Die katholische Ehe – völlig missverstanden?

Ein Gastbeitrag von M. Jeanette Karbig zu den Vorbereitungen der Katholikenräte in Deutschland auf die Familiensynode 2015 in Rom.
Erstellt von kathnews-Redaktion am 1. April 2015 um 16:26 Uhr
Hochzeitsbank

Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, dass Katholiken sich mit den aktuellen Fragen und Aufforderungen der Bischöfe auseinandersetzen. Ich meinerseits hatte ebenso versucht, die schwer zugänglichen Fragen online zu beantworten und habe nach einer Stunde aufgegeben, weil ich erst 1/3 der Fragen abgearbeitet hatte. Verärgert ob so viel unverständlicher Sprache verweigerte ich mich der Aufforderung um Antwort. Auch mein Zeitkontingent ist begrenzt. So freute ich mich, die Antworten von tapferen Katholiken meines Dekanats lesen zu können. Die Unverständlichkeit der Sprache wird auch hier bemängelt.

Was mich aber schier fassungslos laut ausrufen lässt, ist ein Vorwurf: „Der Fragenkatalog zielt darauf ab, die christliche Ehe / Familie in den Himmel zu heben!“ – Ja, wohin denn sonst?? Ich bin über die Maßen bestürzt, dass selbst in engagierten Kreisen der Normal-Katholiken die Sensibilität dafür verlorengegangen ist, wie Ehe gedacht ist. Und es bestätigt auch hier die große Krise, in der sich Ehe und Familie befinden. Ich bin mir nicht sicher, ob es heute ein wichtigeres Thema als das der Ehe unter den Laien gibt. Denn sie ist Basis unseres Lebens, Realität unseres Alltags, Teil unseres Grundgesetzes und Keimzelle jeder Gesellschaft, ja Baustein der Menschheit, ein Naturrecht. Denn, ist die Keimzelle gesund, ist gesundes Wachstum möglich.

Es sollte das Bestreben aller sein, auf eine glückende Ehe und Familie zu zielen und nicht weniger. Dass es viele gescheiterte Beziehungen gibt, schmälert dieses Ziel nicht, fordert aber unsere Bereitschaft heraus, diese Menschen nicht im Stich zu lassen. An anderer Stelle las ich: „Die Fragestellungen durchzieht immer eine ‚Verbindung‘ zum 6. Gebot! Das ist gar nicht primär. Es geht um die Verwirklichung der christlichen Botschaft, der Gottes- und Nächstenliebe!“ Nein, es ist genau richtig, dass dieses Gebot im Focus liegt. Wie könnte dieses Gebot bei einer „Familiensynode“ nicht primär sein?

Ausgangspunkt für eine effektive Katechese

Im 6. Gebot heißt es: „Du sollst nicht die Ehe brechen“. Ich weiß nicht, ob den Teilnehmern bewusst ist, dass dieses Gebot sich nicht auf die außereheliche sexuelle Vereinigung beschränkt, sondern dass schon so viele kleinere Dinge die Ehe brechen können, die das Leben verhindern, anstatt es zu fördern, also ein seelischer „Mord auf Raten“ innerhalb der Ehe geschieht. Das Gebot beinhaltet auch Themen wie Verhütung, Gefährdung durch gesellschaftlichen Einfluss, Selbstbefriedigung und Scheidung. Wenn überhaupt, so sind diese Themen, dieses Gebot der Ausgangspunkt für die Ausarbeitung einer effektiven Katechese.

Denn, wie ist es im Alltag z.B. möglich, dass Ehepartner in aller Öffentlichkeit sich mit mehr als Geringschätzung behandeln, zur Bäckereifachverkäuferin jedoch im fast gleichen Moment so freundlich und zuvorkommend sind, wie es kurz zuvor Ihrer Laune nicht hätte entsprechen können? Oder wie ist es möglich, dass Frauen beim Wocheneinkauf ihre stummen Männer durch den Supermarkt scheuchen und bloßstellen wie einen unfähigen Dummkopf? Wie groß muss die Missachtung des einen, die Resignation des anderen und wie tief die Verletzung Beider sein? Geht man mit offenen Augen nicht nur durch den Supermarkt, begegnet einem diese Missachtung des Partners ständig. Sei es der Klatsch mit der Nachbarin über die Macken ihrer Männer oder die kleine Stichelei auf Kosten des Partners.

Jeder kann sehen, wie gering die Ehe inzwischen angesehen ist. Nicht zuletzt durch die Konsequenz der drastisch sinkenden Zahl Heiratswilliger. Viele jungen Menschen erkennen nicht mehr, dass Ehe sich lohnt zu leben, viele sehen nur noch die Unmöglichkeit, sich in eine das Leben andauernde Verbindung fügen zu sollen. Die Sehnsucht der Menschen zielt nicht auf Erfolg in Einsamkeit, sondern auf Ergänzung, Liebe und Leben in Fülle. Wir wollen unsere Leben nicht einsam verbringen. Die Ehe wurde von Gott eingerichtet und sie ist heilig. Und sie kann heilig machen. Dieses Wissen scheint offenbar im Bewusstsein der breiten Masse der Katholiken verloren gegangen zu sein.

Man begegnet dem (Ehe-)Glück mit Skepsis

Ich habe den Eindruck, dass hier eine katechetische Außenwirkung („Verwirklichung der christlichen Botschaft“) als wichtiger eingestuft wird, als die Ehe selbst. Hier wird völlig vergessen, dass eine gut gelebte Ehe schon allein durch das „Glück“ der Gatten in einer tiefen Beziehung zu Jesus, wie dem Ehepartner, für viele als Vorbild wirkt. Der normale Mann, die normale Frau haben kein Wissen mehr über die Zusammenhänge der wahren Bedürfnisse des Partners, weil sie sich selbst nicht mehr als wahre Frau und wahrer Mann identifizieren können. Die Abbilder Gottes von Mann und Frau sind Selbstverwirklichungsgebilden gewichen. Es herrscht Unwissenheit und Unsicherheit.

Jedoch, wo eine Ehe gelingt, begegnet man dem Glück mit Skepsis. Das Wissen, wie eine gut gelebte christliche Ehe gelingen kann, ist verlorengegangen, die Tatsache, dass es sie noch gibt, wird zwangsläufig als Sonderfall deklariert. Es ist für eine glückliche Ehe nicht zwingend notwendig plötzlich „fromm“ werden zu müssen, was aber nötig ist, ist die konsequente Annahme der Beziehungsrealitäten und die Umsetzung eines auf Gott hin ausgerichteten Lebens innerhalb der Ehe. Und erst wenn die Beziehung zwischen Mann und Frau wirklich heil oder geheilt worden ist, wird sie aus sich selbst heraus echte Früchte hervorbringen können.

Ehe hat eine Strahlkraft

Mein Mann und ich durften diese Heilung durch die Angebote von „LiebeLeben“ erfahren. Dort wurde uns bewusst, wie schön und vollkommen die Ehe gedacht ist, welche Ergänzung Mann und Frau in ihrer Wesenhaftigkeit für einander sind und dass eine Ehe stabil wie eine Festung werden kann, auch wenn wir immer wieder fallen. Vielen Ehepaaren ist leider nicht bewusst, welchen Schatz sie in den Händen halten und zu welchen Höhen sie die bedingungslose und treue Liebe bringen kann. Eine sakramental bewusst gelebte Ehe hat eine Strahlkraft, die allein durch ihr Dasein fähig ist ihr Umfeld und die Gesellschaft zum Guten hin zu verändern.

Ich jedenfalls kann nur darauf vertrauen, dass die Bischöfe die gewonnenen Erkenntnisse und Anregungen mit nach Rom nehmen werden, um den Menschen zu helfen (wieder) heil zu werden! Zwischenzeitlich können wir jeweils bei uns selbst beginnen und uns neu besinnen auf das unglaublich reiche Potential einer katholisch gelebten Ehe. Oder buchen Sie ein mehrtägiges Eheseminar und lernen Sie z.B. Ihren Ehepartner nochmal ganz neu kennen.

Autorin: M. Jeanette Karbig, 47 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, engagiert sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Bereich Ehe und Familie im Rahmen der Initiative „LiebeLeben“.

Foto: Hochzeitsbank – Bildquelle: Alexander Hauk / www.bayern-nachrichten.de

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