EKD-Papier spaltet evangelische Christen
Bonn/Regensburg (kathnews/idea/CF). Ungewöhnlich scharf hat ein ehemals führender Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) deren „Orientierungshilfe“ zur Familie kritisiert. Bischof em. Hartmut Löwe spricht von einer „fatalen Desorientierung“ und fordert die Leitung der EKD, den Rat, auf, den Text zu korrigieren. „Andernfalls werden immer mehr evangelische Christen in ihrer Kirche heimatlos“, schreibt er in einer Stellungnahme. Ruhestands-Bischof Löwe war von 1980 bis 1992 Präsident im EKD-Kirchenamt, von 1993 bis 1999 Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und von 1994 bis 2003 evangelischer Militärbischof. In dem Familienpapier rückt die EKD von der Ehe als alleiniger Norm ab und vertritt ein erweitertes Familienbild, das unter anderem auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern einschließt. Wie Löwe schreibt, stellt die Veröffentlichung „einen revolutionären Bruch dar in der Kontinuität evangelischer Lehre und gemeinchristlicher Überzeugungen“. Er bezeichnet es als unbegreiflich, „wie der Rat der EKD von allen seinen früheren Äußerungen zu Ehe, Familie und Homosexualität abweicht, ohne auch nur einen einzigen diskutablen theologischen Grund anzugeben“. Den mit „Theologischer Orientierung“ überschriebenen Teil könne man nur „mangelhaft“ nennen.
BVG produziert „keine göttlichen Dekrete”
Löwe zufolge beruft sich das EKD-Papier immer wieder zustimmend auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus jĂĽngster Zeit: „Aber Karlsruhe produziert keine göttlichen Dekrete, die als hermeneutischer SchlĂĽssel der kirchlichen Lehre dienen könnten.“ Der EKD-Text stehe „in einer problematischen Tradition evangelischer Anpassung an dem Zeitgeist hörige gesellschaftliche Entwicklungen, anstatt das herausfordernd Eigene und Besondere des christlichen Glaubens wenigstens innerhalb der Christenheit zur Geltung zu bringen“. Im Blick auf die Folgen fĂĽr das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche schreibt Löwe: „Die Klage, es ginge in ökumenischen Dingen nicht voran, ist mĂĽĂźig, wenn man christliche Gemeinsamkeiten aufkĂĽndigt.“ – Ă–kumenischer Stillstand und RĂĽckschritte seien die natĂĽrlichen Folgen. Vielmehr hofften auch evangelische Christen darauf, „dass Rom in den Fragen von Ehe und Familie evangelischen Verirrungen nicht folgt und als authentische christliche Stimme hörbar bleibt.“
Kirchenpräsident Liebig: An Ehe festhalten
Widerspruch kommt auch vom Kirchenpräsidenten der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig. Er bemängelt an dem Papier die nachträgliche Bestätigung eines heute landläufigen Eheverständnisses, wonach das Scheitern der Ehe aufgrund wechselhafter Gefühle grundsätzlich legitim sei. Hier müsse sich die Orientierungshilfe fragen lassen, warum sie die biblisch bedeutsamen Normen für die Ehe beiseite lasse: „Zweifellos ist diese Einschätzung angesichts der Scheidungszahlen realistisch. Ein evangelisches Orientierungspapier sollte jedoch nicht den Ist-Zustand theologisch deuten, sondern im besten Sinne protestantische Orientierung geben.“ Dazu gehöre bei aller Einsicht in menschliches Scheitern auch das unbedingte Festhalten am Ideal lebenslanger Treue. Liebig: „Meine Frau und ich sind seit 26 Jahren glücklich verheiratet und entschlossen, unser Eheversprechen bis ans Lebensende einzuhalten.“
Foto: Ev.-luth. Kirche – Bildquelle: Andreas Gehrmann