„Humanae vitae“ lehrte keinen Biologismus und Naturalismus. Gute Gründe für den unfehlbaren Charakter des Lehrschreibens

Der Moraltheologe Christian Schulz zeigt mit guten Gründen, warum die in „Humanae vitae“ vorgelegte sittliche Weisung betreffend die Empfängnisverhütung in den Bereich einer vom ordentlichen Lehramt bezeugten unfehlbaren Lehre fällt. Wer der Enzyklika Biologismus und Naturalismus  vorwirft, verkennt die Natur des Menschen als einer Leib-Seele-Einheit. Auszug aus einer Buchbesprechung von Josef Spindelböck.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 24. Juni 2017 um 11:03 Uhr
Vaticanum II, Papst Paul VI.

Einführung von Gero P. Weishaupt

(kathnews). Am 25. Juli 2018, also genau in einem Jahr, jährt sich zum 50. Mal die Veröffentlichung der Enyzklika „Humanae Vitae“ von Papst Paul VI. In ihr wird u.a. auf der Grundlage des natürlichen Sittengesetzes (Naturrecht, erkennbar durch die Vernunft und abgeleitet aus der Natur, dem Wesen des Menschen) die künstliche Empfängnisverhütung vom höchsten Lehramt der Kirche abgelehnt.

Das katholische Internetportal Kath.net berichtete unter Berufung auf den Historiker und Publizist Roberto de Mattei unlängst davon, dass „Gilfredo Marengo, Professor am Päpstlichen Institut Johannes Paul II. für die Studien zu Ehe und Familie, … Vorsitzender einer von Papst Franziskus eingesetzten Kommission (werde), welche die Enzyklika „Humanae vitae“ von Papst Paul VI. im Licht des nachsynodalen apostolischen Rundschreibens „Amoris laetitia“ neu interpretieren soll“.

Der Moraltheologe Christian Schulz hat in seiner Dissertation „Die Enzyklika „Humanae vitae“ im Lichte von „Veritatis splendor“ – Verantwortete Elternschaft als Anwendungsfall der Grundlagen der Katholischen Morallehre, EOS Verlag 2008, 290 Seiten, aufgezeigt, dass „Humanae vitae“ zum unfehlbaren Lehramt der Kirche gehöre. „Humanae vitae“ teilt denselben unfehlbaren und damit unveränderlichen Lehrcharakter wie das Lehrschreiben „Ordinatio Sacerdotalis“, in dem Papst Johannes Paul II. die Priesterweihe von Frauen defintiv und ein für allemal ausgeschlossen hat. Eine Umintepretation der in den Lehrschreiben als unfehlbar vorgelegten Glauben- und Sittenlehre, die auf eine Änderung ihrer wesentlichen und damit unveränderlichen Aussagen abzielte, kann es darum nicht geben.

Der österreichische Moraltheologie Josef Spindelböck schrieb anlässlich des 40jährigen Jubiläums von Humanae vitae 2008 eine lesenwerte Buchbesprechung des Buches von Schulz in Theologisches 38 (2008) 328–330. Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Spendelböck veröffentlicht Kathnews aus aktuellem Anlass jenen Auszug aus der Rezension, die sich der Frage der unfehlbaren Lehrautorität in der Dessertation von Christian Schulz widmet. (Quelle: St. Josef)

Aus der Buchbesprechung von Prof. Josef Spindelböck

Als Band 6 der im EOS Verlag, St. Ottilien, von Josef Georg Ziegler begründeten und nunmehr von Clemens Breuer herausgegebenen Reihe „Moraltheologische Studien – Neue Folge“ ist jetzt die gedruckte Dissertation von Christian Schulz mit dem Titel „Die Enzyklika ‚Humanae vitae’ im Lichte von ‚Veritatis splendor’ – Verantwortete Elternschaft als Anwendungsfall der Grundlagen der Katholischen Morallehre“ erschienen. Christian Schulz, geb. 1969 in Oberhausen und seit 2001 Pfarrer in Bartholomäberg, promovierte mit der hier publizierten Arbeit 2008 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg zum Doktor der Theologie. Die Studie wurde von Prof. em. Dr. Joachim Piegsa betreut, der auch das Erstgutachten verfasste, Zweitgutachter war Prof. em. DDr. Anton Ziegenaus.

