Erste Schritte bei einer kirchenrechtlichen Klage

Das internationale Internet-Portal gloria.tv hat gegen den Pfarrmoderator der Pfarre Akkonplatz im Dekanat 15 in Wien beim zustĂ€ndigen Richter die einleitende Klageschrift (libellum) eingereicht. Grund sind schwerwiegende liturgische MiĂbrĂ€uche, welche die Messe und ihr Wesen entstellen. Dadurch wurde das Recht der GlĂ€ubigen, âden Gottesdienst gemÀà den Vorschriften des eigenen, von den zustĂ€ndigen Hirten der Kirche genehmigten Ritus zu feiernâ (can. 214) in mehreren Punkten verletzt. Dieses Recht können sie einfordern bzw. einklagen: âDen GlĂ€ubigen steht es zu, ihre Rechte, die sie in der Kirche besitzen, rechtmĂ€Ăig geltend zu machen und sie nach MaĂgabe des Rechts vor der zustĂ€ndigen kirchlichen Behörde zu verteidigen.â (Can. 221 §1). Die Kirche fordert sie GlĂ€ubigen sogar ausdrĂŒcklich auf, die (Rechts)Mittel auszuschöpfen.
Gloria.tv kommt mit der Klage dem kirchlichen Auftrag nach
Gloria.tv ist mit der Beschreitung des Rechtsweges der Forderung aus Nr. 183 von Redemptionis Sacramentum nachgekommen. Hier werden alle GlĂ€ubigen, also auch die Laien, in die Pflicht genommen, entsprechend ihren jeweiligen Möglichkeiten dafĂŒr zu sorgen, daĂ die MiĂbrĂ€uche vollstĂ€ndig korrigiert werden: âAlle haben entsprechend den Möglichkeiten in ganz besonderer Weise dafĂŒr zu sorgen, daĂ das heiligste Sakrament der Eucharistie vor jeder Art von Ehrfurchtslosigkeit und MiĂachtung bewahrt wird und alle MiĂbrĂ€uche vollstĂ€ndig korrigiert werden. Dies ist fĂŒr alle und fĂŒr jeden einzelnen eine sehr wichtige Aufgabe, und alle sind ungeachtet der Person zur Verwirklichung dieser Aufgabe gehaltenâ. Nr. 170 sieht dabei explizit auch die Nutzung der zur VerfĂŒgung stehenden Rechtsmittel (also Anzeige/Beschwerde oder Klage) vor: âWo die MiĂbrĂ€uche dennoch weiterbestehen, muĂ zum Schutz des geistlichen Gutes und der Rechte der Kirche nach MaĂgabe des Rechts unter Anwendung aller rechtmĂ€Ăigen Mittel vorgegangen werdenâ.
Die einleitende Klageschrift bei Streitverfahren
Handelt es sich um eine Streitsache, so muĂ ein sogenannter libellum (Einleitende Klageschrift) aufgesetzt werden. Diese muĂ, im Unterschied zur formlosen Beschwerde, einige formale Kriterien aufweisen, welche zu beachten, jedoch nicht schwer zu erfĂŒllen sind (can. 1504):
Die Klageschrift, mit der der ProzeĂ eingeleitet wird, muĂ:
1° zum Ausdruck bringen, bei welchem Richter die Klage erhoben wird, Was und von wem etwas begehrt wird;
2° angeben, auf welches Recht und, wenigstens allgemein, auf welche Tatsachen und welche Beweismittel sich der KlĂ€ger zum Nachweis seiner Klagebehauptung stĂŒtzt;
3° vom KlĂ€ger oder von seinem ProzeĂbevollmĂ€chtigten unterschrieben werden mit Angabe von Tag, Monat und Jahr sowie des Ortes, wo der KlĂ€ger oder sein ProzeĂbevollmĂ€chtigter wohnt oder zur Entgegennahme gerichtlicher Zustellungen erreichbar zu sein erklĂ€rt
4° den Wohnsitz oder Nebenwohnsitz des Beklagten angeben.
