Gläubige Zuwendung zu Gott setzt einen Akt der Umkehr voraus
In der Väterlesung des Leseoffiziums im Brevier der ordentlichen Form des Römischen Ritus, dem Stundenbuch, zum Aschermittwoch ruft Papst Klemens I. alle zur Buße auf. Kathnews referiert den Text und fügt einen Kommentar von Professor. em. Hans Reinhad Seeliger hinzu.
Klemens I. (†101)
Aus dem Brief an die Korinther.
Bekehrt euch!
Laßt uns aufmerksam auf das Blut Christi schauen und erkennen, wie viel es Gott, dem Vater, wert ist; denn um unseres Heiles willen wurde es vergossen und hat der ganzen Welt die Gnade der Umkehr angeboten. Laßt uns alle Generationen durchgehen, und wir werden sehen, daß der Herr allen von Geschlecht zu Geschlecht Gelegenheit zur Sinnesänderung gibt, wenn sie bereit sind, sich ihm zuzuwenden. Noach predigte die Umkehr, und alle, die auf ihn hörten, wurden gerettet. Jona kündigte den Bewohnern von Ninive den Untergang an; aber sie taten Buße für ihre Sünden, versöhnten Gott durch ihr Gebet und erlangten das Heil, obwohl sie nicht zu seinem Volk gehörten. Die Diener der göttlichen Gnade haben im Heiligen Geist von der Umkehr gesprochen. Der Herr des Weltalls hat mit einem Eid von der Umkehr gesagt: „So wahr ich lebe – Spruch des Herrn -, ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, daß er umkehrt“ (1), und er hat einen guten Rat hinzugefügt: „Ihr vom Haus Israel, kehrt um, wendet euch ab von euren Vergehen! (2) Sag den Söhnen meines Volkes: Wenn eure Sünden von der Erde bis zum Himmel reichen, wenn sie röter wären als Purpur und schwärzer als ein Trauergewand, wenn ihr euch aber aus ganzem Herzen zu mir bekehrt und sagt: Vater!, dann erhöre ich euch als ein heiliges Volk.“
(3) Er will also alle, die er liebhat, zur Buße bewegen und bekräftigt diese Absicht mit seinem allherrschenden Willen. Laßt uns darum diesem erhabenen und herrlichen Willen gehorchen. Laßt uns um sein Erbarmen und seine Güte flehen. Wir wollen also demütig sein und alle Prahlerei und Ãœberheblichkeit, alle Unbesonnenheit und allen Zorn ablegen und der Heiligen Schrift gehorchen. Der Heilige Geist sagt nämlich: „Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, der Starke nicht seiner Stärke, der Reiche nicht seines Reichtums. Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn“ (4); er suche Recht und Gerechtigkeit zu üben. Vor allem laßt uns an die Worte des Herrn Jesus denken, mit denen er Güte und Langmut lehrte.
Er hat gesagt: „Seid barmherzig, damit ihr Erbarmen findet; vergebt, damit auch euch vergeben wird! Wie ihr tut, so wird euch getan; wie ihr gebt, so wird euch gegeben; wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet; wie ihr gütig seid, so werdet ihr selbst Güte erfahren; mit dem gleichen Maß, mit dem ihr meßt, wird auch euch zugeteilt werden.“
1 Ez 33,11.
2 Vgl. Ez 18.30.
3 Vgl. Jes 1,16-20.
4 Jer 9,22.23; 2 Kor 10,17.
5 Vgl. Mt 5,7; 6,14f.; 7,1f.; 7,12; Lk 6,31.36ff.
(aus: www.studengebet.de)
Kommentar von Prof. em. Dr. Hans Reinhard Seeliger
„(D)urchgängig widmet sich der Brief, der in der korinthischen Gemeinde eine Wende herbeiführen will, einem Thema, das auch in Rom aktuell war (wie aus dem Schrifttum des Hemas bekannt ist, der um die Mitte des 1. Jahrhunderts in Rom lebte): ‚Wir befinden uns auf dem selben Kampfplatz und derselbe Kampf ist uns auferlegt‘, schreibt Klemens (7, 19) nach Korinth und meint damit die Bemühung um Umkehr und Buße, wie sie allen Christen aufgegeben ist. Gläubige Zuwendung zu Gott setzt einen Akt der Umkehr voraus. ‚Allen, von Geschlecht zu Geschlecht, gibt der Herr Gelegenheit zur Sinnesänderung‘ (7, 5).
Dass dies wirklich gilt, schickt sich der Brief in vielerlei Weise zu zeigen an: ‚Lasst uns alle Generationen durchgehen‘ – das Alte wie das Neue Testament: Noach predigte die Möglichkeit der Buße vor der großen Flut, Jona den Bewohnern von Ninive. Schon die Propheten konnten dem Volk sagen: Keine Schuld ist so groß, dass man nicht mit ihr vor Gott treten könnte. Dass Kreuzesopfer hat dann ‚der ganzen Welt die Gnade der Umkehr angeboten‘.
Womit beginnt die Umkehr? Hier spielte Klemens darauf an, was den Korinthern schon Paulus geschrieben hatte, der fürchtete, es werde bei ihnen zu ‚Streit, Eifersucht, Zornesausbrüchen, Ehrgeiz, Verleumdungen, übler Nachrede, Überheblichkeit und allgemeiner Verwirrung‘ kommen (2 Kor 12, 20).  Prahlerei, Überheblichkeit, Unbesonnenheit und allen Zorn empfiehlt Klemens abzulegen und statt dessen mit der Demut zu beginnen, mit Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Das Menschenbild der Bergpredigt stellt er vor die Augen der Korinther – und vor unsere: der erbarmungsvolle, verzeihende, freigiebige, nachsichtige, gültige du gerechte Mensch ist der, der die Gesinnung der Buße und damit der Umkehr mit Gottes Gnade verwirklicht hat.“
Foto: Kreuz – Bildquelle: Kathnews