Inhaltlich geht es, wie schon der Titel anzeigt, um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Grundlagen der kirchlichen Morallehre in spezieller Anwendung auf die von Paul VI. vor 40 Jahren (1968) in der Enzyklika „Humanae vitae“ vorgelegten sittlichen Weisungen betreffend das ausnahmslose Verbot empfängnisverhütender Mittel und Praktiken, deren Anwendungen darin als „in sich schlechte Handlungen“ qualifiziert werden, die unabhängig von den Umständen und Intentionen der Handelnden auf jeden Fall abzulehnen sind.

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Der II. Teil steht unter der Überschrift „HV [= Humanae vitae] in der Diskussion. Lehramtskompetenz und Argument“ (40–219) und ist als eigentliches Herzstück der Studie anzusehen. In drei Unterkapiteln wird erstens „HV und der Anspruch des kirchlichen Lehramtes – die Frage nach der Überschreitung lehramtlicher Kompetenz“ (40–173) thematisiert, zweitens das „Handlungsobjekt von ‚Humanae vitae’ – ein ‚intrinsece malum’“ (174–187) vorgestellt und drittens das „natürliche Sittengesetz und der Vorwurf des ‚Biologismus’ (188–219) erörtert.

Unter Rückgriff auf die wissenschaftliche Forschung und Diskussion zu den Ausführungen des 1. Vatikanischen Konzils zum Bereich des Sittlichen als möglichem Objekt der Unfehlbarkeit des Lehramts der Kirche wird in diesem II. Teil aufgezeigt, dass nicht nur jene sittlichen Wahrheiten, die unmittelbar zur göttlichen Offenbarung gehören, da sie in ihr explizit oder implizit enthalten sind, von der Kirche mit unfehlbarer Lehrautorität verkündet werden können, sondern dass auch Wahrheiten des natürlichen Sittengesetzes, sofern sie im Konkreten einen notwendigen Bezug zur Darlegung und Verteidigung der göttlichen Offenbarung besitzen, von der Kirche sowohl im außerordentlichen als auch im ordentlichen Lehramt des Papstes und der Bischöfe auf unfehlbare Weise vorgelegt werden können. In voller Kontinuität damit stehen die Ausführungen des 2. Vatikanischen Konzils und wichtiger nachkonziliarer Dokumente wie die Erklärung der Glaubenskongregation „Mysterium Ecclesiae“ vom 24. Juni 1973, die Instruktion der Glaubenskongregation „Donum veritatis“ vom 24. Mai 1990 und das Motu proprio von Johannes Paul II. „Ad tuendam fidem“ vom 18. Mai 1998.

Darüber hinaus gibt es den Bereich „authentischen Lehrens“ der Kirche, das zwar keine „Glaubenszustimmung“ im eigentlichen Sinn und auch kein endgültiges Festhalten wie im Bereich irreformabler Lehre verlangt, aber dennoch im Sinne von „Lumen gentium“, Nr. 25, einen „religiösen Gehorsam des Willens und des Verstandes“ erfordert, um gerade so dem Anspruch des an der Lehre der Kirche zu bildenden Gewissens gerecht zu werden. Der Verfasser zeigt mit guten Gründen, warum die in „Humanae vitae“ vorgelegte sittliche Weisung betreffend die Empfängnisverhütung in den Bereich einer vom ordentlichen Lehramt bezeugten unfehlbaren Lehre fällt; selbst wer diese Auffassung nicht teilt, hat sie als mit hoher Autorität und Konstanz vorgetragene authentische Lehre der Kirche anzunehmen und zu befolgen. Auf die besondere Verantwortung der Bischöfe und Moraltheologen wird hingewiesen. Die Berufung auf das sittliche Naturgesetz hat nichts mit Biologismus und Naturalismus zu tun, sondern nimmt die menschliche Person in ihrer leib-seelischen Einheit ernst, die gemäß dem Willen und Plan des Schöpfers in ihrer Würde am ewigen Gesetz Gottes partizipiert und dessen unbedingten Anspruch erfährt.

Foto: Papst Paul VI. in der Konzilsaula – Bildquelle: Lothar Wolleh / Wikipedia

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