Dieselbe Klageschrift kann dabei mehrere Klagepunkte beinhalten, solange sie einander nicht widersprechen. Ob die einzelnen Klagepunkte in Zusammenhang zueinander stehen oder nicht, ist irrelevant (can. 1493). Die Klageschrift wird an den Ortsbischof. Im Weiteren wollen wir betrachten, welches gemÀà dem CIC die nÀchsten zu erwartenden Schritte sind.
Die Klagsannahme
Ist diese eingelangt, so wird die ZustĂ€ndigkeit des Gerichtes sowie die prozessuale RollenfĂ€higkeit des KlĂ€gers geprĂŒft (can. 1505 §1). Danach muĂ die Klageschrift baldmöglichst angenommen oder abgelehnt werden, und zwar per Dekret. Geschieht dies nicht innerhalb von einem Monat, so kann die klagende Partei auf die Ausstellung des Dekretes drĂ€ngen. Geschieht weiterhin nichts, so gilt die Klageschrift 10 Tage nach Anmahnung als angenommen (can. 1506).
Abgewiesen kann eine Klageschrift nur aus schwerwiegenden GrĂŒnden oder Formfehlern werden: Eine Klageschrift kann nach can. 1505 §2 nur abgelehnt werden, wegen UnzustĂ€ndigkeit des Gerichtes, prozessualer RollenunfĂ€higkeit des KlĂ€gers, Formfehlern oder wenn aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, daĂ keine Grundlagen fĂŒr die Klage gegeben sind und sich auch keine ergeben können.
Wurde die Klageschrift wegen Fehler zurĂŒckgewiesen, die verbessert werden können, so kann der KlĂ€ger eine neue vorschriftsmĂ€Ăig abgefaĂte Klageschrift bei demselben Richter abermals einreichen (can. 1505 §3). Gegen eine Ablehnung der Klageschrift kann innert einer Nutzfrist von zehn Tagen begrĂŒndete Beschwerde an das Berufungsgericht (bzw. das Richterkollegium) eingelegt werden. Danach ist die endgĂŒltige Annahme oder Ablehnung schnellstmöglich zu entscheiden.
Es ist auch darauf hinzuweisen, daĂ der Ordinarius nur dann fĂŒr den Gerichts- oder der Verwaltungsweg zur VerhĂ€ngung oder Feststellung von Strafen nur dann optieren soll, âwenn er erkannt hat, daĂ weder durch mitbrĂŒderliche Ermahnung noch durch Verweis noch durch andere Wege des pastoralen BemĂŒhens ein Ărgernis hinreichend behoben, die Gerechtigkeit wiederhergestellt und der TĂ€ter gebessert werden kann.â (can. 1341). Nach can. 1342 §1 kann der Ordinarius, wenn gerechte GrĂŒnde der DurchfĂŒhrung eines gerichtlichen Verfahrens entgegenstehen, die Strafe durch auĂergerichtliches Dekret verhĂ€ngen oder feststellen.
Weitere Schritte
Wird die Klage angenommen und auf den Gerichtsweg zugeleitet, so erfolgt als nĂ€chstes die Streitfestlegung. FĂŒr diese muĂ der Richter bzw. der Gerichtsvorsitzender die beteiligten Parteien vor Gericht laden. Dies ist der Punkt, an welchem der ProzeĂlauf eigentlich beginnt. Dabei liegt es in seinem Ermessen, ob dies schriftlich erfolgen kann, oder ob die Parteien persönlich vor Gericht erscheinen mĂŒssen (can. 1507).
Wenn es nicht schwerwiegende GrĂŒnde nahelegen, so ist dem Ladungsdekret, welches an alle am ProzeĂ beteiligten Personen zu ergehen hat, die Klageschrift beizulegen (can. 1508 §2).
