Antidepressiva für eine schrumpfende Kirche

Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich sieht die Weltkirche im Aufbruch.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 20. Januar 2022 um 16:48 Uhr
Petersdom

Wien (kathnews). Europa ist ein Krisengebiet des Glaubens. Die Katholische Kirche auf dem einst christlichen Kontinent schrumpft zusehends. Die Kirche hierzulande entwickelt sich raschen Schrittes zu einer „kleinen Herde“. Dieses Urteil zeugt von Realitätssinn, auch wenn viele es noch nicht sehen und wahrhaben wollen. Für Pater Karl Wallner, Zisterzienserpater des Stiftes Heiligenkreuz bei Wien, Professor für Dogmatik und Sakramententheologie an der ebenfalls dort ansässigen Katholischen Hochschule Benedikt XVI., und Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich, braucht sich die „kleine Herde“ (Lukas, 12, 32) jedoch nicht zu fürchten, wenn sie im Gottvertrauen lebt. „Quantität sagt nichts über Qualität“, schreibt er in einem Beitrag der jüngsten Ausgabe der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“.

Kirche in Europa schrumpft

Wir seien in Europa nicht bereit, „uns die Realität des Schrumpfens, ja des Kollaborierens der Kirchlichkeit zu stellen“, stellt Wallner fest. „Jeder Bischof, der heute eine Diözese übernimmt, muss aufgrund der demographischen Entwicklungen davon ausgehen, dass er am Ende seines Dienstes viele weniger Gläubige hat.“ Denn es handle sich um ein exponentielles Schrumpfen, „dass sich Jahr von Jahr beschleunigt. Das zeige sich am Fehlen der Jugend. „Die gestiegene Lebenserwartung zögert den Kollaps der Kirche in unseren Ländern nur hinaus, kann ihn aber nicht verhindern.“

Chance

Das müsse allerdings nicht deprimiert mache. „Wenn man die triste Schrumpfung nicht verdrängt oder schönredet, sondern sie als Chance für die Mission im Konkreten für Dankbarkeit am kleinen Gelingen, wahrnimmt, kann dies schon ein wichtiges Antidepressivum sein. Das ist auch der Grundduktus des Appells zur Mission, den uns Papst Franziskus in seinem Schreiben ‚Evangelii Gaudium‘ gegeben hat“, so der Zisterzienser aus Heiligenkreuz.

Während die Kirche in Europa schrumpft, wächst sie in Afrika

Ein weiteres Antidepressivum erblickt Pater Wallner im Schauen auf die Weltkirche, die sich im Aufbruch befinde. Darin sieht er allem die Kirche in Afrika. „Afrika öffnet sich für das Evangelium, zugleich bedrängt von Armut, neokolonialer Ausbeutung durch Xi Jinpings China und – in der Bruchzone zum subsaharischen Afrika – bedrängt  von einem irrational-brutalen Islamismus. … Die Kirche in Afrika ist … innerhalb eines Jahrhunderts um das Hundertfache gewachsen. Diese Kirche ist jung, sie liebt die Liturgie, das Gebet, die auch nach außen getragene Gläubigkeit. In Afrika gibt es keine Diskrepanz zwischen der ‚kultischen‘ Kirche und der ‚sozial-enggierten‘ Kirche. … Die Kirche boomt in einigen Ländern ganz besonders, etwa in Nigeria und Tansania. In Afrika gibt es derzeit 52 829 Priester und 71 567 Ordensfrauen – Tendenz stark steigend. Es gibt zudem 29 000 Priesterstudenten, also hab so viele wie es Priester gibt“, betont Wallner. Während die Kirche bei uns reich an Geld sei, sei sie in Afrika reich an Glauben. Dort sei die Kirche im Aufbruch, „weil dort das Ãœbernatürliche, das Gebet, die Sakramente, die  Anbetung und die Liebe zur Muttergottes geschätzt werden und der Glaube stark ist.“ Zudem sei sie durch die Laien, die sich im Glauben und in Einheit mit ihren Hirten für die Glaubensverkündigung einsetzten, sehr stark. Fazit von Pater Karl Wallner: „(W)ir dürfen von der jungen Kirche lernen, damit auch wir wieder dynamische werden.“

Foto: Petersdom – Bildquelle: M. Bürger, kathnews

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung