WJT: Papstpredigt Schlussgottesdienst im Wortlaut
Madrid (kathnews/RV). Liebe junge Freunde! Mit dieser Eucharistiefeier kommen wir zum Höhepunkt dieses Weltjugendtages. Wenn ich euch hier sehe, die ihr in groĂer Zahl aus allen Teilen der Welt gekommen seid, fĂŒllt sich mein Herz mit Freude und denkt zugleich an die besondere Liebe, mit der Jesus auf euch blickt. Ja, der Herr liebt euch, und er nennt euch seine Freunde (vgl. Joh 15,15). Er kommt euch entgegen und will euch auf eurem Weg begleiten, um euch die TĂŒren zu einem erfĂŒllten Leben zu öffnen und euch an seiner innigen Beziehung zum Vater teilhaben zu lassen. Im BewuĂtsein der GröĂe seiner Liebe wollen wir unsererseits diesem Ausdruck der Zuneigung groĂzĂŒgig mit dem Vorsatz entsprechen, die Freude, die wir empfangen haben, auch mit den anderen zu teilen. Es gibt heutzutage gewiĂ viele, die sich von der Gestalt Christi angezogen fĂŒhlen und ihn besser kennenlernen möchten. Sie spĂŒren, daĂ er die Antwort auf vieles ist, was sie persönlich bewegt. Aber wer ist er wirklich? Wie kann einer, der vor so vielen Jahren auf der Erde gelebt hat, mit mir heute etwas zu tun haben?
Im Evangelium, das wir gehört haben (vgl. Mt 16,13-20), sehen wir zwei unterschiedliche Weisen dargestellt, Christus zu erkennen. Die erste Form wĂŒrde in einem Ă€uĂerlichen Kennenlernen bestehen, das von der gĂ€ngigen Meinung geprĂ€gt ist. Auf die Frage Jesu: âFĂŒr wen halten die Leute den Menschensohn?â, antworten die JĂŒnger: âDie einen fĂŒr Johannes den TĂ€ufer, andere fĂŒr Elija, wieder andere fĂŒr Jeremia oder sonst einen Prophetenâ. Das heiĂt, man hĂ€lt Christus fĂŒr eine weitere religiöse Persönlichkeit neben den bereits bekannten. Danach wendet sich Jesus persönlich an die JĂŒnger und fragt sie: âIhr aber, fĂŒr wen haltet ihr mich?â Petrus antwortet mit den Worten, die das erste Glaubensbekenntnis darstellen: âDu bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.â Der Glaube geht weit ĂŒber die rein empirischen oder historischen Daten hinaus und ist imstande, das Geheimnis der Person Christi in ihrer Tiefe zu erfassen.
Aber der Glaube ist nicht Frucht der menschlichen Anstrengung, nicht Ergebnis der Vernunft, sondern er ist ein Geschenk Gottes: âSelig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.â Er hat seinen Ursprung in der Initiative Gottes, die uns sein Innerstes enthĂŒllt und uns zur Teilhabe an seinem göttlichen Leben einlĂ€dt. Der Glaube liefert nicht nur irgendeine Information ĂŒber die IdentitĂ€t Christi, sondern er setzt eine persönliche Beziehung zu ihm voraus, die Zustimmung der ganzen Person mit ihrem Verstand, ihrem Willen und ihren GefĂŒhlen zur Selbstoffenbarung Gottes. So spornt die Frage Jesu: âIhr aber, fĂŒr wen haltet ihr mich?â die JĂŒnger eigentlich dazu an, hinsichtlich der Beziehung zu ihm eine persönliche Entscheidung zu treffen. Glaube und Nachfolge Christi hĂ€ngen eng zusammen. Und da der Glaube voraussetzt, daĂ man dem Meister nachfolgt, muĂ er gefestigt werden und wachsen, tiefer und reifer werden in dem MaĂe, in dem die Beziehung zu Jesus, die Vertrautheit mit ihm intensiver und stĂ€rker wird. Auch Petrus und die anderen Apostel muĂten diesen Weg gehen, bis ihnen die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn die Augen zu einem vollen Glauben öffnete.
