Wie viele Brote habt ihr?
Der Weltgebetstag findet jährlich am ersten Freitag im Monat März statt und wird in über 170 Ländern in ökumenischen Gottesdiensten gefeiert. Der Weltgebetstag, auch als Weltgebetstag der Frauen bekannt, ist die größte ökumenische Basisbewegung von Frauen. Jedes Jahr bereiten dabei Frauen aus einem anderen Land der Welt die Gestaltung und Durchführung der Gottesdienste vor. Ihr Weltgebetstagsmotto „informiert beten und betend handeln“ lädt alle Menschen dazu ein, sich einmal über die Lebenssituation der Frauen zu informieren und sich in ihre Lage zu versetzen. Durch die individuelle und kreative Gestaltung der Gottesdienste werden die Botschaft der Frauen und ihre Lebenssituation lebendig. Weiterhin stärken die Frauen durch die Vorbereitung des Gottesdienstes für die ganze Gemeinde ihre Verantwortung vor Ort.
In diesem Jahr wird der Weltgebetstag von den Frauen aus Chile vorbereitet. Etwa 50 chilenische Frauen kamen dazu trotz großer territorialer Herausforderungen zusammen, erstellten zunächst die Gottesdienstordnung, gaben ihr den Titel „Wie viele Brote habt ihr?“ und kristallisierten besondere Bibelstellen für den Gottesdienst heraus. So wird beispielsweise im Markusevangelium 6,30-44 die Geschichte von der wundersamen Brotvermehrung erzählt. Diese Geschichte ist für die Männer, Frauen, Kinder und Familien in Chile von großer Bedeutung – ist doch das Brot das grundlegende Nahrungsmittel, das auf dem Tisch niemals fehlen darf. Auf vielen Tischen ist es aber auch das einzige Nahrungsmittel, und die Frage nach der ungleichen Verteilung der Güter stellt sich wie in so vielen anderen Ländern der Welt auch in Chile. Dabei ist gerade die Lebenspraxis des Teilens ganz elementar für die Bevölkerung Chiles, gerade auch vor dem Hintergrund der Folgen des katastrophalen Erdbebens, von dem das Land im Februar 2010 heimgesucht wurde.
Und so bekommt der Gottesdienst, in dem das Brot des Lebens gemeinsam bereitet, geteilt, gereicht und genossen wird, noch einmal eine ganz besondere Bedeutung. Zugleich ergeben sich aus diesem bedeutsamen Ritual neue Fragestellungen für jeden einzelnen von uns. Die Fragen „Wie viele Brote hast DU?“ oder „Was kannst DU teilen?“ etwa fordern jeden von uns auf, einmal darüber nachzudenken, welchen Stellenwert eigentlich das Teilen in unserer Kultur und unserer Gemeinschaft einnimmt, ob wir bereit sind, etwas mit unseren Mitmenschen zu teilen, und was genau das sein könnte. Die Frage „Was kannst DU teilen?“, ist dabei gleichzeitig auch eine Frage nach unseren Fähigkeiten und Talenten und ein Hinweis darauf, wie reich beschenkt wir tatsächlich sind. In diesem Sinne sind alle dazu eingeladen, am 4. März einen der Weltgebetstagesgottesdienste zu besuchen, mitzufeiern, und sich die Botschaft des Teilens auch im Alltag öfter zu vergegenwärtigen und zu praktizieren.