Berufungen zum Ordensleben heute in Selbstzeugnissen

Eine Buchbesprechung von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 2. Juni 2020 um 23:57 Uhr

Im Asslarer Verlag adeo ist im Februar dieses Jahres ein Buch der Autorin Stephanie Mende erschienen, das den Ausruf des Entsetzens Um Gottes willen zum Titel hat. Damit trifft er gut die hĂ€ufige Erstreaktion, wenn eine Tochter, ein Sohn den Eltern eröffnet, er oder sie wolle ins Kloster gehen. Und nach genau dieser BegrĂŒndung sucht das Buch, dessen Untertitel ist: Warum Menschen heute ins Kloster gehen.

Siebzehn sympathische, facettenreiche Lebenswege und Selbstzeugnisse sind aus Interviews erwachsen, die Stephanie Mende mit fĂŒnf MĂ€nnern und zwölf Frauen gefĂŒhrt hat. Eine von ihnen hat den Weg in ihrer Ordensgemeinschaft nicht mit der Ewigen Profess bestĂ€tigt und fortgesetzt, sondern den Weg in die Ehe eingeschlagen. Kein Scheitern, denn mit Ehemann und Kindern hat sie positiven Kontakt zur Gemeinschaft, aus der sie ausschied, sogar bleibendes GefĂŒhl der Geborgenheit bei ihren frĂŒheren Mitschwestern.

Nicht immer trennen sich Wege so wertschĂ€tzend und konstruktiv, oft entstehen gegenseitige Verletzungen und Wunden. Obwohl das Beispiel von Susanne zeigt, dass es auch anders geht, fehlt bei ihr das sonst vorangestellte PortrĂ€tfoto und bleibt sie mit der Angabe bloß ihres Vornamens und ohne Ortsangabe im Schutz ihrer PrivatsphĂ€re, ebenso das Geburtsjahr. Die jĂŒngste Befragte ist eine 1996 geborene Klarissin, der Ă€lteste ein Missionsbenediktiner von St. Ottilien, Pater Remigius Rudmann OSB, Jahrgang 1927.

DafĂŒr, dass nur fĂŒnf MĂ€nner fĂŒr das Buch interviewt wurden, sind die Missionsbenediktiner von St. Ottilien stark in der Mehrheit. Der vierte ist ein Zisterzienser, der von Heiligenkreuz in Österreich zur Wiederbesiedlung des Klosters Neuzelle nach Deutschland entsandt worden ist, ein fĂŒnfter Ordensmann ein Kapuzinerbruder, der aus Salzburg stammt und dort studiert hat, aber jetzt zum Kapuzinerkloster in MĂŒnster in Westfahlen gehört.

Eine Bemerkung des Seniors in Um Gottes willen gibt vielleicht eine teilweise Antwort auf die Frage, warum heute viele Gemeinschaften, insbesondere sogar die alten monastischen Orden, einen Nachwuchsmangel verspĂŒren: „Ich bin mir selbst immer treu geblieben. FĂŒr mich war es wichtig, realitĂ€tsbezogen zu leben. Das heißt, dass ich zu mir selbst ehrlich und wahrhaftig bin und Verantwortung fĂŒr mein Leben ĂŒbernehme. Ich habe mich in jungen Jahren fĂŒr das Klosterleben entschieden. Da bringt es nichts, wenn ich stĂ€ndig darĂŒber nachdenke, wie es wĂ€re, wenn ich eine Familie gegrĂŒndet hĂ€tte. [
] RĂŒckblickend kann ich sagen, dass ich mein Leben richtig gelebt habe. Ich bin zufrieden und glĂŒcklich, es hĂ€tte gar nicht schöner sein können.“[1]

Susanne vermittelt das Bild einer sehr authentischen, bedachten und reflektierten Frau, von der Mende notiert: „Die Frage, ob es schwieriger war, sich fĂŒr den Eintritt oder den Austritt zu entscheiden, kann Susanne nur schwer beantworten: ‚FĂŒr beides gab es in der jeweiligen Lebensphase gute Argumente. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass ich jeweils die fĂŒr mich richtige Entscheidung getroffen habe. Ich habe weder bereut, eingetreten zu sein, und möchte die Zeit im Kloster keinesfalls missen, noch habe ich bereut, dass ich wieder ausgetreten bin. [
] Wichtig war fĂŒr mich immer, dass ich gespĂŒrt habe, dass Gott meine Wege begleitet. Egal, welchen Weg ich beschreite, Gott geht mit mir. Das ist fĂŒr mich ein großes Geschenk. [
] Inzwischen ist mein ehemaliger Orden sowohl fĂŒr meine Familie als auch fĂŒr mich ein besonderer und wichtiger Ort, den wir gerne gemeinsam besuchen. DarĂŒber freue ich mich sehr.‘“[2]

Ein Buch, ebenso interessant wie ansprechend und bewegend.

[1] S. 178.

[2] S. 198f.

Bibliographische Angaben siehe hier.

Foto: Um Gottes willen (Buchcover) – Bildquelle: adeo-Verlag

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