Das Leben des heiligen Stanislaus

Nationalheiliger und Symbolfigur der Einheit Polens. - Ein Beitrag von Martin F. Peters.
Erstellt von kathnews-Redaktion am 10. Mai 2015 um 12:53 Uhr
Fahne Polens

Der 8. Mai ist in der polnischen katholischen Kirche ein ganz besonderer Tag. An diesem Tag wird dem heiligen Stanislaus von Krakau gedacht, einem Bischof, Märtyrer und polnischen Nationalheiligen, der im Laufe der Geschichte zu einem Symbol der Einheit Polens wurde. Auch heute noch wird sein Gedenken in Polen lebendig gehalten, hat seine Lebensgeschichte nichts an Aktualität eingebüßt. Seine Sorge um eine tugendhafte Lebensführung hat auch Papst Johannes Paul II. schon bewundert.

Das Leben des Stanislaus – Priester, Bischof, Märtyrer

Stanislaus lebte von ungefähr 1030 bis 1079. Das Land war von den Einfällen der Böhmen und Pommern derart gezeichnet, dass sich die Kirche in einem desolaten Zustand befand. Die biographischen Daten des heiligen Stanislaus wurden zwar im Laufe mehrerer Jahrhunderten zusammengetragen, jedoch tut dies der historischen Bedeutung des Heiligen keinen Abbruch. Dank einer intensiven Erziehung im christlichen Glauben, wendete sich Stanislaus schon früh dem Gebet und dem Glauben zu. Er begann ein Studium der Philosophie, Theologie und des kanonischen Rechts in Gnesen. Seine Studien führten ihn bis nach Paris, wo er der Überlieferung nach die Doktorwürde ablehnte. Er kehrte wieder nach Polen zurück und wurde dort vom Krakauer Bischof zum Priester geweiht. Stanislaus wurde in der Gemeinde Czembocz Pfarrer und konnte  den Glauben ansprechend vermitteln. Die Bevölkerung schätzte seine Weisheit, sodass er zum Anlaufpunkt für viele Ratsuchende wurde. Der Bischof erkannte die Talente seines Priesters und ernannte ihn zum Generalvikar. Nachdem der Bischof von Krakau starb, wurde Stanislaus zu seinem Nachfolger ernannt. Der Überlieferung nach setzte er sich während seiner Amtszeit besonders für die Armen und den Rand der Gesellschaft ein. Außerdem vergewisserte sich Bischof Stanislaus stets von der Tugendhaftigkeit der Priester und der Laien in seinem Bistum. Auch der polnische König Bolesław II. wurde vom Bischof von Krakau zu einem tugendhaften Leben aufgefordert. Der König regierte jedoch äußerst autoritär und pflegte einen unchristlichen Lebensstil. Stanislaus kritisierte die Grausamkeit und eheliche Untreue des Herrschers. Des Weiteren kam es zwischen ihm und dem König zu einem Streit um die Kirchengüter Krakaus. Im Zuge dieses Rechtsstreites musste sich der Bischof auch vor dem königlichen Gericht verantworten. Der Bischof soll einen toten Zeugen wieder erweckt und somit den Prozess gewonnen haben.

Das Martyrium – ein polnischer Nationalmythos

Da der König sein Verhalten nicht änderte, exkommunizierte Bischof Stanislaus den Regenten. Der verärgerte König töte Bischof Stanislaus daraufhin während des Gottesdienstes. Der Legende nach wurde der Bischof vom König zerstückelt und seine sterblichen Überreste in ein Gewässer geworfen. Vier Adler sollen seinen Körper aus den Überresten wieder zusammengesetzt haben. Das Todesdatum ist nicht genau bekannt, wird aber auf den 11. April oder den 8. Mai datiert. In Polen wird am 8. Mai das Hochfest des heiligen Stanislaus gefeiert. Im römischen Kalender wurde der Gedenktag auf den 11. April gelegt. Der Tod des beliebten Bischofs löste einen Aufstand in der Bevölkerung aus, sodass der König ins ungarische Exil flüchten musste, wo er dann auch starb. Die Gebeine des Märtyrers wurde direkt nach seinem Tod in die Wawel – Kathedrale überführt. Papst Innozenz IV. sprach den Bischof im Jahre 1258 heilig.

Symbol der Einheit

Der heilige Stanislaus von Krakau gehört zusammen mit dem heiligen Adalbert von Prag, dem heiligen Florian und der Jungfrau Maria zu den polnischen Nationalheiligen. Schon im Mittelalter wurde der heilige Stanislaus als Nationalheiliger verehrt. Im Zuge der Zersplitterung Polens während der Herrschaft der piastischen Zeit, wurde der heilige Stanislaus zu einem Stifter der Einheit stilisiert. Die polnischen Ländereien wurden unter den Söhnen der piastischen Dynastie verteilt, sodass das Land tief gespalten war. Zu dieser Zeit verbanden viele Polen die Verehrung des heiligen Stanislaus mit der Bitte um Einheit. Genauso wie die Adler den Leib des heiligen Stanislaus zusammensetzten, sollte sich das zersplitterte Polen wieder vereinen und zu alter Stärke zurückfinden.

Mit der Gründung der königlichen Republik Polen – Litauen im Jahre 1569 konnte eine Einheit erneut erreicht werden. Jedoch wurde Polen im 18. Jahrhundert dreimal, nämlich in den Jahren 1772, 1793 und 1795, unter den Staaten Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. Kaiser Napoleon errichtete 1807 das Herzogtum Warschau, das politisch von Frankreich abhängig war. Im Zuge der Restauration wurde das nach dem Wiener Kongress benannte „Kongresspolen“ in einer Personalunion an das Russische Zarenreich gebunden. Ein eigenständiges Polen existierte bis zum Abschluss der Versailler Verträge nach dem Ersten Weltkrieg nicht. Auch danach kam Polen nicht zur Ruhe. Das Deutsche Reich marschierte in die noch junge Zweite polnische Republik ein und teilte das Staatsgebiet, im Rahmen des Molotow – Ribbentrop – Paktes, 1940 unter sich und der Sowjetunion auf. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte wieder ein souveräner polnischer Staat geschaffen werden, der bis 1989 sozialistisch und autoritär regiert wurde. Der heilige Stanislaus ist aufgrund dieser bewegten Geschichte ein wichtiger Heiliger Polens.

So widmete der Dominikanerpater Vincentius de Kielcza dem heiligen Stanislaus das berühmte Lied „Gaude mater polonia“ (dt.: „Freue dich Mutter Polen!“). Das Lied wurde mit Hinblick auf die Kanonisierung des Stanislaus komponiert und etablierte sich im mittelalterlichen Polen zu einer beliebten  Hymne. Die Grundstruktur der Melodie ist dem Kirchenlied „O salutaris hostia“ (dt.: „Oh rettende Hostie“) von Thomas von Aquin entnommen. Der heilige Stanislaus wurde auch zum personalen Symbol des Sieges erklärt. Während der entscheidenden Schlacht von Tannenberg im Jahr 1410 soll der heilige Stanislaus am Himmel erschienen sein und die polnische Armee gesegnet haben. Die Truppen des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen konnten die Kämpfer des Deutschen Ordens in der Tat besiegen und ihre Vormachtstellung in Osteuropa weiter ausbauen. Die Sehnsucht nach Einheit wird im Nationalheiligen zum personalen und nationalen Symbol der Einheit. Es ist nicht verwunderlich, dass der heilige Stanislaus auch heute groß verehrt wird. Sein geschichtliches Erbe wirkt noch bis heute fort.

Foto: Flagge Polens – Bildquelle: Wikipedia

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