Alte Messe in Regensburg – ein Interview
Regensburg (kathnews). Am 7. Juli 2007 erlieĂ Papst Benedikt XVI. das Motu proprio âSummorum Pontificumâ und regelte damit die Bestimmungen fĂŒr den Gebrauch des Messbuches von 1962 neu. Seitdem hat die sogenannte âalte Messeâ ihr allgemeines Heimatrecht in der Kirche als âauĂerordentliche Form des Römischen Ritusâ zurĂŒckerhalten. Kathnews-Chefredakteur Andreas Gehrmann sprach mit Domvikar Msgr. Georg Schwager (Foto), Leiter der Abteilung fĂŒr Selig- und Heiligsprechungsprozesse beim Bischöflichen Konsistorium Regensburg, ĂŒber die Umsetzung von Summorum Pontificum in der Bistumsstadt. Msgr. Schwager zelebriert regelmĂ€Ăig die ĂŒberlieferte Liturgie in Regensburg, zudem kĂŒrzlich auch im oberpfĂ€lzischen Leonberg in der NĂ€he von Konnersreuth mit der Bitte um Priesterberufungen. (Kathnews berichtete)
Das Interview
Andreas Gehrmann: GrĂŒĂ Gott H. H. Domvikar Schwager! Wie wurde in Regensburg die im Jahre 2007 in Kraft getretene Neuregelung der Bestimmungen fĂŒr den Gebrauch des Messbuches von 1962 aufgenommen?
Domvikar Georg Schwager: Sie wurde sicherlich von vielen zunĂ€chst mit Ăberraschung, von den GlĂ€ubigen, die sich dem Römischen Ritus in der auĂerordentlichen Form verbunden fĂŒhlten, aber mit groĂer Freude und Dankbarkeit aufgenommen. Von Seiten der Bistumsleitung versuchte man, dem Anliegen dieser GlĂ€ubigen weitherzig entgegenzukommen, so dass man sich bemĂŒhte, dort, wo GlĂ€ubige die sogenannte âtridentinische Messeâ feiern wollten, Kirchen und Priester zur VerfĂŒgung zu stellen. Persönlich möchte ich sagen, dass ich Papst Benedikt XVI. fĂŒr seine Entscheidung sehr dankbar bin, da diese Form der Messfeier eine Bereicherung der Kirche darstellt.
Andreas Gehrmann: Gut sechs Jahre sind vergangen. Was hat sich zwischenzeitlich in der historisch bedeutsamen Bistumsstadt getan hinsichtlich âSummorum Pontificumâ?
Domvikar Georg Schwager: Ich stelle fest, dass nach wie vor groĂes Interesse an der Feier dieser Liturgie besteht. Die Zahl der Messbesucher nahm erfreulicherweise zu, interessant ist auch, dass Familien mit ihren Kindern gerne an dieser Form der römischen Messe teilnehmen. Auch die Wochentagsmessen sind in der Regel sehr gut besucht.
Andreas Gehrmann: Immer wieder hört man, dass sich besonders junge Menschen von der auĂerordentlichen Messform angezogen fĂŒhlen. Können Sie diese Beobachtung bestĂ€tigen? Wenn ja, woran liegt dies?
Domvikar Georg Schwager: Ja, ich kann diese Beobachtung bestÀtigen. Ich denke, die jungen Menschen suchen und erleben hier eine echte und sehr tiefe Weise, Christus zu begegnen. Es sind vor allem der mystische Charakter, der die Jugendlichen anzieht, und die Momente der Stille und Ehrfurcht, die heutzutage vielfach schwer zu finden sind.
Andreas Gehrmann: Zudem zeige sich zunehmend die jĂŒngere Priestergeneration interessiert an der ĂŒberlieferten Messe. Wie sehen Sie dies?
Domvikar Georg Schwager: Auch das kann ich bestĂ€tigen. In persönlichen GesprĂ€chen mit jungen Priestern erfahre ich immer wieder, dass ihnen die Zelebration der hl. Messe in der auĂerordentlichen Form des Römischen Ritus sehr am Herzen liegt. Es wĂ€re daher sehr zu wĂŒnschen, dass jene Alumnen und jungen Priester, die einen Zugang zur Feier der sogenannten âtridentinischen Messeâ gefunden haben, auch im Rahmen ihrer Ausbildung eine gediegene EinfĂŒhrung in die Feier und Zelebration der hl. Messe in diesem Ritus erhalten. Papst Benedikt XVI. hat dies ja in seiner Instruktion von 2011 ausdrĂŒcklich so gewĂŒnscht, wenn die pastoralen Erfordernisse dies nahelegen.
Andreas Gehrmann: Gibt es in Regensburg Schulungsmöglichkeiten fĂŒr Priester, welche die Zelebration dieser Messform erlernen möchten?
Domvikar Georg Schwager: Nach Bekanntgabe des Motu Proprio hatten wir in Regensburg von Seiten der Diözesanleitung eine Schulungsmöglichkeit in einem nahe gelegenen Kloster. Ich kann mir vorstellen, dass dies bei Bedarf auch wiederum genehmigt werden und stattfinden könnte.
