Dominus illuminatio mea – Der Herr ist mein Licht und mein Heil
Eine mystagogische Einführung soll mit ganz wenigen Worten (brevissimis verbis) die Gläubigen unter Berücksichtigung der liturgischen Texte des Sonn- und Festtages in das Geheimnis der Feier einführen. Sie ist also keine Einführung in die biblischen Texte des Tages, sondern eine Einführung in das zu feiernde Geheimnis.
In der Homilie werden aus den heiligen Texten, d.h. der biblischen  und liturgischen Texte, die Geheimnisse und die Normen des christlichen Lebens dargelegt.
Mystagogische EinfĂĽhrung (Gero P. Weishaupt)
Wie an jedem Sonntag treten wir auch heute in der Feier der heiligen Eucharistie zu Gott, von dem alles Gute kommt (vgl. Tagesgebet). Das große Zeichen seiner Güte ist die Selbsthingabe seines Sohnes, die sich auf dem Altar unter uns vollzieht in sakramentalen Zeichen. Wir beten um Gottes Geist, der unser Denken und Handeln beseelt, damit unsere Liebe wächst und das Gute, das wir von Gott empfangen, sich mit Gottes Hilfe durch uns im Alltag ausbreitet (vgl. Gabengebet).
Die mystagogische EinfĂĽhrung nimmt Bezug auf das Tages- und das Gabengebet.
Homilie (Josef Spindelböck)
Bruder, Schwester und Mutter
Wer ist Gott am nächsten? Und noch persönlicher gefragt: Wie kommen wir in die Nähe Gottes? Wie erhalten wir Gemeinschaft mit ihm?
Beim Hören des Evangeliums nach Markus stellt sich diese Frage. Die Worte und Taten Jesu geben uns in mehrfacher Weise eine Antwort:
Es sind nämlich drei Gruppen von Menschen, die in diesem Abschnitt des Markusevangeliums (Kapitel 3) vorkommen: die Jünger Jesu, die Schriftgelehrten als Gegner Jesu und dann die leiblichen Verwandten unseres Herrn.
Es ist klar, dass die Schriftgelehrten Jesus nicht besonders nahestehen. Sie sind von vorneherein kritisch und ablehnend eingestellt. Ihre innere Haltung besagt: „Was will uns der schon sagen? Wir selber sind die Gelehrten. Wir haben studiert. Dieser kommt doch aus einer unbedeutenden Familie in Nazareth. Wie kann er da von Gott gesendet sein? Eher ist er wohl mit dem Satan im Bunde als mit Gott.“ Das ist eine schlimme Anklage, welche Jesus mit scharfen Worten zurückweist, denn die Gegner Jesu versündigen sich auf diese Weise gegen den Heiligen Geist, da sie der erkannten Wahrheit widerstreben und sich als unbußfertig zeigen. Ihre Sünde, die sie selber weder erkennen noch bereuen wollen, kann daher nicht vergeben werden, solange dieser Zustand andauert.
Es bleiben zwei weitere Gruppen ĂĽbrig: die Verwandten Jesu und seine JĂĽnger.
Bei den Verwandten handelt es sich um die ganze Sippschaft Jesu, also um seine Großfamilie. Er selber hatte keine leiblichen Brüder und Schwestern; gemäß dem Sprachgebrauch der Heiligen Schrift werden auch entferntere Verwandte wie Cousins und Cousinen als Brüder und Schwestern bezeichnet.
Wir würden erwarten, dass die Verwandten Jesus besonders nahestehen und er sich ihnen in erster Linie verpflichtet weiß. So ist es jedoch nicht! Bei Jesus hat das Reich Gottes Vorrang, und in dieses Reich treten wir ein durch den Glauben. Also geht es darum, ein Jünger Jesu zu werden. Nicht die Verwandtschaft des Blutes zählt, sondern die geistige Verbindung mit Jesus Christus als dem Herrn und Erlöser. Nur wer an ihn glaubt und ihn liebt, ist ihm wirklich nahe. So spricht er die inhaltsschweren Worte: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“ (Mk 3,35).
Um den Willen Gottes geht es Jesus; und dieser heilsstiftende Wille Gottes ist auch der Inhalt der Nachfolge Christi. Wer den Willen Gottes erfüllt, der steht Jesus näher als seine leiblichen Verwandten.
Jetzt aber regt sich vielleicht doch Unruhe in unserem Herzen: Was ist dann mit der Mutter Jesus, mit Maria? Stand sie Jesus vielleicht nicht nahe, da sie mit ihm als leibliche Mutter ganz eng verwandt ist? Im Sinne des heutigen Evangeliums können wir sagen: Wäre Maria nur im leiblichen Sinn die Mutter Jesu gewesen, so wäre selbst dieser Nahebezug zu wenig für das Reich Gottes. Doch Maria war zugleich die erste Jüngerin Jesu, da sie dem Wort Gottes geglaubt und ihm vertraut hat. Im Glauben sprach sie ihr Ja-Wort, und so erfüllte sich der Wille Gottes an ihr. Maria ist ja gerade deshalb im leiblichen Sinn Mutter Jesu geworden, weil sie auf das Wort Gottes gehört und ihm vertraut hat. Sie hat als Jungfrau den Sohn Gottes vom Heiligen Geist empfangen, weil sie geglaubt hat (vgl. Lk 1,45). Eben deshalb ist Maria selig zu preisen. Die Verheißungen Jesu: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“ (Mk 3,35) sind gerade in Maria auf vollkommenste Weise Wirklichkeit geworden. Sie gehört ganz zu Jesus, ihrem Sohn, weil sie die erste ist, die geglaubt hat. Sie ist die wahre Mutter Jesu; sie ist zugleich Mutter im Glauben und lässt auch uns teilhaben an ihrer mütterlichen Fürsorge, da sie jetzt im Himmel in der Glorie vereint ist mit ihrem Sohn Jesus Christus.
Ähnliches trifft übrigens auch auf den heiligen Josef zu, der als väterlicher Beschützer des Jesuskindes und als wahrer Gemahl der Jungfrau Maria vor Gott „gerecht“ war, wie die Heilige Schrift sagt (vgl. Mt 1,19). Diese Gerechtigkeit ist aber eine Gerechtigkeit aus Glauben! Josef von Nazareth hat den Willen Gottes erfüllt und für die Gottesmutter und das Jesuskind gesorgt. Auch er gehört daher direkt nach der Gottesmutter Maria zur Gemeinschaft all jener, welche den Willen Gottes annehmen und mit der Hingabe ihres Herzens erfüllen.
Jesus Christus schließt niemanden aus vom Reich Gottes. Alle können zu ihm kommen; bei ihm zählt nicht Rang und Namen und auch nicht die irdische Verwandtschaft. Was wichtig ist, ist der Glaube und die Erfüllung des Willens Gottes.
Das Herz des Erlösers steht offen für alle, die bereit sind einzutreten in Glaube, Hoffnung und Liebe. Wer den Sohn Gottes im Glauben annimmt und seine Gebote erfüllt, der ist ein Freund Gottes, ja der ist für Jesus – wie er selber sagt – gleichsam ein Familienangehöriger, der ist für ihn Bruder, Schwester und Mutter. Amen. (www.josef.at)
Foto: Jesus der König – Bildquelle: Sarto-Verlag