Liebe junge Freunde, auch heute wendet sich Christus an euch mit derselben Frage, die er an die Apostel gerichtet hat: âIhr aber, fĂŒr wen haltet ihr mich?â Antwortet ihm groĂzĂŒgig und mutig, wie es einem jugendlichen Herzen wie dem euren entspricht. Sagt zu ihm: Jesus, ich weiĂ, daĂ du der Sohn Gottes bist, der sein Leben fĂŒr mich hingegeben hat. Ich will dir in Treue folgen und mich von deinem Wort leiten lassen. Du kennst mich und liebst mich. Ich vertraue dir und lege mein ganzes Leben in deine HĂ€nde. Ich möchte, daĂ du die Kraft bist, die mich trĂ€gt, die Freude, die mich nie verlĂ€Ăt. In seiner Antwort auf das Bekenntnis des Petrus spricht Jesus von der Kirche: âIch aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.â Was bedeutet das? Jesus errichtet die Kirche auf dem Felsen des Glaubens des Petrus, der die Göttlichkeit Christi bekennt. GewiĂ, die Kirche ist keine rein menschliche Einrichtung wie irgendeine andere, sondern sie ist eng mit Gott verbunden. Christus selbst bezieht sich auf sie als âseineâ Kirche. Man kann Christus nicht von der Kirche trennen, so wie man den Kopf nicht vom Leib trennen kann (vgl. 1 Kor 12,12). Die Kirche lebt nicht von sich selbst, sondern vom Herrn. Er ist in ihrer Mitte gegenwĂ€rtig und gibt ihr Leben, Nahrung und Kraft.
Liebe junge Freunde, erlaubt mir, euch als Nachfolger des Petrus dazu aufzufordern, diesen Glauben, der seit den Aposteln an uns weitergegeben worden ist, zu festigen und Christus, den Sohn Gottes, in das Zentrum eures Lebens zu stellen. LaĂt mich aber euch auch daran erinnern, daĂ Jesus im Glauben nachfolgen heiĂt, in der Gemeinschaft der Kirche mit ihm zu gehen. Man kann Jesus nicht allein folgen. Wer der Versuchung nachgibt, âauf seine eigene Weiseâ Jesus zu folgen oder den Glauben entsprechend der in der Gesellschaft vorherrschenden individualistischen Auffassung zu leben, lĂ€uft Gefahr, Jesus Christus niemals zu begegnen oder letztlich einem Zerrbild von ihm zu folgen. Glauben haben heiĂt, daĂ du dich auf den Glauben deiner BrĂŒder stĂŒtzt, und dein Glaube ist StĂŒtze fĂŒr den Glauben der anderen. Ich bitte euch, liebe Freunde: Liebt die Kirche, die euch zum Glauben geboren hat, die euch geholfen hat, Christus besser kennenzulernen, die euch die Schönheit seiner Liebe entdecken lieĂ. FĂŒr das Wachsen eurer Freundschaft mit Christus kommt es entscheidend darauf an, daĂ ihr die grundlegende Bedeutung eurer freudigen Einbindung in die Pfarreien, Gemeinden und Bewegungen ebenso anerkennt wie die Teilnahme an der Eucharistie an jedem Sonntag, den hĂ€ufigen Empfang des Sakraments der Versöhnung, die regelmĂ€Ăige Anbetung und die regelmĂ€Ăige Betrachtung des Wortes Gottes.
Aus dieser Freundschaft mit Jesus wird auch der Impuls dazu hervorgehen, in den verschiedensten Bereichen Zeugnis vom Glauben zu geben, einschlieĂlich dort, wo Ablehnung oder GleichgĂŒltigkeit herrschen. Es ist nicht möglich, Christus zu begegnen und ihn nicht den anderen bekannt zu machen. Bewahrt also Christus nicht fĂŒr euch selbst! Teilt eure Glaubensfreude den anderen mit! Die Welt braucht das Zeugnis eures Glaubens, sie hat Gott gewiĂ nötig. Ich meine, daĂ eure Anwesenheit hier â junge Menschen aus den fĂŒnf Kontinenten â ein wunderbarer Beweis fĂŒr die Fruchtbarkeit des Auftrags Christi an die Kirche ist: âGeht hinaus in die ganze Welt, und verkĂŒndet das Evangelium allen Geschöpfen!â (Mk 16,15). Auch euch obliegt die auĂerordentliche Aufgabe, JĂŒnger und Missionare Christi in anderen Gegenden und LĂ€ndern zu sein, wo es viele junge Menschen gibt, die nach GröĂerem streben und in ihrem Herzen die Möglichkeit von echteren Werten ausmachen, sich dabei aber nicht von den falschen Verlockungen einer Lebensweise ohne Gott verfĂŒhren lassen.
Liebe junge Freunde, ich bete fĂŒr euch mit aller Zuneigung meines Herzens. Ich vertraue euch der Jungfrau Maria an, daĂ sie euch immer mit ihrer mĂŒtterlichen FĂŒrsprache begleite und euch die Treue zum Wort Gottes lehre. Ich bitte euch auch, fĂŒr den Papst zu beten, daĂ er als Nachfolger des Petrus seine BrĂŒder im Glauben weiter stĂ€rken kann. DaĂ wir alle in der Kirche, Hirten und GlĂ€ubige, jeden Tag dem Herrn nĂ€her kommen, damit wir in der Heiligkeit des Lebens wachsen und so ein wirksames Zeugnis davon geben, daĂ Jesus Christus wirklich der Sohn Gottes ist, der Erlöser aller Menschen und die lebendige Quelle ihrer Hoffnung. Amen.