Förderung des christlichen Latein und Griechisch
„Die Kultur Europas ist aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden. Diese dreifache Begegnung bildet die innere Identität Europas.“ Auf diese für das Selbstverständnis Europas wichtige Trias hat Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache im deutschen Bundestag am 22. September 2011 hingewiesen. Ähnlich hatte es vor ihm Theodor Heuss formuliert: „Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Gogotha in Jerusalem, die Akropolis in Athen und das Kapitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen.“ Diese griechisch(helenistisch)-römische Kultur hat ein Medium, in dem sie sich uns vermittelt: die Sprache, genauer Griechisch und Latein. Wer diese Sprachen kennt und pflegt, leistet einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung der christlich-abendländischen Kultur.
Methoden des altsprachlichen Unterrichtes
Doch es fällt immer mehr auf, dass Schüler und Studenten mit den herkömmlichen Methoden des Latein- und Griechischunterrichtes kaum die Ziele erreichen, die für ein weiteres Studium dringende Voraussetzung sind, nämlich die alten Sprachen so zu beherrschen, dass das grundlegende Verständnis dieser Sprachen keine Schwierigkeiten bereitet und das antik-christliche Erbe, das unsere Kultur prägt, in seinem Wesen erfaßt wird.
Die Muttersprache der Kirche
Hinzu kommt, dass Gläubige, Seminaristen und Priester keinen ausreichenden Zugang mehr zum Lateinischen, geschweige denn zum Griechischen finden. Beide Sprachen sind gleichsam die Muttersprache der Kirche, denn in Griechisch und Latein sind die wichtigsten Texte des Christentums verfaßt. In der katholischen Kirche des Westens ist Latein nach wie vor – so das Zweite Vatikanische Konzil – die Sprache der Liturgie, auch wenn der jeweiligen Landessprache im Hinblick auf die aktive Teilnahme der Gläubigen ein größerer Raum zugebilligt wird. Griechisch ist die Liturgiesprache der Ostkirchen. Daher ist es notwendig, angehenden Priestern den Zugang zu diesen Sprachen zu erschließen. Und diesen findet man durch neu vermittelte Freude an den Sprachen der Kirche und ihrer reichen Literatur.
Latinisten treffen sich in Heiligenkreuz bei Wien
Zu einem Gedankenaustausch über die Förderung der alten Sprachen, vor allem über die Methoden des altsprachlichen Unterrichtes, kommen am Samstag, dem 31. Oktober 2015, namhafte Altphilologen und Priester, die sich mit den Altsprachen befassen, in der Zisterzienserabtei Heilgenkreuz bei Wien zusammen. Erwartet werden unter anderem der Münchener Altphilologe Winfried Stroh, die in Rom dozierenden Latinisten Jiřà A. Čepelák und Roberto Spataro SDB, der Wiener Altphilologe Kurt Smolak und Radio-Vatikan-Latinist Gero P. Weishaupt.
Foto: Kolosseum in Rom – Bildquelle: Kathnews