Hermeneutischer Grundsatz zum Verstehen von „Amoris laetitia“

Die in den Fußnoten des nachsynodalen Schreibens zitierten Texte des Lehramtes unbedingt mitlesen. Nur so vesteht man die Intention von Papst Franziksus: das was er will und das was er nicht will.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 13. April 2016 um 21:14 Uhr
Petersplatz mit Gero P. Weishaupt

Das nachsynodale Schreiben „Amoris laetitia“ ist kein dogmatischer oder kirchenrechtlicher Text, sondern ein pastorales Scheiben des Papstes über Ehe und Familie. Dies bestimmt seine Sprache. Pastorale Sprache hat den Nachteil, dass sie für verschiedene Interpretationen offen ist, die nicht der Absicht des Autors entsprechen. Darum sind Grundsätze der Hermeneutik zu beachten. Ein zentraler Grundsatz besagt, dass neue lehramtliche Texte immer im Licht des bisherigen Lehramtes zu lesen sind. Dies betrifft auch die Frage nach dem Umgang mit wiederverheiraten Geschiedenen.

Darüber handelt unter anderem das achte Kapitel des päpstlichen Schreibens, das den Titel trägt „Die Zerbrechlichkeit begleiten, unterscheiden und eingliedern“. Der Papst entwickelt dort Anforderungen und Charakteristiken des Weges der Begleitung und Unterscheidung, der für die pastorale Sorge der betroffenen Gläubigen durch die Hirten der Kirche beschritten werden soll. Amoris laetitia erinnert an die mildernden Bedingungen und Umstände, die die Schuldfähigkeit und die Verantwortung für das eigene Handeln vermindern können. Das ist nichts Neues. Der Papst zitiert den Katechismus der Katholischen Kirche. Dem Papst liegt es allerdings fern, die kirchliche Praxis bezüglich der Zulassung der Betroffenen zur heiligen Kommunion aufzuheben. Das geht aus einer Fußnote hervor, in dem er auf eine Erklärung des Päpstlichen Raters für die Gesetzestexte vom 24. Juni 2000 hinweist, die wiederum die in Familiaris Consortio Nr. 84 vorgebene Praxis in Erinnerung ruft. Darin muss eine Bestätigung der Erklärung und der Vorgaben von Familiaris Consortio durch Papst Franziskus gesehen werden.

Postsynodales Schreiben Amoris laetitia

In Nummer 302 von „Amoris laeitita“ sagt der Papst:  

„In Bezug auf diese Bedingtheiten macht der Katechismus der Katholischen Kirche eine überzeugende Aussage: » Die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie können durch Unkenntnis, Unachtsamkeit, Gewalt, Furcht, Gewohnheiten, übermäßige Affekte sowie weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren vermindert, ja sogar aufgehoben sein. « Ein weiterer Abschnitt bezieht sich erneut auf Umstände, welche die moralische Verantwortlichkeit vermindern, und erwähnt mit großer Ausführlichkeit » affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren «. Aus diesem Grund beinhaltet ein negatives Urteil über eine objektive Situation kein Urteil über die Anrechenbarkeit oder die Schuldhaftigkeit der betreffenden Person (Hier folgt der Verweis auf die genannte Erklärung des Päpstlichen Rates in einer Fußnote. GPW) Im Kontext dieser Überzeugungen halte ich für sehr angemessen, was viele Synodenväter festhalten wollten: » Unter bestimmten Umständen kann es für Menschen eine große Schwierigkeit darstellen, anders zu handeln […] Die pastorale Bemühung, die Geister zu unterscheiden, muss sich, auch unter Berücksichtigung des recht geformten Gewissens der Menschen, dieser Situationen annehmen. Auch die Folgen der vorgenommenen Handlungen sind nicht in allen Fällen notwendigerweise dieselben.“

Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte und Familiaris Consortio, Nr. 84

In der Fußnote 345 verweist Papst Franziskus auf die Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 24. Juni 2000. Sie lautet:

„Jene Gläubigen, die geschieden und wiederverheiratet sind und wegen ernster Gründe, zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder, nicht „der Verpflichtung zur Trennung nachkommen können“, befinden sich nicht im Zustand der schweren habituellen Sünde, wenn sie „die Verpflichtung eingehen, in voller Enthaltsamkeit zu leben, das heißt sich der den Gatten eigenen Akte zu enthalten“ (Familiaris consortio, Nr. 84) und auf der Grundlage dieser Absicht das Sakrament der Buße empfangen haben. Weil die Tatsache, dass diese Gläubigen nicht more uxorio zusammenleben, naturgemäß verborgen ist, während ihre Lebenssituation als geschiedene Wiederverheiratete naturgemäß bekannt ist, können diese nur remoto scandalo (unter Ausschluss eines Ärgernisses; GPW) das Sakrament der Eucharistie empfangen.“

Foto: Dr. Gero P. Weishaupt – Bildquelle: Privatarchiv

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