„Glaube in Bewegung“. In Aachen beginnt diese Woche die Heiligtumsfahrt 2014

Mehr als 100.000 Pilger werden erwartet.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 15. Juni 2014 um 09:57 Uhr
Aachener Dom - Innenansicht

Aachen (kathnews). Wenn am kommenden Freitag, dem 20.  Juni, in einer feierlichen Zeremonie im Aachener Dom die vier großen Heiligtümer aus dem Marienschrein herausgenommen werden (Erhebung der Heiligtümer), dann beginnt die alle sieben Jahre in Aachen stattfindende Heiligtumsfahrt (auch „Aachen-Fahrt“ genannt). Die diesjährige steht unter dem Leitthema „Glaube in Bewegung“. Die Stadt und das Domkapitel erwarten zwischen dem 20. bis 29. Juni 2014 mehr als 100.000 Pilger.

Heiligtumsfahrt und drei Sonderausstellungen: Höhepunkt des Karlsjahres in Aachen

Der Strom der Pilger und Besucher wird in dieser und den folgenden Wochen in Aachen groß sein. Denn am Samstag, dem 21. Juni, also einen Tag nach der feierlichen Erhebung der Heiligtümer, werden in der Stadt Karls des Großen anlässlich des Karlsjahres 2014 drei große Sonderausstellungen eröffnet. Ausstellungsorte sind der Krönungssaal im Aachener Rathaus, das neue Museum Centre Charlemagne auf dem Katschhof (Freiplatz zwischen Dom und Rathaus) und die Domschatzkammer. Die Schirmherrschaft dieser Ausstellungen haben die Staatsoberhäupter Deutschlands (Gauck), Frankreichs (Hollande) und Italiens (Napolitani) übernommen. Sie zeigen deren europäische Bedeutung. Mit den Sonderausstellungen und der Heiligtumsfahrt, die zeitgleich mit der Heiligtumsfahrt im Aachener Stadtteil Kornelimünster gefeiert wird, erreicht das Karlsjahr 2014 in Aachen zweifellos seinen religiösen und kulturellen Höhepunkt. Von Juni bis September kommen in die Stadt Karls des Großen über 100.000 Besucher, zumal vom 11. bis 20. Juli in Aachen auch das jährliche internationale Reitturnier – das Weltfest des Pferdesports  (CHIO) – stattfindet. Auch die Stadt kommt in diesen Wochen in Bewegung. Europa blickt auf die Stadt Karls des Großen.

Im Mittelalter war Aachen der meistbesuchte Wallfahrtsort Nordeuropas

Als Karl der Große zwischen 796 und 800 in Aachen seinen Königssitz mit der oktogonalen Pfalzkapelle (dem Zentralbau des heutigen Dom) und der karolingischen Königshalle (der aula regia, dem heutigen Rathaus) als die beiden Zentren der Aachener Pfalz errichten ließ, hat er auch kostbare Reliquien aus Jerusalem nach Aachen bringen lassen, denn seine Pfalzkapelle sollte ein getreues Abbild des himmlischen Jerusalems werden. Bei den Reliquien handelte sich u.a. um das Kleid Mariens, die Windeln Jesu, das Lendentuch Christi und das Enthauptungstuch Johannes´ des Täufers. Schon zu Lebzeiten des Kaisers dürfte Aachen sich wegen dieser biblischen Reliquien zu einem bedeutenden Wallfahrtsort entwickelt haben, der zur vollen Blüte kam, als auch der Gründer des Heiligen Römischen Reiches unter dem Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa 1165 in Aachen heiliggesprochen worden war. Aachen wurde ab Anfang des 13. Jahrhunderts nicht nur der meistbesuchte Wallfahrtsort nördlich der Alpen, sondern neben Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela einer der bedeutendsten Pilgerorte Europas überhaupt. Vor allem kamen Pilgerströme aus Ungarn, Böhmen und Slowenien nach Aachen. Die Bedeutung Aachens als Pilgerort wuchs im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert sollen an einem einzigen Tag 142.000 Pilger die Heiligtümer besucht und verehrt haben. Um die Massen an Pilgern aufnehmen zu können, veranlaßte das Stiftskapitel der Aachener Marienkirche – Karls der Große hatte seine Pfalzkapelle der Gottesmutter geweiht – bereits Ende des 14. Jahrhunderts eine Erweiterung der Pfalzkapelle. 1414 konnte die gotische Chorhalle (das „Glashaus von Aachen“) fertiggestellt werden. Außerdem erhielt das Oktogon umfassende Sechzehneck einen Kranz von mehren Kapellen.

Heiligtümer zur Verehrung in der Chorhalle des Domes ausgestellt

Seit 1349 besteht der siebenjährige Rhythmus der Aachener Heiligtumsfahrten, wenngleich die „Aachen-Fahrten“ bereits 1312 erstmals dokumentarisch erwähnt werden. Die großen Heiligtümer bzw. Reliquien werden seit 1238 in einem dafür angefertigten kostbaren Schrein, dem Marienschrein, aufbewahrt, der seinen Platz in der gotischen Chorhalle vor dem berühmten Karlsschrein mit den Gebeinen Karls des Großen hat. Eingehüllt sind die Reliquien in kostbarer Seide: das Marienkleid in weißer, die Windel Jesu in gelber, das Enthauptungstuch Johannes‘ des Täufers in rosafarbener und das Lendentuch Christi in roter Seide. Diese Seide wird nach der Entnahme aus dem Marienschrein anläßlich der Heiligtumsfahrt von Aachener Ordensfrauen zerschnitten und als Andenken an die Krankensegnungen im Aachener Dom weitergegeben. Am Ende einer Heiligtumsfahrt hüllt man die Heiligtümer wieder in kostbare Seide, bevor sie in barocken Schmucktüchern und –taschen in den Aachener Marienschrein zurückgelegt werden. Bis in die 1980er Jahre hat man die vier großen Aachener Heiligtümer von den Turmgalerien des Domes aus den Pilgern zur Verehrung gezeigt. Seitdem werden sie in Glasvitrinen in der gotischen Chorhalle ausgestellt, an denen die Pilger in Strömen vorbeiziehen. Bei den Hauptgottesdiensten im Dom und auf dem Katschhof (dem Freiplatz zwischen Dom und Rathaus) werden die Heiligtümer ebenfalls den Pilgern zur Verehrung gezeigt.

Foto: Chorhalle des Aachener Domes mit Marienschrein -Bildquelle: Andreas Gehrmann

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