Freispruch wegen mangelnder Beweislage
Ist es nicht auffallend, dass sich der mediale Fokus nach der Veröffentlichung des MĂŒnchner Missbrauchsgutachten sofort und so gut wie ausschlieĂlich auf den emeritierten Papst Benedikt XVI. richtet?  Was ĂŒbrigens nicht verwundert, wenn man die kirchliche Situation hierzulande kennt. Da ist ein Mann wie Ratzinger nur ein Störenfried, âdessen Theologie noch orthodox und dessen Kirchenbild vom Glauben an die Offenbarung getragen istâ, kommentiert Guido Horst in der digitalen Ausgabe der Wochenzeitung âDie Tagespostâ. Ratzinger/Benedikt XVI., âmuss einfach weg, damit sein VermĂ€chtnis und Erbe nur ja nicht stört, wenn es bis in die Spitzen des deutschen Episkopats jetzt erklĂ€rter Wille ist, eine neue, am progressiv-protestantischen Modell ausgerichtete Kirche katholischer Provenienz zu errichtenâ, fĂ€hrt Horst fort. „Am Donnerstag hat ihn der mediale Apparat mit Hilfe eilfertiger Theologen vernichtet.“
Obwohl keine Beweise vorliegen, stand das Urteil der öffentlich rechtlichen Medien schon fest: Schuldig! Und die öffentliche Meinung folgte sofort âdem Diktum des MĂŒnchner Tribunals, das zwar kein Gericht ist, sondern eine anwaltliche Gutachterstelle, aber vollmundig behauptete, dass der Emeritus als Erzbischof von MĂŒnchen sehr wahrscheinlich von Missbrauchspriestern gewusst habe, die in der Seelsorge eingesetzt wurden.â Horst ist ĂŒberzeugt: âWĂ€re die anwaltliche Gutachterstelle WSW ein normales Gericht gewesen, wĂ€re der âAngeklagteâ Benedikt XVI. auf jeden Fall wegen mangelnder Beweise freigesprochen wordenâ. Nach der Vorverurteilung durch die mediale Ăffentlichkeit am Donnerstag wĂŒrden jetzt âRechtschaffeneâ sich daranmachen, âdas Gutachten von WSW und die Stellungnahme Ratzingers auch wirklich zu lesen.â Nach Ăberzeugung von Guido Horst werden sie feststellen, dass es sich lediglich Vermutungen handelt, dass der damalige Erzbischof von MĂŒnchen von MissbrauchstĂ€tern in seinem Bericht erfahren haben könnte.â
Jedes Gericht wĂŒrde hier den Angeklagten freisprechen wegen mangelnder Beweise. Vermutungen und zweideutige Hinweise sind keine Grundlage fĂŒr einen Schuldspruch. Was im Rechtsstaat gilt, gilt auch in der Kirche: die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils.
Foto: Papst Benedikt XVI. – Bildquelle: Fabio Pozzebom/ABr