Andreas Gehrmann: Das Motu Proprio spricht von âeinem Römischen Ritus in zwei Formenâ. Wozu zwei Formen? Was bietet die auĂerordentliche Messform gegenĂŒber der ordentlichen Messform, oder auch gerne andersherum gefragt, was bietet die ordentliche gegenĂŒber der auĂerordentlichen?
Domvikar Georg Schwager: Papst Benedikt XVI. spricht von einer gegenseitigen Befruchtung. Das eucharistische Geheimnis ist so groĂ, dass es im Lauf der Jahrhunderte in verschiedenen Formen des Messritus, die von der Kirche zum Teil bis heute anerkannt sind, seinen Ausdruck findet. Wir sollten die Riten nicht gegeneinander ausspielen. Denn jede Messe ist groĂ und wunderbar, wenn sie nach den liturgischen Vorschriften gefeiert wird. Eine Bereicherung der âauĂerordentlichen Formâ wĂŒrde sicher in der Erweiterung der Leseordnung oder der PrĂ€fationen bestehen; dagegen bietet sie in ihrer gewachsenen Struktur unendliche geistliche ReichtĂŒmer, deren Verlust unverantwortlich und töricht wĂ€re.
Andreas Gehrmann: Nicht selten berichten Freunde der ĂŒberlieferten Messe, sie wĂŒrden oft wie AussĂ€tzige behandelt. Die pĂ€pstlich festgelegte âauĂerordentliche Messformâ, die bekanntlich denselben Rechtsstatus wie die ordentliche Messform genieĂt, werde oftmals zu einer Art âausnahmsweise Messformâ degradiert. Menschen guten Willens werden hier regelrecht ausgebremst. Was raten Sie GlĂ€ubigen, denen dieses Unrecht geschieht?
Domvikar Georg Schwager: Ja, es ist ein Unrecht, wenn dies GlĂ€ubigen geschieht. Ich rate in dieser Situation zu einem sachlichen GesprĂ€ch mit den Seelsorgern. Wer echter Seelsorger ist, wird auch auf die WĂŒnsche dieser GlĂ€ubigen eingehen. SchlieĂlich sind wir Priester nicht âHerren des Glaubensâ, sondern âDiener der Freudeâ (vgl. 2 Kor 1, 24) und als solche sind wir dem geistlichen Wohl und Wachstum der GlĂ€ubigen verpflichtet.
Andreas Gehrmann: Man hat den Eindruck manche Katholiken scheuen die ĂŒberlieferte Messe wie der Teufel das Weihwasser. Haben Sie eine ErklĂ€rung fĂŒr die starken Emotionen dieser Menschen?
Domvikar Georg Schwager: Eine ErklĂ€rung dafĂŒr habe ich nicht. Denn ich verstehe nicht, warum man so reagiert. Niemand braucht Scheu und Angst zu haben vor einer ehrfĂŒrchtig gefeierten hl. Messe, sei es in der âordentlichenâ oder âauĂerordentlichenâ Form des Römischen Ritus.
Andreas Gehrmann: Was hat Ihrer EinschĂ€tzung nach dazu gefĂŒhrt, dass fast fĂŒnfzig Jahre nach der Liturgiereform unter Papst Paul VI. das Verlangen nach der sogenannten âalten Messeâ wieder zunimmt?
Domvikar Georg Schwager: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn es gibt wohl viele GrĂŒnde. Wir mĂŒssten hier eine Umfrage unter den GlĂ€ubigen selbst starten. Vielleicht wurde vielen GlĂ€ubigen zu schnell ihre innere Heimat genommen oder sie vermissen Ehrfurcht, Liebe und Demut gegenĂŒber dem Heiligen. Eine zutreffende Antwort kann ich darauf nicht geben.
Andreas Gehrmann: Papst Franziskus bekrĂ€ftigte vor wenigen Monaten das Motu Proprio âSummorum Pontificumâ bei einer Audienz fĂŒr italienische Bischöfe. Wie sehen Sie die zukĂŒnftige liturgische Entwicklung? Werden auf Dauer zwei Messformen haltbar sein?
Domvikar Georg Schwager: Da ich nicht in die Zukunft blicken kann, weiĂ ich es nicht. Ich bemerke nur, dass Papst Franziskus eine groĂe Liebe zum Gebet und zur Stille hat. Warum sollte Papst Franziskus ohne Not eine Entscheidung zurĂŒcknehmen, die sich sein VorgĂ€nger sehr gut ĂŒberlegt hat?
Andreas Gehrmann: Gibt es etwas, was Sie unseren Lesern noch mit auf den Weg geben möchten?
Domvikar Georg Schwager: Halten wir treu zum römischen Lehramt und beten wir um gute, heilige Priester.
Andreas Gehrmann: H. H. Domvikar Schwager, herzlichen Dank fĂŒr das GesprĂ€ch.
Foto: Domvikar Msgr. Georg Schwager – Bildquelle: Domvikar Msgr. Georg Schwager (privat)