Nun kann der Belangte Stellung beziehen, entsprechende AntrĂ€ge können eingebracht werden, und zwar von beiden Parteien. Dies kann in der Erwiderung auf die Ladung geschehen, oder aber auch mĂŒndlich vor dem zustĂ€ndigen Richter. Nur fĂŒr schwierigere FĂ€lle ist ein gemeinsames Erscheinen der beiden Parteien vor Gericht zur Festlegung der Streitpunkte nötig bzw. vorgesehen (can. 1513 §2). Die Streitpunkte legen jene Fragen fest, auf welche das Urteil Antwort zu geben hat.
Auch hierĂŒber ist schlieĂlich ein Dekret auszustellen. Beide Parteien haben dann das Recht, falls sie noch nicht zugestimmt haben, innerhalb von 10 Tagen eine Ănderung zu beantragen. Ăber diese Ănderung hat der Richter, ebenfalls durch Dekret, schnellstmöglich zu entscheiden (can. 1513 §3). Nach erfolgter Streitfestlegung ist es nur mehr aus schwerwiegenden GrĂŒnden auf Antrag einer Partei und nach Hörung aller ĂŒbrigen Beteiligten erlaubt, die Streitpunkte gĂŒltig zu Ă€ndern (can. 1514). Ist die Streitfestlegung erfolgt, so hat der Richter den Parteien einen angemessenen Zeitraum zur Vorlage und ErgĂ€nzung von Beweismaterial zu gewĂ€hren und festzusetzen (can. 1516).
Nur innerhalb von 30 Tagen nach Streitfestlegung kann die belangte Partei Widerklage erheben (can. 1463 §1), wobei eine Widerklage gegen eine Widerklage unzulĂ€ssig ist (can. 1494 §2). In dieser Widerklage kann sich aus einem Zusammenhang mit der Klage ergeben, oder um das Klagsbegehr zu entkrĂ€ftigen oder zu mindern. Stets ist zu bedenken, daĂ es allen Beteiligten möglich ist, den ProzeĂ zu jedem Zeitpunkt dem Heiligen Stuhl zur Entscheidung zu ĂŒbertragen, etwa wenn man meint es kĂ€me zu UnregelmĂ€Ăigkeiten (can. 1417 §1).
Die Klage bei LiturgiemiĂbrauch
Handelt es sich in einer Sache bezĂŒglich LiturgiemiĂbrauch nicht um eine Streitsache sondern um eine Strafsache, so stellt sich durchaus die Frage, ob nicht hier auch die GlĂ€ubigen das Klagsrecht haben (gemeinhin gilt ja, daĂ das Klage in Strafsachen im Auftrag des Bischofs vom Kirchenanwalt abzufassen sei), welche er gemÀà den oben beschriebenen Punkten abzufassen hat.
Handelt es sich jedoch um LiturgiemiĂbrĂ€uche, so kann man argumentieren, daĂ sich durchaus auch alle GlĂ€ubigen des Klagsrechtes erfreuen, wie es die Instruktion Redemptionis Sacramentum ausdrĂŒcklich festlegt (und als Instruktion legt sie ja das Recht aus): âJeder Katholik, ob Priester, Diakon oder christglĂ€ubiger Laie, hat das Recht, ĂŒber einen liturgischen MiĂbrauch beim Diözesanbischof oder beim zustĂ€ndigen Ordinarius, der diesem rechtlich gleichgestellt ist, oder beim Apostolischen Stuhl aufgrund des Primats des Papstes Klage einzureichen. Es ist aber angemessen, daĂ die Beschwerde oder Klage nach Möglichkeit zuerst dem Diözesanbischof vorgelegt wird. Dies soll immer im Geist der Wahrheit und der Liebe geschehen.â Damit ist das Klagsrecht bei LiturgiemiĂbrĂ€uchen dem Klagsrechtes in Streitsachen gleichgestellt.
Foto: Hostie – Bildquelle: C. Steindorf, kathnews