Gefangen in der Sucht an der Vernichtung?

Einem wirklichen Erneuerungsprozess stehen vor allem jene im Wege, die sich zu Werkzeugen der Verleumdung und der Diskreditierung gemacht haben oder machen ließen. Ein Beitrag von Martin Lohmann.
Erstellt von Martin Lohmann am 25. September 2021 um 14:42 Uhr
Martin Lohmann

Manchmal entlarvt sich so mancher selbst. Und seine Sprache, die gewĂ€hlten Formulierungen, verraten viel. Wer die offizielle ErklĂ€rung des Limburger Bischofs und Konferenzvorsitzenden zu Kardinal Woelki liest, reibt sich die Augen – oder auch schon nicht mehr. BĂ€tzing nimmt die „Entscheidungen des Heiligen Vaters entgegen“. Wie gnĂ€dig und huldvoll doch.

Das klingt alles sehr distanziert, alles andere als mitbrĂŒderlich. Und dann vergleicht derselbe Mann, der die Entscheidung fĂŒr den Hamburger Stefan Heße und den MĂŒnchner Marx ganz anders „zur Kenntnis“ nahm, Woelki mit Tebartz-van Elst und meint, die „Entscheidung zu Kardinal Woelki“ erinnere ihn „in manchem an das römische Vorgehen im Blick auf meinen AmtsvorgĂ€nger in Limburg“. Nennt man das Gift spritzen? Gehört das zur ersten Aufgabe eines Bischofs und DBK-Vorsitzenden? Ist das eventuell perfide? Man wird doch noch fragen dĂŒrfen.

Wohlwollend ist das jedenfalls nicht, obwohl erwiesen ist, dass Kardinal Woelki sich eben nicht schuldig gemacht hat im Missbrauchskandal. Im Gegenteil. Niemand hat so klar aufgeklĂ€rt und aufgearbeitet wie der Kölner. Übrigens: Ganz im Unterschied zu anderen Bischöfen in Deutschland. Aber vielleicht ist so manche „bischöfliche“ Reaktion ja nichts anderes als der Hinweis darauf und ein Beleg dafĂŒr, dass es eben nicht um den Missbrauch geht, sondern darum, einen Kritiker des sogenannten Synodalen Prozesses zu diskreditieren und waidwund zu schießen. Christlich wĂ€re das ebensowenig wie katholisch. Aber zumindest sehr traurig. Oder gar schrĂ€g und charakterminimiert? Das allerdings wĂ€re erschreckend. Und deshalb will man das auch nicht glauben – obwohl man es echt nicht versteht.

Georg BĂ€tzing ist ĂŒbrigens kein Oberbischof von Deutschland, nur weil man ihn zum Vorsitzenden einer Bischofskonferenz wĂ€hlte. Er leitet das Bistum Limburg, das zur Kirchenprovinz Köln gehört. Und der Metropolit dieser Kirchenprovinz ist der Erzbischof von Köln. Auch so gesehen wirkt die seltsame und merkwĂŒrdige „Bewertung“ des Limburger Bischofs mehr als schrĂ€g.

Versteckt sich da vielleicht so etwas wie Hass und Wut? Auch das möchte man rasch verneinen. Aber weit weg von der ansonsten stets so empathisch und gerne geforderten Barmherzigkeit und der Bereitschaft, den anderen zu verstehen und immer Fairness zu ĂŒben, ist auch das, was der PrĂ€sident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, das beileibe lĂ€ngst nicht mehr alle deutschen Katholiken vertritt, Thomas Sternberg sofort absonderte. Auch er Ă€rgert sich erkennbar massiv, dass nun auch Rom erkannt hat: Kardinal Woelki hat keinen Missbrauch begangen oder vertuscht.

Aber Rom stellt auch fest: Woelki machte Fehler in der Kommunikation, und das, obwohl es mehrere Dutzend gut bezahlte Mitarbeiter in der Medienabteilung des Erzbistums gibt. Und fĂŒr diese Fehler, die offenbar unverzeihlich und unvergebbar sind, soll Woelki in einer Auszeit Buße tun. Wenn das der neue Maßstab ist, der sogar bei Kommunikationsfehlern und -pannen angewendet werden sollte, dann stellt sich die Frage, wie lange dann bald die Auszeiten fĂŒr andere Bischöfe sein werden.

Ach ja, man fragt sich wirklich, wo die Koordinaten katholischer oder auch nur christlicher Geistes- und SeelenprĂ€gung geblieben sind, wenn man mehr oder weniger offen und – das ist irgendwie dann das Gute – verrĂ€terisch seinen Hass und seine auch durchschimmernde Wut gegen den Kölner Kardinal aus allen möglichen Ecken öffentlich produziert. Sind alle Koordinaten der Gerechtigkeit, der Fairness und des zivilisierten Umgangs miteinander wirklich so verschwunden, so radikal verdunstet?

Es gibt, und auch das wird nun mehr als offensichtlich, wohl nur eine belastbare ErklĂ€rung der mehr als merkwĂŒrdigen Reaktionen zum Beispiel von zwei prominenten KirchenfunktionĂ€ren: Weil Rainer Woelki, dem man jetzt bescheinigen muss, in der Aufarbeitung bislang vorbildlich gehandelt zu haben, ein Kritiker des Deutsch-Synodalen Prozesses ist und am katholischen Glauben in Treue zu Jesus Christus festhalten möchte und dafĂŒr sogar saubere Argumente zu nennen in der Lage ist, muss (!) er fertig gemacht werden. Darum geht es. Daran kann nun niemand, der einigermaßen wache Augen und Ohren hat, zweifeln.

Noch ein abschließender Gedanke. Wenn immer wieder – auch zur Ablenkung und Verwirrung – von denen, die Woelki stört, mit Betroffenheit darauf hinweisen wird, dass es im Erzbistum Köln eine große Vertrauenskrise gebe, dann ist es an der Zeit zu fragen, wodurch dieser Vertrauensverlust denn auch (!) entstanden ist beziehungsweise wohlfeil produziert und gepflegt worden ist. Wer immer wieder – gegen alle Fakten und stets negativ mutmaßend – Woelki in die NĂ€he des Missbrauchs schieben, schreiben und reden wollte, trĂ€gt keine geringe Verantwortung fĂŒr das, was er zu Lasten von Rainer Kardinal Woelki so gerne und bedrĂŒckt beklagt.

Einem wirklichen Erneuerungsprozess stehen vor allem jene im Wege, die sich zu Werkzeugen der Verleumdung und der Diskreditierung gemacht haben oder machen ließen. Wenn jetzt nicht diejenigen, die – bei Lichte besehen – unchristlich und erkennbar unfair, vielleicht auch instrumentalisiert von und fĂŒr eine andere Sache, sich korrigieren und aktiv fĂŒr Fairness, Vertrauen und Gerechtigkeit werben und sich einsetzen, laden sie noch mehr Schuld auf sich. Aber dann werden eines Tages diese Personen ihre GlaubwĂŒrdigkeit verloren haben. Es, um es ganz generell zu formulieren, war so und bleibt so: LĂŒgen haben kurze Beine. Das mag lange gut gehen, aber viel Schaden anrichten. Irgendwann stolpert jeder ĂŒber zu kurze Beinchen. Und: Nur die Wahrheit macht frei. Andere und auch einen selbst.

Foto: Martin Lohmann – Bildquelle: HL – LohmannMedia

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