Benedikt XVI. und der Islam

Papst Benedikt XVI. zeigte Ehrfurcht vor dem Islam. Die „Regensburger Rede“ war der Anfang einer Innenreflexion unter den Gelehrten des Islam.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 9. Januar 2015 um 17:39 Uhr
Papst Benedikt XVI.

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

Angesichts der abscheulichen Anschläge in Paris wächst die Sorge der Menschen, nicht nur in Frankreich. Die seit Wochen in Dresden stattfindenden Demonstrationen der PEGIDA sind Ausdruck eines wachsenden Unmuts in der Bevölkerung in Deutschland. Wie die Politik hierzulande und in anderen Ländern auf die gegenwärtigen Herausforderungen reagieren wird, bleibt abzuwarten.

Wie dachte Papst Benedikt XVI. ĂĽber den Islam?

Im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen rückt der Islam immer mehr in den Focus des Interesses, auch wenn klar ist, dass man zwischen Radikalen und Gewaltbereiten, die den Islam  für ihre Zwecke instrumentalisieren, und dem Islam als solchem differenzieren muss. Kathnews will der Frage nachgehen, wie Papst Benedikt XVI. über den Islam dachte? Antworten dazu finden sich in einschlägigen Aussagen des Anfang 2013 emeritierten Papstes und früheren Kardinals Joseph Ratzinger. Bei der Dokumentierung dieser Antworten beschränke ich mich auf zwei Interviews von Peter Seewald, die dieser mit Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. führen konnte. Das eine wurde 1996 gehalten und ist in dem Buch „Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende“, das andere, 2010 gehalten, ist in „Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit“ erschienen. Die Reihe bei Kathnews über einschlägige Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt.

Regensburger Rede

Am Anfang der ersten Folge der Kathnews-Reihe „Benedikt XVI. und der Islam“ soll die sogenannte „Regensburger Rede“ stehen. Am 12. September 2006 hielt der Papst eine vielbeachtete Vorlesung (als solche wollte er die Rede ausweislich seiner Einführung in die Rede verstanden wissen) an der Universität Regensburg. Dabei ging es ihm im Kontext des Themas „Glaube und Vernunft“ (Griechisch: Logos) einerseits um die Bedeutung der Theologie als Wissenschaft an der Universität, andererseits um den Dialog zwischen den Wissenschaften als notwendige Voraussetzung für den Dialog der Kulturen. Ein einzelner Satz aus der Rede hat bekanntlich für Aufsehen, ja Entrüstung, vor allem in der islamischen Welt, gesorgt. Peter Sewald stellte dem Papst dazu folgende Frage:

Peter Seewald:

In der Beziehung zwischen Kirche und Muslimen löste Ihre „Regensburger Rede“ vom 12. September 2006 eine gewaltige Kontroverse aus. Sie zitierten darin eine Stelle aus einem historischen Buch, das den Dialog zwischen dem byzantinischen Kaiser und einem gebildeten Perser über Islam und Christentum wiedergibt. Hinterher gingen in islamischen Ländern christliche Gotteshäuser in Flammen auf, westliche Jounalisten schrieben wütende Kommentare. Die Rede wurde als erster Fehler des Pontifikats eingeordnet. War sie es?

Papst Benedikt XVI:

„Ich hatte die Rede als streng akademische Rede konzipiert und gehalten, ohne mir bewusst zu sein, dass man eine Papstrede nicht akademisch, sondern politisch liest. Durch die politische Betrachtung wurde nicht mehr das Feingewebe beachtet, sondern ein Text herausgerissen und zum Politikum, was er in sich nicht war. Er behandelte eine Situation aus einem alten Dialog, der übrigens nach wie vor, denke ich, von großem Interesse ist.

Der Kaiser Maunel, der hier zitiert wurde, war zu jeder Zeit schon Vasall des Ottomansichen Reiches. Er konnte also gar nicht die Muslime attackieren wollen. Aber er konnte im intellektuellen Dialog lebendige Fragen vorbringen. Allerdings ist die heutige politische Kommunikation derart, dass sie solche feinen Zusammenhänge nicht verstehen lässt.

Dennoch hatten diese Ereignisse, nach all den schrecklichen Dingen, über die ich nur sehr traurig sein kann, letztlich positive Wirkungen. Bei einem Besuch in der Türkei konnte ich zeigen, dass ich Ehrfurcht habe vor dem Islam, dass ich ihn als eine große religiöse Wirklichkeit anerkenne, mit der wir im Gespräch stehen müssen. Und so ist aus dieser Kontroverse einwirklich intensiver Dialog gewachsen.

Es wurde deutlich, dass der Islam im öffentlichen Dialog zwei Fragen klären muss, nämlich die Fragen seines Verhältnisses zur Gewalt und zur Vernunft. Dass nun diese beiden Fragen in den eigenen Reihen als klärungspflichtig und –bedürftig empfunden wurden und damit auch eine Innenreflexion unter den Gelehrten des Islam begann, die dann zu einer dialogischen Reflexion wurde, war ein wichtiger Ansatz.“ (in: Licht der Welt, 122 f.) Fortsetzung folgt.

Foto: Papst Benedikt XVI. – Bildquelle: Fabio Pozzebom/ABr

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