Die Gottesmutterschaft Mariens

Gedanken zum Tagesgebet des Hochfestes der Gottesmutter Maria. Von Gero P. Weishaupt.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 31. Dezember 2021 um 12:11 Uhr
Hl. Gottesmutter Maria

Am 1. Januar, dem Oktavtag von Weihnachten, feiert die Kirche im neuen Ordo der Messe das Hochfest der Gottesmutter Maria. Vom 11. Jahrhundert an hatte sich das Fest der Beschneidung des Herrn von Spanien und Gallien kommend in Rom herausgebildet, allerdings, wie die Texte im alten Ordo zeigen, mit stark marianischem Charakter. Die nachkonziliare Liturgie hat den ursprĂŒnglich rein marianischen Charakter des Oktavtages, an dem auch der Beschneidung und der Namensgebung Jesu gedacht wird (siehe Evangelium), wiederhergestellt. Konsequenterweise war damit auch eine Änderung des Introitus verbunden gewesen. Der Oktavtag von Weihnachten wird „nicht mehr intoniert mit dem Introitusvers ‚Puer natus est nobis‘“ – wie am Weihnachtstag – „sondern ‚Salve sancta Parens‘ (‚Gruß dir, heilige Mutter‘)“ (Alex Stock, 48).

Die liturgischen Texte gedenken an diesem Hochfest, das die Festoktav von Weihnachten zum Abschluss fĂŒhrt, an erster Stelle der Gottesmutterschaft Mariens (Theotokos/Deiparens), die das Konzil von Ephesus 431 feierlich als Dogma verkĂŒndet hat. Die Tagesoration (Collecta), die dem Sacramentarium Gregorianum aus dem 9. Jahrhundert entnommen, ist im lateinischen Original mit dem Tagesgebet des klassischen Messordo identisch (siehe unten).

Fruchtbare JungfrÀulichkeit

Im lateinischen Text fĂ€llt das Paradoxon virginitas fecunda auf: „fruchtbare JungfrĂ€ulichkeit“, die leider in der offiziellen deutschen Übersetzung der Deutschen Bischofskonferenz nicht zu finden ist, wĂ€hrend die private Übersetzung von Pater Martin Ramm FSSP fĂŒr das Lateinisch-Deutsche Volkmissale, das fĂŒr die Messfeier im klassische Messritus vorgesehen ist, sie sehr wohl in  grĂ¶ĂŸerer Treue zum lateinischen Text berĂŒcksichtigt. Und das zu Recht. Hebt doch das Paradoxon die Glaubenswahrheit der Geburt des Gottessohnes aus der Jungfrau Maria sprachlich hervor. Der  Ursprung der menschlichen Natur des Gottessohnes geht zurĂŒck auf Gott selber, auf ein Wirken des Heiligen Geistes, nicht auf das Wirken eines Mannes. Darum ist das Paradoxon im lateinischen Text mehr als ein rhetorisches Stilmittel. Das lateinische Original betont: „Die Fortsetzung des Lebens der menschlichen Gattung geschieht sexuell, der Neuanfang soll virginitate fecunda geschehen, ‚durch die fruchtbare Jungfrauschaft‘“ (Alex Stock, 48). In der deutschen Übersetzung erscheint Maria, „abweichend vom lateinischen Text, als ‚gnadenvolle Mutter‘, die gewagte Rede der frĂŒhmittelalterlichen Oration von der virginitas fecunda, der ‚fruchtbaren Jungfrauenschaft‘, wird zurĂŒckgenommen auf das gĂ€ngigere ‚Geburt aus der Jungfrau Maria‘“ (Alex Stock, 50). Von den dem Verfasser dieses Beitrages vorliegenden Übersetzungen anderer Bischofkonferenzen bleibt lediglich die italienische Version dem lateinischen Text treu. Dort ist die Rede von der verginita feconda (fruchtbare JungfrĂ€ulichkeit). Der amtliche französische Text der Oration spricht zumindest noch von der maternitĂ© virginale (jungfrĂ€uliche Mutterschaft), wĂ€hrend der niederlĂ€ndische es bei der bloßen moederschap (Mutterschaft) belĂ€ĂŸt unter Verzicht auf jedwedes Epitheton, das auf die JungfrĂ€ulichkeit der Mutterschaft Marien hinweist.

Maria empfĂ€ngt den Urheber des Lebens durch das Wirken des Heiligen Geistes. Einzig die dritte Person in Gott macht Maria fruchtbar. Das ist der Glaube der Kirche, der in der (lateinischen) Oration ungekĂŒrzt zum Ausdruck kommt. Hier zeigt sich beispielhaft wie die lex credendi und die lex orandi einander bedingen. Was die Kriche glaubt, formuliert sie im Gebet, und im Gebet bezeugt sie ihren Glauben. Die dritte Person in  Gott, der Heilige Geist, schafft im jungfrĂ€ulichen Schoß Mariens den Sohn Gottes der Menschennatur nach und lĂ€sst die jungfrĂ€uliche Herrlichkeit der Gottesmutter dabei unversehrt.

Als die jungfrĂ€uliche Gottesmutter hat Maria darum eine besondere Stellung im Heilsplan Gotts. Sie ist FĂŒrsprecherin, und die Kirche ruft sie (am ersten Tag des neuen Jahres) an, damit sie als Gottesmutter fĂŒr uns das ewige Leben  vermittelt, dessen Urheber durch seine Menschwerdung, durch seinen Tod und seine Auferstehung ihr  Sohn ist.

Tagesgebet (Collecta)

Deutsches Messbuch

Barmherziger Gott, durch die Geburt deines Sohnes aus der Jungfrau Maria hast du der Menschheit das ewige Heil geschenkt. Lass uns immer und ĂŒberall die FĂŒrbitte der gnadenvollen Mutter erfahren, die uns den Urheber des Lebens geboren hat, Jesus Christus 


Lateinischer Originaltext

Deus, qui salutis aeternae beatae Mariae virginiate fecunda humano generi praemia praestitisti, tribue, quaesumus, ut ipsum pro nobis intercedere sentiamus, per quam meruimus Filium tuum auctorem vitae suscipere. Qui tecum vivit.

Römisches Messbuch von 1962 (Übersetzung: Pater Martin Ramm FSSP)

Gott, der du durch die fruchtbare JungfrĂ€ulichkeit der seligsten Jungfrau Maria dem Menschengeschlecht die GĂŒter des ewigen Heils geschenkt hast, gewĂ€hre, so bitten wir, dass wir erfahren, wie jene fĂŒr uns eintritt, durch die wir den Urheber des Lebens empfangen durften, unseren Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn..

Lateinischer Originaltext

Deus, qui salutis aeternae beatae Mariae virginitate fecunda humano generi praemia praestitisti, tribue, quaesumus, ut ipsam pro nobis interecedre sentiamus, per quam meruimus auctorem vitae suscipere. Dominum Nostrum Iesum Chrisus Filium tuum.

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