Ein Messbuch in der ehrwürdigen Kirchen- und in der modernen Weltsprache
Der 13. Oktober 1969 war der Tag der Ankunft der ersten neun Seminaristen, die sich an Erzbischof Marcel Lefèbvre (1905-1991) gewandt hatten, um trotz der Umwälzungen und Unruhen der Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil dennoch ein Theologiestudium durchlaufen und vor allem eine priesterliche Formung empfangen zu können, die den traditionellen Grundsätzen der Kirche entsprachen. Mit Billigung des damaligen Ortsbischofs, mit dem Lefèbvre persönlich bekannt und befreundet war, eröffnete er an diesem Tag in Fribourg in der Schweiz ein Konvikt, und die Seminaristen studierten an der Universität der Stadt, wo die Lehre des heiligen Thomas von Aquin zu jener Zeit noch hochgehalten wurde. Der 13. Oktober 2019 war also der fünfzigste Jahrestag dieses ersten Anfangs dessen, was später die Priesterbruderschaft St. Pius‘ X. werden sollte. Das offizielle Errichtungsdekret des Bischofs von Lausanne, Genf und Fribourg trug dann etwas mehr als ein Jahr später das Datum des Allerheiligenfestes 1970.
Gleichwohl begannen die Jubiläumsfeierlichkeiten historisch präziser im Oktober 2019, und mit Erlaubnis des heutigen Oberhirten von Fribourg konnte Weihbischof Bernard Tissier de Mallerais, den Lefèbvre fromm scherzend gerne seinen Schutzengel genannt und der vor einigen Jahren eine, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende, Biographie des Erzbischofs und Spiritanermissionars vorgelegt hat, am Samstag, den 5. Oktober in der Pfarrkirche St. Mauritius in Fribourg eine feierliche Bischofsmesse am Faldistorium feiern, eine Sonderform des Pontifikalamtes, die in der überlieferten Liturgie für ortsfremde Bischöfe, ursprünglich solche auf der Durchreise, vorgesehen ist und bei der sie statt eines Thrones einen Klappsessel benutzen, der sich aus dem Richterstuhl der Alten Römer entwickelt hat.  Mehr als fünfhundert Priester, Ordensleute und Gläubige aus der ganzen Schweiz konnten an diesem freudigen, historischen Dankamt teilnehmen. Tissier war einer dieser ersten neun Seminaristen gewesen und deshalb der wohl am besten geeignete Zelebrant und Festprediger, da er ohne Zweifel als der Historiker der Geschichte der Priesterbruderschaft gelten kann.
Roman Catholic Daily Missal als Jubiläumsausgabe
Die US-amerikanische Angelus Press, das Verlagshaus des amerikanischen Distriktes der Piusbruderschaft, hat dieses 50-Jahr-Jubiläum zum Anlass genommen, ihr Roman Catholic Daily Missal, das erstmals 2004 erschien, in achter Auflage neu herauszubringen. Jede dieser Auflagen war circa 10000 Exemplare stark, die achte ist sogar etwas stärker, und etwa 10 % davon sind gegen einen Aufpreis von US-$ 14,00,- wieder in Echtleder gebunden erhältlich – solange der Vorrat reicht. Die in Kunstleder gebundene Ausgabe, die allerdings ebenfalls mit hochwertigem Dünndruckpapier ausgestattet und mit Goldschnitt versehen ist, kann zu einem Preis von US-$ 65,95,- erworben werden, eine passende Reißverschlusshülle, derzeit allerdings nur in Kunstleder verfügbar, kostet US-$ 25,80,-.
Der Marianist Pater Sylvester P. Juergens – Ein amerikanischer Anselm Schott
Dieses völlig neu gesetzte lateinisch-englische Messbuch der Angelus Press basiert auf dem Ideal Missal (1962 erschienen) des Pater Sylvester P. Juergens SM (1894-1969), Mitglied derjenigen Gesellschaft Mariä, die der im Jahr 2000 seliggesprochene Priester Guillaume-Joseph Chaminade (1761-1850) gegründet hat. Dies muss eigens hervorgehoben werden, da hier der einzigartige Fall vorliegt, dass in der katholischen Kirche zwei voneinander völlig unabhängige Ordensgemeinschaften existieren, die dennoch beide Societas Mariae heißen und noch dazu ein völlig unterschiedsloses Ordensakronym benutzen sowie obendrein französischen Ursprung gemeinsam haben.
Im Deutschen, Französischen, Englischen und auch in anderen Sprachen versucht man die Verwirrung und fortwährende Verwechslung beider miteinander zu verringern, indem man die von Chaminade gestiftete Gemeinschaft als Marianisten bezeichnet, die Konkurrenz- oder liebevoller: scheinbare Zwillingskongregation hingegen Maristen nennt. Zumeist vergeblich, aber längst nehmen das beide Gemeinschaften mit Humor.
Pater Juergens war seit den 1930ger Jahren Bearbeiter und Herausgeber mehrerer Laienmessbücher in den USA. Das Angelus Missal ist wie gesagt kein einfacher Nachdruck seines Ideal Missal von 1962, beruht textlich und insgesamt aber doch entscheidend darauf. Wenn auch der Anlass der Jubiläumsausgabe 2019 der freudige des fünfzigjährigen Bestehens der Priesterbruderschaft St. Pius‘ X. ist, ist es darüberhinaus eine schöne Koinzidenz, dass am 21. November 2019, dem Fest Mariä Opferung, das fünfzigste Jahrgedächtnis des Todes von Pater Sylvester P. Juergens bevorsteht.
Diesen Termin möchte ich als Gelegenheit ergreifen, seine Biographie und Messbücher näher zu beleuchten und zugleich die druckfrische Jubiläumsauflage/-ausgabe des Angelus Missal, die er sicher sehr begrüßt hätte, eingehender vorzustellen. Dabei wird sich zeigen, dass Fribourg in der Schweiz auch noch ein Bindeglied und eine Gemeinsamkeit zwischen den Marianisten und der Priesterbruderschaft St. Pius‘ X. bildet und ebenfalls im Leben und Werdegang von Pater Sylvester P. Juergens eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Foto: Roman Catholic Daily Missal – Bildquelle: US-amerikanische Angelus Press
UPDATE 11.11.2019, 7:00 Uhr