Auf keiner Landkarte zu finden: „Land des Geldes“

Eine Buchbesprechung von Martin Bürger.
Erstellt von Martin Bürger am 24. März 2020 um 23:42 Uhr

Das von Oliver Bullough verfasste Buch „Land des Geldes“, das nun endlich in deutscher Sprache vorliegt, befasst sich natürlich nicht mit einem bestimmten Gebiet, das sich auf einer Landkarte finden lässt. Vielmehr geht es darum, wie es reichen Menschen seit Jahrzehnten gelingt, Schlupflöcher in der Steuergesetzgebung vieler Staaten zu ihrem Vorteil auszunutzen.

Die Geburt von „Moneyland“, wie das „Land des Geldes“ im Buch bezeichnet wird, erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg, „als der Kapitalfluss durch das System von Bretton Woods erschwert wurde“. Zunächst war „Moneyland“ ein westliches Phänomen: „Reiche Briten brachten ihre Ersparnisse nach Jersey, belgische Zahnärzte bunkerten sie in Luxemburg, Amerikaner scheffelten sie in der Schweiz.“

Diese „Tricks und Kniffe“, so Bullough, seien „von den schlauesten Bankern in London erdacht, von klugen Köpfen in Zürich und an der Wall Street weiterentwickelt und in Steuerparadiesen institutionalisiert worden, bis sich die reichen Steuerhinterzieher aus dem Westen sicher sein konnten, dass ihr Geld selbst vor den bestausgestatteten und furchterregendsten Finanzbeamten sicher war.“

Zu einem Problem sei „Moneyland“ erst geworden, „als diese Trick in Ländern ohne Rechtsstaat und ohne die stabilen politischen Institutionen des Westens zur Anwendung kamen“. Es begann, wie der Autor anschaulich schildert, „eine Orgie der Plünderungen, die mit Janukowytschs Palästen am Stadtrand von Kiew ihren vorläufigen Höhepunkt fand“.

Die Recherchen von Oliver Bullough, die ihn zu Schauplätzen auf der ganzen Welt geführt haben, sind naturgemäß sehr spannend. Zwar liegt ein Schwerpunkt des Buches darauf, wie Verbrecher auf unrechtmäßige Weise große Reichtümer angeeignet haben, die sie dann in „Moneyland“ verstecken und staatlichem Zugriff entziehen.

Es gibt aber auch reiche Menschen, die ihr Geld redlich verdient haben, die aber trotzdem nicht wollen, dass der Staat einen Großteil durch Steuern einzieht. Dabei sind die Lösungen, die „Moneyland“ anbietet, keineswegs automatisch illegal. Hier stellen sich ethische Fragen, denen der Autor nicht richtig nachgeht.

Anstatt die Schließung von Schlupflöchern zu fordern, sodass die Reichen enorme Steuern Zahlen müssen, könnte man auch fragen, warum nicht auch Menschen mit durchschnittlichem Einkommen die Früchte ihrer Arbeit genießen können. Mit anderen Worten, ist die einzige Antwort auf das Problem von „Moneyland“ seine Schließung, oder könnte man nicht auch die Tore für alle Menschen öffnen?

In jedem Fall aber entspricht die von den Vereinigten Staaten von Amerika oft beanspruchte moralische Überlegenheit nicht der Wirklichkeit. So hat sich die US-Regierung nicht dem CRS-System angeschlossen, das es den Ländern ermöglicht, untereinander steuerliche Informationen auszutauschen.

Stattdessen gibt es in den USA das System FATCA, wonach Geldinstitute auf der ganzen Welt „Informationen über Guthaben von US-Bürgern an das amerikanische Finanzamt melden“ müssen. Im Gegenzug geben die Vereinigten Staaten indes keine Informationen weiter. Nun kann man also vom Steuerparadies USA reden, wie Bullough es im vorletzten Kapitel von „Land des Geldes“ tut.

Martin Bürger

Bibliografische Informationen:

Oliver Bullough
Land des Geldes
Verlag Ante Kunstmann
ISBN 978-3-95614-358-8
25,- Euro

Foto: Land des Geldes – Bildquelle: Verlag Ante Kunstmann

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