Die Katholische Kirche lehrt die Unzulässigkeit der Todesstrafe

Mit seinem Aufruf zu Abschaffung der Todesstrafe steht Papst Franziskus in einer maßgeblichen christlichen Tradition, welche die gottgegebene Würde jedes Menschen achtet und auch dem in schwerer Weise schuldig gewordenen Verbrecher nicht die Möglichkeit der Bekehrung abspricht. Eine Analyse von Prof. Josef Spindelböck.
Erstellt von kathnews-Redaktion am 3. August 2018 um 14:07 Uhr
Papst Franziskus

Von Prof. Josef Spindelböck

Im „Katechismus der Katholischen Kirche“ wird künftig in noch klarerer und eindeutigerer Weise als bisher gegen die Todesstrafe Stellung genommen. Papst Franziskus hat dies mit Datum vom 2. August 2018 verfügt, und die Kongregation für die Glaubenslehre legt in einem an die Bischöfe gerichteten Begleitschreiben die lehrmäßigen Gründe für diese Präzisierung dar.

Ab sofort lautet die Nr. 2267 des „Katechismus der Katholischen Kirche“:

„Lange Zeit wurde der Rückgriff auf die Todesstrafe durch die rechtmäßige Autorität – nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren – als eine angemessene Antwort auf die Schwere einiger Verbrechen und als ein annehmbares, wenn auch extremes Mittel zur Wahrung des Gemeinwohls angesehen.

Heute gibt es ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Würde der Person auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat. Hinzu kommt, dass sich ein neues Verständnis vom Sinn der Strafsanktionen durch den Staat verbreitet hat. Schließlich wurden wirksamere Haftsysteme entwickelt, welche die pflichtgemäße Verteidigung der Bürger garantieren, zugleich aber dem Täter nicht endgültig die Möglichkeit der Besserung nehmen.

Deshalb lehrt die Kirche im Licht des Evangeliums, dass ‚die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt‘ (1), und setzt sich mit Entschiedenheit für deren Abschaffung in der ganzen Welt ein.“

Dieser kurze Text lässt dreierlei erkennen:

Zuerst wird referiert, dass historisch gesehen sowohl vonseiten der gesellschaftlichen und politischen Autoritäten wie auch innerhalb der Kirche, ja sogar vonseiten des ordentlichen Lehramtes des Papstes und der Bischöfe die Todesstrafe in Extremfällen „als eine angemessene Antwort auf die Schwere einiger Verbrechen“ sowie als „annehmbares, wenn auch extremes Mittel zur Wahrung des Gemeinwohls“ verstanden wurde.

Inzwischen sind aber grundlegende Veränderungen eingetreten: ein wachsendes Bewusstsein für die Würde der Person auch dessen, der schwer schuldig geworden ist; ein neues Verständnis des Sinns von staatlichen Strafsanktionen; Verbesserungen der Haftsysteme im Hinblick auf die Sicherheit der Verwahrung und eine mögliche Resozialisation von Straftätern.

Dies macht es möglich, im Licht des Evangeliums in noch größerer Klarheit und Eindeutigkeit als bisher darzulegen, „dass ‚die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt‘“.

Schon Johannes Paul II., Benedikt XVI. und jetzt Papst Franziskus haben sich wiederholt für eine Überwindung der Todesstrafe ausgesprochen. Sie stehen damit in einer maßgeblichen christlichen Tradition, welche die gottgegebene Würde jedes Menschen achtet und auch dem in schwerer Weise schuldig gewordenen Verbrecher nicht die Möglichkeit der Bekehrung abspricht. Freilich muss in ausreichender Weise für den Schutz von Staat und Gesellschaft Sorge getragen werden. Unter diesen Voraussetzungen setzt sich die Kirche für die Abschaffung der Todesstrafe ein.

Der Lebensschutz ist unteilbar, und deshalb soll in diesem Zusammenhang auch daran erinnert werden, dass nach Angaben der WHO jährlich ca. 55 Millionen ungeborener Kinder durch Abtreibung getötet werden. Organisationen, welche sich mit Recht für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzen (wie „Amnesty International“) sollten daher in keinem Fall für ein Recht auf Abtreibung von ungeborenen Kindern eintreten. Eben dies ist inkonsequent und untergräbt die Glaubwürdigkeit des Einsatzes für das Leben.

Die Katholische Kirche ist in dieser Hinsicht ganz klar, da sie immer wieder betont, dass das Leben eines jeden Menschen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod schützenswert ist. Denn jeder Mensch ist nach dem Abbild Gottes geschaffen und in Jesus Christus zur Teilhabe am ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott berufen!

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1 Papst Franziskus, Ansprache zum 25. Jahrestag der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche, 11. Oktober 2017 (L’Osservatore Romano, 13. Oktober 2017, 5).

(Prof. Dr. theol. habil. Josef Spindelböck ist ordentlicher Professor für Moraltheologie und _Dozent für Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten sowie Gastprofessor am Internationalen Theologischen Institut in Trumau.)

Bild: Papst Franziskus – Bildquelle: Kathnews

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