lange Tradition der Aneignung und Kopie dieser Mariendarstellung Lucas Cranachs d. Ä., eines frühen Freundes und Weggefährten Martin Luthers. Ungewöhnlich am Maria-Hilf-Bild ist es deshalb bereits, dass eine lutherische Mariendarstellung zum vielfach wiedergegebenen und variierten katholischen Gnadenbild und zum Ziel von Wallfahrten avancierte.

Unbekannteren und früheren Cranach in Innsbruck nicht übersehen

Nicht Teil des Kunstprojektes zur Fastenzeit, sei hier die Kapuzinerkirche in Innsbruck zum Besuch empfohlen. Sie birgt in einer Seitenkapelle links vom Eingang das zweite und ältere Marienbildnis Lucas Cranachs d. Ä. in der Tiroler Landeshauptstadt. Weit weniger bekannt als das Maria-Hilf-Bild ist es schon aufgrund des Typus einer Maria lactans eine sehenswerte Besonderheit.

Mariens Nähe in Notzeiten

Beide Bilder sollten nicht nur besichtigt, sondern zum Gebet aufgesucht werden. Die augenblickliche Ausstellungssituation im Dom begünstigt diesen Aspekt leider nicht unbedingt. Doch, dass das Gnadenbild Maria Hilf in dieser Fastenzeit zwar aus dem gewohnten Mittelpunkt über dem Hochaltar rückt, wo momentan bewusst eine Lücke klafft, dafür aber im wahrsten Sinne des Wortes näher gebracht wird, ist prinzipiell als positiv und konstruktiv zu werten. Die Aktualität des Ukraine-Konfliktes konnte niemand vorhersehen, doch ist in ihr die Nähe Mariens und ihre Hilfe zweifelsohne speziell zu suchen. Und auch das schwarze Loch im Zentrum des Hochaltars lässt sich deuten als Sinnbild dessen, was mit dem Frieden fehlt oder als Symbol der Dunkelheit und Ungewissheit, die die Abwesenheit von Frieden mit sich bringt.

Foto: Gottesmutter Maria – Bildquelle: Archiv Oldendorf

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