Die Stellung des Einsetzungsberichtes im römischen Kanon – Corpus et Sanguis und Panis sanctus vitae aeternae et Calix salutis perpetuae

Von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 11. Februar 2019 um 08:02 Uhr

Nachdem in einem zweiteiligen Beitrag zu der Prägung Sacrificium laudis und dem Terminus oblatio als Schlüsselbegriffen zum Verständnis des Canon Missae der konsekratorische Gesamtcharakter des Hochgebets vertreten worden ist (zu Teil 1 und Teil 2), soll hier die Textanalyse in einem Detail ergänzt werden, um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen. Der heute erscheinende Beitrag kann als Präzisierung von Teil 2 verstanden, aber auch unabhängig davon gelesen werden.

Präzisierung und Abgrenzung

Eine Präzisierung erscheint angebracht, weil bisweilen die These vertreten wird, der Kanon spreche seinem Wortlaut nach dem Einsetzungsbericht mit den Wandlungsworten nicht die Funktion zu, die eucharistische Wandlung zu bewirken. Erst die Elevation lege dieses Verständnis nahe, diese aber sei erst später hinzugekommen. Zutreffend ist, dass die Zeigung von Hostie und Kelch zur Anbetung sich im Mittelalter allmählich einbürgerte und die Erhebung des Kelches sogar überhaupt erst mit dem MR1570 verbindlich wurde. Außerdem ist die Elevation immer Sondergut der Westkirche gewesen und geblieben.

Liturgischer Einsetzungsbericht und engere Konsekrationsworte im Ganzen des Kanons

Wenn ich nun dafür plädiere, das Konsekrationsgeschehen mit dem Einleitungsdialog der Präfation beginnen und über das Vaterunser hinaus bis zum Vermischungsritus der Commixtio einschließlich reichen zu lassen, könnte der Eindruck entstehen, ich schlösse mich einer Interpretationsweise an, in der die Konsekrationsworte in ihrer Bedeutung relativiert werden.

Doch indem nochmals das engere Umfeld des Einsetzungsberichtes und dessen syntaktische Einbettung in den Canon Romanus untersucht werden, wird sich zeigen, dass dies nicht zutrifft und weder vom Lateinischen, noch mit meinen Übersetzungsvorschlag nahegelegt wird; vor allem aber, dass eine solche These sachlich verfehlt ist, selbst, wenn man zur Analyse des Textes sich einmal die Elevation wegdenkt, weil sie nicht ursprünglich ist.

Leib und Blut – heiliges Brot und Kelch des Heiles

Tatsächlich spricht zum ersten Male das Quam oblationem vom Leib und Blut „Deines geliebtesten Sohnes“, doch bittet es noch darum, dass die Annahme der Darbringung diese „für uns zum Leib und Blut Deines geliebtesten Sohnes“ werden lasse. In relativischem Satzanschluss wird sodann der Einsetzungsbericht angeknüpft. Daran schließt sich das Unde et memores an, das mit Nennung des „heiligen Brotes des ewigen Lebens“ und des „Kelches des unvergänglichen Heiles“ endet. Der lateinische Text spricht hier von panem und von calicem. Es folgt das Supra quae. Dieses bezieht sich mit quae grammatikalisch auf das unmittelbar zuletzt genannte Brot und den Kelch. Während also vorher die Oblatio singularisch als Einheit erscheint und den Gesamtakt des Kanons bezeichnet, erscheinen jetzt die Zweiheit oder Geschiedenheit von Brot und Wein, die allerdings auch im Begriff der sacrificia im Te igitur bereits einmal angeklungen sind. Das Supplices spricht schließlich aus der Perspektive seines gnadenhaften Empfanges vom irdischen Altare abermals vom „hochheiligen Leib“ und vom „Blut Deines Sohnes“. Interessant ist freilich, dass die römischen Opferungsgebete zur Bereitung der Gaben Prägungen aus dem Messkanon vorwegnehmen und variieren, so beim Brot die Prägung immaculata hostia, die allerdings im Kanon das Opfer des Melchisedech bezeichnet und sich nicht auf das eucharistische Opfer selbst bezieht; bei der Bereitung des Kelches erscheint calix salutaris, im Kanon calix salutis, um nur die beiden markantesten Beispiele zu nennen. Die Offertoriumsgebete der Missa Romana werden nicht umsonst auch Kleiner Kanon genannt, dort mag die Terminologie zutreffend bedingt als proleptische Redeweise charakterisiert werden.

Eucharistische Konsekration als Wandlung und Darbringung

In der großen Linie innerhalb des Kanons zeigt sich: Die unmittelbar nach dem Einsetzungsbericht (!) benutzte Prägung „heiliges Brot ewigen Lebens und Kelch des unvergänglichen Heiles“ ist ein synonymes Äquivalent (!) zu Leib und Blut, die vor dem Einsetzungsbericht im Quam oblationem genannt wurden und jetzt im Supplices wiederkehren, jedoch keineswegs proleptisch.

Konsekration meint eben nicht Wandlungsgeschehen allein, sondern auch Darbringungsgeschehen. Die Commixtio und ihr Begleitgebet sprechen von Konsekration im letzteren, umfassenden Sinn als Darbringungsgeschehen. Der Kanon sagt insgesamt also kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als auch aus. Im Kanon werden Brot und Wein und Leib und Blut Christi dargebracht. Letztere werden, das besagt der Kanon unmissverständlich, vom Altar hienieden empfangen, als vom erhabenen Altar im Angesicht Deiner göttlichen Majestät beim würdigen Empfang der Eucharistie herniedersteigend sind nach der Aussage des Kanons alle himmlische Segnung und Gnade vorzustellen, von denen die Kommunikanten erfüllt werden. Auf diesen himmlischen Altar wurde zuvor die Oblatio [= haec] des heiligen Brotes ewigen Lebens und des Kelches des unvergänglichen Heiles „durch die Hände Deines heiligen Engels“ übertragen und damit gleichsam die Opferannahme ausdrückt, die den segensreich-gnadenhaften Empfang der Opferfrucht oder des Opfermahles ermöglicht.

Foto: Te igitur – Missale FSSP – Bildquelle: Kathnews

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