Das Weihesakrament macht die Priester Christus dem Priester gleichförmig

Vatikanum II ruft die Priester darum zum Streben nach Vollkommenheit auf. „Presbyterorum Ordinis“, Artikel 12.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 12. März 2016 um 18:41 Uhr
Alte Messe - Levitenamt

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

Das dritte Kapitel des Priesterdekretes Presbyterorum Ordinis des Zweiten Vatikanischen Konzils trägt den Titel „Das Leben der Priester“. Im ersten Artikel sprechen die Konzilsväter über „(d)ie Berufung der Priester zur Vollkommenheit“ (Presbyterorum ad perfectionem vocatio).

Vollkommenheit durch den Dienst am Volk Gottes

Wenngleich alle Christen zur Vollkommenheit, ja zur Heiligkeit berufen sind, so gilt dies nach den Worten des Konzils im besonderen für die Priester. Die Konzilsväter begründet das mit der Gleichförmigkeit der Priester mit dem Priester Christus (Christo Sacerdoti configurantur) durch das Weihesakrament. Die Gleichförmigkeit mit Christus wird gemäß der katholischen Tradition, vor allem seit dem heiligen Thomas von Aquin, dem Weihecharakter, der unauslöschlich ist (charakter indelebilis), zugeschrieben, d. h. im Sein des Priesters, genauer in seiner seinsmäßigen Teilhabe am Priestertum Christis des Hauptes, verankert. Durch die in der Weihe begründete Gleichförmigkeit mit Christus sind die Priester „lebendige Werkzeuge Christi des Ewigen Priesters geworden, damit sie sein wunderbares Werk, das mit Kraft von oben die ganze menschliche Gesellschaft erneuert hat, durch die Zeiten fortzuführen vermögen. Jeder Priester vertritt also, seiner Weihestufe entsprechend, Christus“ (PO, 12). „(D)urch den Dienst an der ihm anvertrauten Gemeinde und am ganzen Volk (inserviendo plebi commissae et universo Populo Dei)“ vermag er, gestärkt durch die Weihegnade, die Vollkommenheit Christi, „an dessen Stelle er steht, nachzustreben“. Seelsorglicher Dienst und Spritualität des Priesters gehören zusammen. Im Dienst am Menschen im Hinblick auf dessen Heil trägt der Priester zu seiner eigenen Vollkommenheit und Heiligkeit bei. Denn die Vollkommenheit des Priesters besteht in nichts anderem als in seiner Hingabe des Lebens für die Menschen, wie Christus sich hingab, „um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen und sich ein reines Volk zu bereiten, da Gott gefällt und guten Werken nacheifert“ (PO, 12; Tit, 2, 14).

Mittel zur Heiligkeit der Priester

Am Ende des Artikels mahnt die Konzil alle Priester „inständig“ (vehementer hortatur) nach „größerer Heiligkeit zu streben“ und dabei die „von der Kirche empfohlenen entsprechenden Mittel“ zu nutzen, ohne diese im einzelnen zu nennen. Im Codex Iuris Canonici von 1983 (can. 276) , dem Gesetzbuch der Katholische Kirche, nennt der kirchliche  Gesetzgeber in Umsetzung der Konzilsworte und ihrer authentischen Interpretation folgende Mittel:

–        treue und unermüdliche Erfüllung ihrer seelsorglichen (pastoralen) Pflichten;

–        geistliche Nahrung aus der Heiligen Schrift und der Eucharistie, wobei die tägliche Feier des eucharistischen Opfers nachhaltig empfohlen wird;

–        tägliches Stundengebet („Breviergebet“)

–        Verpflichtung zu geistlichen Einkehrtagen;

–        Betrachtendes Gebet;

–        häufiger Empfang des Sakramentes der Buße (Beichte),

–        besondere Verehrung der Gottesmutter;

–        Nutzung anderer Mittel wie Anbetung des Allerheiligten Altarssakramentes, Heiligen- und Reliquienverehrung, Wallfahrten etc.

Presbyterorum Ordinis Artikel 12. Deutscher und lateinischer Text

Das Weihesakrament macht die Priester Christus dem Priester gleichförmig. Denn sie sind Diener des Hauptes zur vollkommenen Auferbauung seines ganzen Leibes, der Kirche, und Mitarbeiter des Bischofsstandes. Schon in der Taufweihe haben sie, wie alle Christen, Zeichen und Geschenk der so hohen gnadenhaften Berufung zur Vollkommenheit empfangen, nach der sie, bei aller menschlichen Schwäche, streben können und müssen, wie der Herr sagt: „Ihr aber sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Mt 5,48). Als Priester sind sie jedoch in besonderer Weise zum Streben nach dieser Vollkommenheit verpflichtet. Denn im Empfang des Weihesakramentes Gott auf neue Weise geweiht, sind sie lebendige Werkzeuge Christi des Ewigen Priesters geworden, damit sie sein wunderbares Werk, das mit Kraft von oben die ganze menschliche Gesellschaft erneuert hat, durch die Zeiten fortzuführen vermögen. Jeder Priester vertritt also, seiner Weihestufe entsprechend, Christus. Darum erhält er auch die besondere Gnade, durch den Dienst an der ihm anvertrauten Gemeinde und am ganzen Volk Gottes besser der Vollkommenheit dessen nachzustreben, an dessen Stelle er steht, und für die Schwäche seiner menschlichen Natur Heilung in der Heiligkeit dessen zu finden, der für uns ein „heiliger, unschuldiger, unbefleckter, von den Sünden geschiedener“ Hoherpriester (Hebr 7,26) geworden ist.

Christus, den der Vater geheiligt, also geweiht und in die Welt gesandt hat, „gab sich selbst für uns dahin, um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen und sich ein reines Volk zu bereiten, das Gott gefällt und guten Werken nacheifert“ (Tit 2,14); so ging er durch sein Leiden in seine Herrlichkeit ein. Ähnlich die Priester: durch die Salbung des Heiligen Geistes geweiht und von Christus ausgesandt, ertöten sie in sich die Werke des Fleisches und geben sich gänzlich dem Dienst an den Menschen hin; so können sie in der Kraft der Heiligkeit, mit der sie in Christus beschenkt sind, zur Mannesvollkommenheit  heranreifen.

Indem sie also den Dienst des Geistes und der Gerechtigkeit erfüllen, werden sie im Leben des Geistes gefestigt, sofern sie nur auf Christi Geist, der sie belebt und führt, hören. Gerade die täglichen heiligen Handlungen wie ihr gesamter Dienst, den sie in Gemeinschaft mit dem Bischof und ihren priesterlichen Mitbrüdern ausüben, lenken sie auf ein vollkommenes Leben hin. Die Heiligkeit der Priester hinwiederum trägt im höchsten Maß zur größeren Fruchtbarkeit ihres besonderen Dienstes bei. Denn obwohl die Gnade Gottes auch durch unwürdige Diener das Heilswerk durchführen kann, so will Gott doch seine Heilswunder für gewöhnlich lieber durch diejenigen kundtun, die sich dem Antrieb und der Führung des Heiligen Geistes mehr geöffnet haben und darum wegen ihrer innigen Verbundenheit mit Christus und wegen eines heiligmäßigen Lebens mit dem Apostel sprechen können: ,Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir“ (Gal 2,20).

Um ihre pastoralen Ziele einer inneren Erneuerung der Kirche, der Ausbreitung des Evangeliums über die ganze Erde und des Gespräches mit der heutigen Welt zu verwirklichen, mahnt daher die Heilige Synode alle Priester inständig, mit Hilfe der von der Kirche empfohlenen entsprechenden Mittel nach stets größerer Heiligkeit zu streben, um so immer mehr geeignete Werkzeuge für den Dienst am ganzen Gottesvolk zu werden.

Sacramento Ordinis Presbyteri Christo Sacerdoti configurantur, ut ministri Capitis, ad totum Eius Corpus quod est Ecclesia exstruendum et aedificandum, tamquam Ordinis episcopalis cooperatores. Iam quidem in baptismi consecratione, sicut omnes christifideles, signum et donum acceperunt tantae vocationis et gratiae ut, vel in infirmitate humana, perfectionem prosequi possint et debeant, iuxta verbum Domini: «Estote ergo vos perfecti sicut et Pater vester coelestis perfectus est» (Mt. 5,48). Ad illam vero perfectionem acquirendam peculiari ratione tenentur sacerdotes, quippe qui, Deo in Ordinis receptione novo modo consecrati, Christi Aeterni Sacerdotis viva instrumenta efficiantur, ut mirabile opus Eius, quod superna efficacitate universum hominum convictum redintegravit, per tempora persequi valeant. Cum ergo omnis sacerdos, suo modo, ipsius Christi personam gerat, particulari quoque gratia ditatur ut, inserviendo plebi commissae et universo Populo Dei, Eius perfectionem aptius prosequi possit, cuius partes sustinet, utque humanae infirmitati carnis medeatur sanctitas Illius, qui nobis factus est Pontifex «sanctus, innocens, impollutus, segregatus a peccatoribus» (Hebr. 7,26).

Christus, quem Pater sanctificavit seu consecravit et misit in mundum, «dedit semetipsum pro nobis, ut nos redimeret ab omni iniquitate, et mundaret sibi populum acceptabilem, sectatorem bonorum operum» (Tit. 2,14), et sic per passionem intravit in gloriam suam; simili modo Presbyteri, unctione Spiritus Sancti consecrati et a Christo missi, in seipsis opera carnis mortificant et hominum servitio totaliter se devovent, et sic in sanctitate qua in Christo ditati sunt ad perfectum virum progredi valent.

Itaque, ministerium Spiritus et iustitiae exercentes, dummodo sint docibiles Spiritui Christi qui eos vivificat et ducit, in vita spiritus firmantur. Per ipsas enim cotidianas sacras actiones, sicut et per integrum suum ministerium, quod cum Episcopo et Presbyteris communicantes exercent, ipsi ad vitae perfectionem ordinantur. Ipsa autem sanctitas Presbyterorum ad proprium ministerium fructuose complendum plurimum confert: quamvis enim gratia Dei etiam per indignos ministros opus salutis explere possit, tamen per illos ordinaria lege praeoptat Deus sua mirabilia ostendere, qui, dociliores impulsui et ductui Spiritus Sancti facti, ob suam intimam cum Christo unionem et vitae sanctimoniam, cum Apostolo dicere valeant: «Vivo autem, iam non ego, vivit vero in me Christus» (Ga 2. 20).

Quapropter haec Sacrosancta Synodus, ad suos fines pastorales renovationis internae Ecclesiae, diffusionis Evangelii in universo mundo, necnon colloquii cum mundo hodierno attingendos, vehementer hortatur omnes sacerdotes ut, aptis adhibitis mediis ab Ecclesia commendatis, ad illam semper maiorem sanctitatem nitantur, qua evadant in dies aptiora instrumenta in servitium totius Populi Dei.

Foto: Livitenamt in der außerodentlichen Form des Römischen Ritus – Bildquelle: Domvikar Georg Schwager (Privatarchiv)

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