Deutschland und die Kirchensteuer

Ein Kommentar von Martin BĂĽrger aus seinem neuen Blog "Vigilanti Cura".
Erstellt von Martin BĂĽrger am 8. Oktober 2012 um 12:52 Uhr
Banknoten

Bislang habe ich mich noch nicht zur Debatte um die schändliche Entscheidung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Sachen Kirchensteuer geäußert. Dies soll sich nun ändern. Mitte September hatte die DBK im Prinzip verkündet, dass eine Weigerung, die Kirchensteuer zu zahlen, einer faktischen Exkommunikation gleichkomme. Doch so wurde es natürlich nicht ausgedrückt. Wo kämen wir überhaupt hin, wenn wir Dinge beim Namen nennen würden?!

In dem entsprechenden Dekret der DBK heißt es: „Wer vor der zuständigen zivilen Behörde aus welchen Gründen auch immer seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt damit gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 §1 CIC), und gegen die Pflicht, seinen finanziellen Beitrag dazu zu leisten, dass die Kirche ihre Aufgaben erfüllen kann (c. 222 §1 CIC i.V.m. c. 1263 CIC).“ Später werden die Folgen aufgezählt, die denen einer Exkommunikation aus unerfindlichen Gründen so ähnlich sind wie ein Ei dem anderen.

Pfarrer Dr. Guido Rodheudt von St. Gertrud in Herzogenrath und Sprecher des „Netzwerks katholischer Priester“ hat einen der besten Kommentare zur ganzen Thematik geliefert: „Damit laden die Bischöfe den Pfarrern einen massiven Gewissenskonflikt auf, denn es gibt triftige Gründe für Gläubige, die Kirchensteuer in ihrer bisherigen Form einzubehalten und die Zuwendung zur Kirche in einer anderen Form zu leisten. Man kann durchaus katholisch sein, ohne Kirchensteuer zu zahlen. Warum soll ein Pfarrer jemandem, der das Geld lieber direkt an ein Kloster statt an bischöfliche Akademien oder fragwürdige Jugendverbände gibt, die Sakramente verweigern? Wie soll man dem Kirchenvolk klarmachen, dass sich die Bischöfe einerseits um Sonderwege für wiederverheiratete Geschiedene bemühen, andererseits aber glaubenstreue Katholiken des Geldes wegen exkommuniziert werden?“

Ergänzend ist auch auf die Situation in jenen Ländern hinzuweisen, die keine Kirchensteuer erheben. Dort ist die Kirche keineswegs zwangsläufig arm. Es lohnt sich, die Argumention der DBK konsequent zu Ende zu denken. Dieser Argumentation gemäß ist man nicht katholisch, wenn man keine Kirchensteuer zahlt. Katholisch sein ist also nicht nur dadurch definiert, dass man glaubt – also alles für wahr hält, was Gott geoffenbart hat, und entsprechend das tut, was die Kirche lehrt –, sondern auch dadurch, dass man eine Steuer zahlt. In diesem Sinne Definition des Katholischen ist in Deutschland eine andere, als beispielsweise in Kambodscha, Lesotho oder Panama. Es erscheint unmöglich, eine solche Position mit logischen Argumenten zu verteidigen.

Es besteht zweifelsohne die Pflicht, die Kirche zu unterstützen, aber diese Unterstützung hat sich nicht notwendigerweise im Zahlen von Steuern auszudrücken. Es gibt etwa Menschen, die ehrenamtlich viele Stunden in der Woche zum Wohle der Kirche tätig sind. Diese Gläubigen „investieren“ (direkt) kein Geld, sondern ihre Zeit. In dieser Zeit hätten Sie auch andere Dinge tun können, durch die sie Geld verdient hätten. Indirekt „investieren“ besagte Gläubige also sehr wohl Geld (als wenn es das ist, worum es geht). Ein anderes Thema wurde auch von Pfarrer Rodheudt angesprochen. Es gibt Gemeinschaften, die nicht aus Kirchensteuermitteln finanziert werden. Eine Gemeinde unter der Leitung der Petrusbruderschaft erhält meines Wissens keinen Cent, muss aber mitunter noch für die Nutzung einer Kirche zahlen. Wenn eine Familie diese Gemeinde als ihr geistliches Zentrum auserwählt hat, will sie selbstverständlich vornehmlich diese Gemeinde unterstützen – nicht, so Rodheudt, „bischöfliche Akademien oder fragwürdige Jugendverbände“.

Schließlich gelten auch in der Kirche in gewisser Weise die Gesetze des freien Marktes. Wenn ich die Kirche unterstütze, dann deswegen, weil ich in den Himmel kommen (und auf dem Weg praktischerweise viele andere Seelen „mitziehen“) will. Ich „investiere“ also in „Produkte“, die mich diesem Ziel näher bringen. In Gemeinden und Institutionen, die mich (oder andere) mit ihren Aktionen möglicherweise dem höllischen Abgrund einen (oder sogar viele) Schritte näher bringen, werde ich verständlicherweise nicht „investieren“. So werden diese Fehlentwicklungen langsam aus dem „Markt“ (also der Kirche) gedrängt, während wahrhaft katholische Gemeinden, Organisationen, Institutionen und Initiativen aufblühen. Aber womöglich ist ein solches Aufblühen nicht sehr weit oben auf der To-do-Liste der DBK…

Blog: Vigilanti Cura von Martin BĂĽrger

Foto: Banknoten – Bildquelle: kathnews

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